Kommentar

02.06.1998

Wäre Compaq-Chef Eckhard Pfeiffer ein Tennisprofi, würde man ihm jetzt zurufen: "Big point." Doch nicht immer führen solche dicken Treffer auch zum Matchgewinn. In der Vergangenheit endeten die meisten der großen Übernahmedeals in einem Desaster. Das weiß auch Pfeiffer. Der ehrgeizige Deutsche hat allerdings in den vergangenen Jahren immer wieder unter Beweis gestellt, daß sein Siegeswillen immens ist und bei einmal begonnenen "Matches" den Platz meist auch als Sieger verläßt.Kaum war er im Oktober 1991 an die Stelle von Firmengründer Rod Canion getreten, den Aufsichtsratschef Ben Rosen nach Compaqs Sturz in die roten Zahlen kurzerhand geschaßt hatte, führte er den angeschlagenen PC-Bauer mit harter Hand und innerhalb kürzester Zeit in sichere Gewässer zurück. Unvergessen aber ist vor allem Pfeiffers vielbelächelte Kampfansage vom September 1993 an die damals noch dominierenden PC-Mächte IBM und Apple, 1996 werde Compaq die Nummer eins im weltweiten PC-Geschäft zu sein. Tatsächlich stürzten die Texaner IBM schon ein Jahr später vom Thron - nicht zuletzt mit Hilfe eines beinharten Preiskriegs - und hat es sich dort mittlerweile gemütlich gemacht. Doch die Übernahme von Digital stellt eine Herausforderung ganz anderer Natur dar. Dem technologisch hochangesehenen, kommerziell aber unterbelichteten Konzern gilt es, einen neuen Geist einzuhauchen, der da heißt, gewinnbringend zu verkaufen, was in den Entwicklungslabors ausgetüftelt wurde. Und die komfortable treue Kundenbasis muß unbedingt gehalten werden. Wenn Pfeiffer dies gelingt, hat er sein Meisterstück gemacht. Dann hat er - um in der Tennissprache zu bleiben - nicht nur einen big point gelandet, sondern alle vier Grand Slams in einem Jahr gewonnen. Beate Kneuse

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