Kommentar

04.01.1999

Zwei Punkte stehen auf der Sondersitzung der Regierungskoalition am1. April dieses Jahres auf dem Programm: Erstens die Reduzierung der Mehrwertsteuer für PCs auf den ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent, und zweitens die Einführung des Faches Informatik als Pflichtfach in den Schulen bereits in der Primarstufe. Regierungsnahe Kreise gehen davon aus, daß beide Punkte ohne Schwierigkeiten Bundestag und Bundesrat passieren werden, da auch die CDU/CSU-Opposition bereits signalisiert hat, diese Initiative unterstützen zu wollen.

Dieses Vorpreschen der Regierung ist eine Sensation. Vorausgegangen war ein Gespräch zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder und IBM-Deutschland-Chef Erwin Staudt auf der diesjährigen Cebit in Hannover. Staudt hatte in seiner offenen Art dem Kanzler ins Gewissen geredet. Schröder habe die Wahl, ob er als 630-Mark-Kanzler in die Geschichte eingehen wolle oder als Kanzler, der die Bundesrepublik zur Führungsnation der Informationstechnik machte. Offenkundig war Schröder von diesen ernsten Worten so schwer beeindruckt, daß er in dem für ihn und die gesamte Bundesregierung typischen Tempo sogleich Nägel mit Köpfen machte und die Initiative in der Koalition durchpaukte. Dabei ließ er sich auch nicht von Umweltminister Jürgen Trittin (B90/Die Grünen) aufhalten, der unter Hinweis auf unkalkulierbare Gesundheitsrisiken (Elektrosmog) diese Initiative blockierte, mit seiner Meinung aber einmal mehr völlig isoliert dastand.

Für die Computerbranche ist diese Entscheidung der Politik ein Segen. Gleichwohl ist mit Unruhen zu rechnen. Denn: Um den Industriestandort Deutschland zu stärken, soll der ermäßigte Steuersatz nur für solche PCs und Peripheriegeräte gelten, die in der Bundesrepublik produziert worden sind. Gegen diese Restriktion haben bereits Hersteller, die dieses Kriterium nicht erfüllen, rechtliche Schritte angekündigt. Auch von seiten der PC-Spielehersteller ist mit Protest zu rechnen. PC-Spiele sollen nämlich weiterhin dem vollen Steuersatz unterliegen.

Die Einführung des Faches Informatik als Schulpflichtfach ist ebenfalls leichter beschlossen als umgesetzt. Denn qualifiziertes Lehrpersonal ist so gut wie nicht vorhanden. Um die Attraktivität des Faches Informatik im Rahmen eines pädagogischen Hochschulstudiums zu erhöhen, will die Regierung daher den Studierenden dieses Faches den doppelten Bafög-Satz (etwa 2.000 Mark pro Monat) zahlen.

Klar, daß dies alles nicht zum Nulltarif zu haben ist. Hier dürfte das größte Problem liegen. Denn einmal mehr werden zur Gegenfinanzierung die kleinen Leute zur Kasse gebeten. Wie aus üblicherweise gut informierten Kreisen zu hören ist, erwägt die Bundesregierung, ab dem 1. Juli dieses Jahres von allen Kindern über sechs Jahren eine Taschengeldsteuer zu

erheben. Dem Vernehmen nach soll die Höhe bei etwa 15 Prozent liegen. Einem Kind mit fünf Mark Taschengeld pro Woche blieben danach nur noch 4,25 Mark netto übrig. Zahlreiche Jugendgruppen, Elternverbände und McDonalds haben bereits spontane Demonstrationen angekündigt.

Trotz aller Schwierigkeiten und ungelösten Fragen: Die Bundesregierung zeigt mit dieser Initiative, daß sie verstanden hat, um was es geht. Um nichts Geringeres als die Zukunft Deutschlands.

Damian Sicking

dsicking@computerpartner.de

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