KOMMENTAR: Lokalmatadore haben im PC-Markt keine Chance

20.09.1996
Armes Europa: Die sowieso schon ausgedünnte PC-Landschaft des Kontinents verliert vielleicht demnächst eine weitere Bastion; Olivetti Personal Computers liegt in den letzten Zügen. Eigentlich ein Jammer, denn kaum ein Computerkonzern hatte einen Firmenboß mit so viel Unterhaltungswert wie Carlo de Benedetti."Kommt er in den Knast oder nicht?" war eine beliebte Frage unter Kollegen auf diversen CeBITs, wenn er wieder wegen Bestechung vor Gericht stand. Sein Widersacher Francesco Caio, der ihn Anfang Juli von seinem Generaldirektoren-Sessel schubste, will einen Schlußstrich ziehen unter die internen Mauscheleien. Er beschloß als erstes einmal die Offenlegung der katastrophalen Finanzsituation des Unternehmens.

Armes Europa: Die sowieso schon ausgedünnte PC-Landschaft des Kontinents verliert vielleicht demnächst eine weitere Bastion; Olivetti Personal Computers liegt in den letzten Zügen. Eigentlich ein Jammer, denn kaum ein Computerkonzern hatte einen Firmenboß mit so viel Unterhaltungswert wie Carlo de Benedetti."Kommt er in den Knast oder nicht?" war eine beliebte Frage unter Kollegen auf diversen CeBITs, wenn er wieder wegen Bestechung vor Gericht stand. Sein Widersacher Francesco Caio, der ihn Anfang Juli von seinem Generaldirektoren-Sessel schubste, will einen Schlußstrich ziehen unter die internen Mauscheleien. Er beschloß als erstes einmal die Offenlegung der katastrophalen Finanzsituation des Unternehmens.

Seit Wochen bietet er zudem die marode PC-Division an wie das Fünferpack Socken beim Billigen Jakob. Doch auf weiter Flur ist niemand in Sicht, der Interesse daran hätte, das Schuldenfaß ohne Boden zu stopfen. Zu lange schon schreibt Olivetti mit seinen PCs rote Zahlen, ständige Umstrukturierungen und Wechsel in der Führungsetage banden die Kräfte der immer orientierungsloser agierenden Mitarbeiter. Olivetti war so mit sich selbst beschäftigt, daß sie den Markt draußen nicht mehr wahrgenommen hat, vermuten Marktexperten. Die dringend notwendige Stärkung des internationalen Geschäftes wurde dabei schlicht vergessen.

Was also sollte einen möglichen Investor dazu bewegen, sich diesen Klotz ans Bein zu binden - und sei es zu einem symbolischen Preis von 1 Mark wie weiland die Neue Heimat? Nichts, denn trotz der Ausgliederung der PC-Abteilung aus dem Konzern zu Anfang des Jahres und neuerlichen Umstrukturierungen haften ihr noch immer die Altlasten an, die die Computer des Unternehmens bestenfalls zu "Me-to-Produkten" machen: Es gibt vom Hersteller keine eindeutig formulierte Produkt- und Marketingstrategie. Nichts, was darauf hindeutet, daß das Unternehmen sich auf Märkte wie Unix oder NT konzentrieren will. Auch die Zielgruppe - ist es der professionelle, private oder Soho-Anwender? - bleibt diffus.

Die Computer des ehemaligen Schreibmaschinen-Herstellers gelten zudem nicht gerade als ein Wunder an Innovation und Zuverlässigkeit, und über die Lieferprobleme von Olivetti sind andernorts bereits Romane geschrieben worden. Da hilft auch der Optimismus des Europachefs der Olivetti PC, Stephen Daverio, nichts (siehe auch Interview, Seite 32), der wahrhaftig glaubt, zur Not ohne vertraglich angebundenen Goldesel an seiner Seite das Geschäftsjahr 1997 überleben zu können.

Es stimmt, daß er mit seinen Umstrukturierungsmaßnahmen innerhalb des Unternehmens und der Umstellung von teilweise direktem auf ausschließlich indirekten Vertrieb punkten konnte. Doch der Kraftakt kommt zu spät: Die PC-Verkäufe stagnieren, in Europa sind die Umsatzzahlen so schlecht wie nie zuvor. Niemand benötigt derzeit neue Fertigungsstätten.

Auch nicht Siemens-Nixdorf, die Daverio zu seinen Wunschkandidaten für einen Zusammenschluß zählt. SNI quittierte diese Überlegung mit Amüsement, scheint ihr aber nichts abgewinnen zu können. Vielmehr wird man dort das Beispiel Olivetti eher als Warnung verstehen - denn auch SNI sollte seine Präsenz im internationalen Bereich extrem verstärken. Die Erfolgswelle, auf der das Unternehmen derzeit schwimmt, trägt es nur im Binnengewässer Deutschland. In allen anderen großen Märkten muß SNI noch kräftig rudern, um in den dortigen Charts aus der Rubrik "sonstige Anbieter" herauszukommen.

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