Kodak-Manager Pierre Schaeffer über die Zukunft der Digitalen Techniken

04.08.1999

MÜNCHEN: Die Nachfrage nach Digitalkameras wird wachsen, und zwar in großen Schritten. Laut Kodak soll das europaweite Absatzvolumen im vergangenen Jahr 500.000 Stück betragen, im Vergleich zu 1997 eine Steigerung von 43 Prozent.Der Großteil der weltweit zirka 3,7 Millionen Digitalkameras wurde vergangenes Jahr in Japan verkauft, gefolgt von den USA mit rund einem Drittel des Gesamtvolumens. Auf Europa entfallen rund 14 Prozent, schätzt Kodak. Unter Berufung auf Untersuchungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) geht der Hersteller davon aus, daß die deutschen Anwender mit zirka 30 Prozent Marktanteil europaweit führend sind. Der Einsatz von Digitalkameras belaufe sich in Großbritannien auf 24 und in Frankreich auf 20 Prozent. Diesen Markt teilen in erster Linie Casio, Kodak, Olympus und Sony unter sich auf, in Deutschland betrug ihr Marktanteil im ersten Halbjahr 1998 stolze 79 Prozent.

"Das bisherige Wachstum bei den digitalen Fotoapparaten wurde hauptsächlich durch geschäftliche Anwender getragen", meint Pierre Schaeffer, Kodaks Europa-Manager. Dieser Markt teilt sich in drei Business-to-Business-Segmente. Zur ersten Gruppe gehören berufliche Anwender, denen die schnelle Verfügbarkeit des digitalen Bildes in guter Qualität unmittelbare Geschäftsvorteile bietet, beispielsweise Außendienstler, Immobilienmakler und industrielle Fotografen. Die zweite Berufsgruppe nutzt die digitalen Bilder zur Verifizierung und Kontrolle von Vorgängen, wie zum Beispiel die Schadensaufnahme im Sachverständigenbereich. Die dritte Gruppe arbeitet im kreativen und konzeptionellen Bereich, wie im Internet-Publishing, im Layout und in der Werbung.

Business-Anwender sind die Digitalen Vorreiter

"Alle drei Business-Segmente haben früh die Bedeutung der Digitalfotografie für ihre alltägliche Arbeit erkannt und gehören zu den Vorreitern", erklärt Schaeffer. "Von diesen Segmenten werden auch in Zukunft entscheidende Impulse für den Markt ausgehen."

Einen weiteren Nachfrageschub verspricht sich der Manager von den sogenannten "intelligenten" Digitalkameras. Diese können Vorein-

stellungen übernehmen, dem Anwender Anleitungen für die jeweils zu machende Aufnahme geben oder die spätere Einbindung in PC-Anwendungen oder das Internet automatisieren. Dank dieser Funktionen läßt sich die Kamera einfacher in vorhandene Workflows einbinden, neue werden denkbar. "Value Added Reseller und Software-Entwickler werden in Zukunft verstärkt maßgeschneiderte Digital-Lösungen für die unterschiedlichsten Berufsgruppen anbieten. Dies steigert die Attraktivität von Digitalkameras und wird für eine hohe Nachfrage im Business-Markt sorgen", hofft Schaeffer.

Allerdings erwarten die Hersteller auch, daß der Consumer-Bereich in Europa in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen wird. Die steigende Nachfrage hänge direkt mit der stetigen Verbreitung von PCs in privaten Haushalten zusammen, so der Kodak-Manager. Derzeit verfüge etwa ein Drittel der deutschen Haushalte über einen PC, in den USA sind es 45 Prozent. Ähnlich sehe es mit dem Internet-Zugang aus: In der Bundesrepublik sind acht Prozent, in den USA bereits ein Viertel der Haushalte online. "Beides sind aber wichtige Voraussetzungen für den Einsatz von Digitalkameras. In Amerika werden deswegen auch fast dreimal so viele verkauft wie in Europa", unterstreicht Schaeffer. "Nach unseren Erfahrungen reagiert Europa immer etwas verspätet. Deswegen glauben wir, daß es in spätestens zwei Jahren auch hier einen Run auf Digitalkameras geben wird."

Für Anwender ist hohe Auflösung wichtig

Eine wichtige Voraussetzung für einen Consumer-Boom ist nach Meinung von Schaeffer, den Anwendern einen preisgünstigen Zugang zu Digitalkameras mit hoher Auflösung zu schaffen. Bei einer Umfrage von "Media Nord" hätten fast 87 Prozent der Befragten eine hohe Auflösung im Megapixel-Bereich als wichtigstes Ausstattungsmerkmal bezeichnet. "Die Megapixel-Bildqualität ist der neue Standard der digitalen Fotografie", kommentiert Schaeffer. Ebenfalls wichtige Merkmale einer gut ausgestatteten Kamera sind der Umfrage zufolge optisches Zoom und Wechselspeicher. Diese Präferenzen schlagen sich laut Kodak bereits in den Verkaufszahlen nieder: Allein im ersten Halbjahr 1998 sei der Anteil der Megapixel-Kameras am europäischen Markt gegenüber 1997 von 2 auf 21 Prozent gestiegen.

Parallel zu dieser Entwicklung sinken die Preise, laut Schaeffer ein weiterer Schritt, der die Kameras für den Privatnutzer attraktiver macht. Der Manager ist jedenfalls optimistisch: "Die Entwicklung ist klar vorgezeichnet." Er glaubt, daß ergänzend zu den neuen Geräten auch die digitale Bildbearbeitung in der klassischen Amateurfotografie Fuß fassen wird: "Dienstleistungen, die auf der Nutzung des klassischen Films und dessen Digitalisierung durch das Fotolabor basieren, werden der Amateurfotografie in den kommenden Jahren wichtige Impulse geben. Klassische Fotografie und moderne Bilderwelt werden verschmelzen."

Nach Schaeffers Einschätzung wird die digitale Bildbearbeitung jedoch nicht auf die PC-Welt beschränkt bleiben, sondern in neue Entertainment-Systeme integriert. Auch die kabellose Kommunikation und die Datenübertragung hätten ihren Einfluß auf die Produkt- und Marktentwicklung. "So ergibt sich eine Vision, die in Digital-Imaging nicht nur eine Lösung für Business- oder Consumer-Anwendungen sieht, sondern als ein integriertes Lifestyle-Tool betrachtet." (mf)

Kodak-Manager Schaeffer proklamiert: "In spätestens zwei Jahren beginnt auch hier der Run auf Digitalkameras."

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