Kommentar: Mit einem Notebook kann man sich weder Mobilität noch eine Pizza kaufen

20.06.1997
Ein junger Mann schlendert bei herrlichem Sonnenschein durch den Park. Er läßt sich auf einer Parkbank nieder, lehnt sich entspannt zurück und genießt den Tag. Doch anstatt des nun erwarteten Griffs zur kurzweiligen Lektüre, zaubert er aus seiner Tasche einNotebook hervor und schließt mit einem weiteren Griff sein Handy an selbiges an. Ein paar Mausklicks hier, ein paar Mausklicks da und schon zehn Minuten später packt der Vorzeigemann sein elektronisches Equipment auf die Seite, um die flugs per Internet bestellte und prompt in den Park gelieferte Pizza zu verdrücken. Damit endet dann auch der zweiminütige Werbespot, den der amerikanische IBM-Manager Kevin Clark dem Publikum quasi als Lockermacher vor Beginn

Ein junger Mann schlendert bei herrlichem Sonnenschein durch den Park. Er läßt sich auf einer Parkbank nieder, lehnt sich entspannt zurück und genießt den Tag. Doch anstatt des nun erwarteten Griffs zur kurzweiligen Lektüre, zaubert er aus seiner Tasche einNotebook hervor und schließt mit einem weiteren Griff sein Handy an selbiges an. Ein paar Mausklicks hier, ein paar Mausklicks da und schon zehn Minuten später packt der Vorzeigemann sein elektronisches Equipment auf die Seite, um die flugs per Internet bestellte und prompt in den Park gelieferte Pizza zu verdrücken. Damit endet dann auch der zweiminütige Werbespot, den der amerikanische IBM-Manager Kevin Clark dem Publikum quasi als Lockermacher vor Beginn

seines Referates anläßlich der ersten Deutschen Mobile Computing Konferenz präsentierte (siehe Artikel auf Seite 54). In diesem Zusammenhang sei sogleich darauf hingewiesen, daß Big Blue als verantwortlicher Drehbuchautor in diesem Zusammenhang völlig nebensächlich - weil gegen so manchen anderen Notebook-Produzenten austauschbar - ist.

Viel interessanter waren da schon die Reaktionen der anwesenden Spektanten, die sich bei Filmende vor Lachen heftig auf die Oberschenkel schlugen. "Warum hat der gute Mann seine Pizza denn nicht direkt per Handy bestellt, wenn er schon eins dabei hat? Dazu braucht man doch kein Notebook", macht sich ein Konferenzteilnehmer lustig. Clark, der mit derartigen Gefühlsregungen offensichtlich nicht gerechnet hatte, muß sich wohl insgeheim die Frage gestellt haben, was an dem Kurzfilm denn so lustig gewesen sein könnte. Die Antwort gab er sich schließlich selbst. "Ich glaube, in Deutschland stellt man sich die Zukunft des Mobile Computing etwas anders vor," kommentiert er kleinlaut. Womit wir beim Thema wären.

Warum nur, so die Frage, gilt der deutsche Mobile-Computing-Markt als gar so zäh? Egal ob Anbieter von Notebooks, PDAs, Handheld PCs oder Organizer, so manchem Hersteller mobiler Datenschleudern muß es vorkommen als würde er mit einem Plastiklöffel im Honigglas rühren. Ursachenforschung wird von der technikverliebten Branche der mobilen Datensysteme jedenfalls kaum betrieben. Die bloße Feststellung, daß die Geschäfte in Japan oder den USA wesentlich besser laufen und der Anteil von Notebooks, gemessen an den Zahlen aller abgesetzten PCs, bei 50 beziehungsweise gut 30 Prozent liegt, wird einen Händler wohl kaum dazu motivieren, in dieses Marktsegment einzusteigen. Daß jeder zweite Japaner nun einmal deswegen zum Notebook greift, weil die räumliche Enge seiner Wohnung das Aufstellen von Desktop-Boliden samt 21-Zöller gar nicht erst gestattet, klingt jedenfalls einleuchtend. Und bei den Amerikanern kann eine Mischung aus technischer Aufgeschlossenheit gepaart mit dem Phänomen der rund 20 Prozent niedrigeren Notebookpreise als in Deutschland geltend gemacht werden.

Wie dem auch sei. Jedenfalls scheint der deutsche Anwender einen Desktop-PC einem Notebook noch immer vorzuziehen, Desktop Replacement - so das neue Modewort in dieser Branche - ist ihm jedenfalls ein Fremdwort. Vielleicht ist ihm im Gegensatz zu den genannten Kulturkreisen zwischenzeitlich eines klar geworden: Mit einem Notebook kauft man keine Mobilität ein. Es ist allenfalls Mittel zum Zweck, dafür aber reichlich kompliziert (Die Einbindung einer PC-Karte unter Windows 95 soll Anwender schon an den Rand des Wahnsinns getrieben haben). Jedenfalls taugt es für die Bestellung einer Pizza keinen Pfifferling. Wir bitten aber um weitere Vorschläge.Christian Meyer

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