Kommentar: Comtech und Vobis - die Outsourcing-Partner der IBM

20.03.1998

Da sage noch einer, die gute alte "Mutter Blau" sei nicht lernfähig. Es hat zwar einige Zeit gebraucht, aber dann hat die IBM doch noch eingesehen, daß sie zumindest im deutschen Consumer-Markt alleine kein Bein auf den Boden bringt. Aus dieser Unfähigkeit haben die IBM-Manager eine sehr intelligente Konsequenz gezogen: das Outsourcing des Consumer-Geschäfts.Denn etwas anderes ist der Schulterschluß mit Comtech und Vobis nicht (vgl. hierzu den Artikel auf Seite 26 dieser Ausgabe). Comtech als Lizenznehmer für Produktion und Vermarktung der Aptiva-E-Serie und Vobis als Sublizenznehmer nehmen der IBM die Arbeit in diesem schwierigen Umfeld ab. Das Schlagwort von der "Konzentration auf die Kernkompetenz" bedeutet auch, die Finger von Dingen zu lassen, von denen man nichts versteht oder die andere besser können. Insofern handelt es sich hier um einen geschickten Schachzug der IBM. Gegen die Unternehmen, die in diesem Marktsegment den Ton angeben, so die Erkenntnis der Blaumänner, können wir im Privatkundensegment keinen Blumentopf gewinnen. Also holen wir sie ins Boot. Die schon zum Erbrechen strapazierte Formel "If you can't beat them, join them" - hier wird sie mit Leben gefüllt.

Bemerkenswert ist der "flotte Dreier" von IBM, Comtech und Vobis aber noch aus einem anderen Grund. Es ist ein Beispiel für eine moderne strategische Betriebsführung. Der Glaube, daß ein Unternehmen nur gewinnen kann, wenn der Konkurrent verliert, gehört auf den Schrotthaufen der Wirtschaftsgeschichte. Diese Methoden von gestern funktionieren heute nicht mehr. Was in der Industrie bereits seit einiger Zeit und zunehmend praktiziert wird, nämlich auch mit Konkurrenten auf bestimmten Gebieten zusammenzuarbeiten und dennoch auf anderen im beinharten Wettbewerb zu stehen, wird mit Comtech und Vobis erstmals auch von deutschen PC-Handelshäusern umgesetzt.

Mit dieser strategischen Kooperation haben sich Comtech-Chef Bäurle und Vobis-Vormann Hügler als Wirtschaftskapitäne geoutet, die klar erkannt haben, was die Stunde geschlagen hat und die daraus abzuleitenden Schlußfolgerungen konsequent umsetzen. Daß beide unter einem erheblichen Druck stehen, schmälert diese Leistung nicht. Pikantes Detail am Rande: Nach dem Bekanntwerden der Kooperation zwischen IBM und Comtech im Herbst letzten Jahres äußerte Vobis-Chef Hügler gegenüber dem Manager-Magazin mit pikiertem Unterton seine Verwunderung darüber, warum sich "der weltgrößte PC-Hersteller in Deutschland ausgerechnet mit dem schwächsten Retailer im Markt zusammentut". Das war zwar nicht nett, aber wirkungsvoll. So kam man wenigstens miteinander ins Gespräch.

Welche Folgen die neue Allianz für den Markt haben wird, bleibt abzuwarten. Aber eins ist klar: Comtech und Vobis werden sich an der Verkaufsfront nichts schenken. Hier hört die Liebe auf. Und das ist auch gut so. Denn Wettbewerb belebt das Geschäft. Beide "Partner" sind schon von Rechts wegen in ihrer Preisgestaltung absolut autark. Jeder für sich, und der Kunde für uns alle, lautet das Motto. Insofern hängt es vor allem davon ab, mit welcher Aggressivität Comtech und Vobis die IBM-Rechner promoten und vor allem auch gegenüber ihren Eigenmarken positionieren. Kritisch ist natürlich auch und nicht zuletzt das Verkaufspersonal vor Ort. Denn die Vertriebsleute am Point of Sale können die Kaufentscheidungen der Kunden maßgeblich steuern. Hier müssen Bäurle und Hügler die richtigen Argumente finden, um ihre Angestellten entsprechend zu motivieren.

Und die Konsequenzen für den Fachhandel? Wer will, kann natürlich auch über die Vobis-Tochter Peacock IBMs Aptiva ordern und vermarkten. Daß der Fachhandel diese Möglichkeit im großen Stile nutzen wird, ist aber nicht zu erwarten. Warum sollte er das tun? Er wird preislich nicht mit den Retailern mithalten können, aber auf der anderen Seite mit jeder Bestellung in Wünnenberg-Haaren seine Konkurrenten finanziell stärken. Von der grundsätzlichen Überlegung, ob es für ihn Sinn macht, im Privatkundensegment mitzumischen, einmal ganz abgesehen. Damian Sicking

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