Kommentar

18.03.1999

Eigentlich kann einem Bill Gates ja richtig leid tun. Keiner mag ihn, die Kartellrechtsbehörden lassen ihn überhaupt nicht mehr vom Wickel, und seine Konkurrenten haben sich alle gegen ihn verschworen und wollen sein Baby Microsoft in Stücke reißen. Und jetzt auch noch das Dilemma mit den Adressen der Kunden und das neue Sicherheitsloch in Windows NT. Er hat ganz schön was zu schlucken, der arme Bill.Es ist ja auch wirklich dumm gelaufen, daß Richard M. Smith sich die On-lineregistrierung von Windows NT genauer angeschaut hat. Noch dümmer ist die Tatsache, daß Smith anscheinend etwas von seinem Fach versteht und nachweisen konnte, daß Kunden, die sich über das Netz registrieren lassen, mehr Daten an Microsoft verraten, als sie wissen geschweige denn wollen. Bei diesem Vorwurf half auch die beste Ausrede nichts mehr. Also gelobte der scheinbar peinlich berührte Softwareriese Besserung. Die gespeicherten Daten würden natürlich sofort aus der Datenbank gelöscht, und es soll einen Softwareflicken geben, der die Privatsphäre der registrierten Microsoftkunden in Zukunft wahren soll - immerhin schon Mitte des Jahres, man höre und staune. Und überhaupt: Microsoft habe diese Daten ja zur Verbesserung des Supports für die Kunden gebraucht. Daß auch Kunden gespeichert wurden, die sich das bei der Registrierung extra verbeten hatten, sei nur aus Versehen passiert. Brancheninsider allerdings glauben nicht so recht an Microsofts Motiv, mit den Daten nur den Support verbessern zu wollen. Im Gegenteil: Einige böse Zungen behaupten, daß sich die differenzierten Daten, die der Softwareriese durch diese Aktion bekommen hat, exzellent als Verkaufsargument eignen. Wer kann schon eine so genaue Zielgruppenanalyse anbieten.

Doch der arme Billy Boy hat einfach keine Ruhe vor der lästigen Softwarebranche. Kaum ist der eine Affront zugegeben, und die Kunden sind einigermaßen beschwichtigt, schon taucht ein indischer Wicht namens Cybermedia auf und weist nach, daß ein Killerprogramm die Tore von NT weit aufmacht - so daß der Angreifer, der vor einem Server oder einem Client sitzt, geruhsam durch das heilige Intranet des dahinter liegenden NT-Netzes spazieren kann. Auch hier beeilt sich Microsoft und stellt in den nächsten Wochen entsprechende Fehlerbehebungsprogramme auf seiner Homepage zur Verfügung.

Nun stellt sich die Frage, ob denn diejenigen, die auf Nummer Sicher gehen wollten und sich die Patches aus dem Netz herunterladen, denn nicht schon wieder Gefahr laufen, gespeichert zu werden. Microsofts Zielgruppendatenbank hat ja nun wieder Platz, und es ist für die Redmonder bestimmt interessant, welcher seiner Anwender etwas gegen die Speicherung hat. Das sind, sieht man es aus der Warte von Bill Gates, jene, die anscheinend etwas zu verbergen haben. Die meisten Experten jedenfalls sind der Meinung, daß Microsoft im Grunde gar nicht daran denkt, auf die wertvollen persönlichen Daten seiner Kunden zu verzichten. Dafür spräche auch die Meldung der Zeitschrift "Telepolis", wonach Microsoft ab der Version 2001 von Windows eine Art jährliche "Miete" für die Nutzung des Betriebssystems verlangen will. Dadurch entkäme kein einizger Windows-Kunde mehr der Zwangsregistrierung durch den Quasi-Monopolisten, denn wer sich nicht registrieren läßt, kann keine Miete zahlen, und wer nicht zahlt, der fliegt - zumindest aus dem Betriebssystem.

Gabriele Nehls

gnehls@computerpartner.de

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