"Komplettgeräte für den Fachhandel sind heutzutage Schwachsinn"

15.03.1996
MÜNCHEN: In drei Stufen will die Macrotron AG ihr Händler-PC-Programm in die Wege leiten. Über die Umsetzung in die Praxis und über Vorteile, die der Handelspartner aus dem neuen Konzept des Distributors ziehen kann, geben Vorstandssprecher Michael Kaack und sein Projektleiter Eigenmarke, Andreas Hansen, in einem Interview mit ComputerPartner-Redakteurin Ute Dorau Auskunft.

MÜNCHEN: In drei Stufen will die Macrotron AG ihr Händler-PC-Programm in die Wege leiten. Über die Umsetzung in die Praxis und über Vorteile, die der Handelspartner aus dem neuen Konzept des Distributors ziehen kann, geben Vorstandssprecher Michael Kaack und sein Projektleiter Eigenmarke, Andreas Hansen, in einem Interview mit ComputerPartner-Redakteurin Ute Dorau Auskunft.

?Gibt es nicht schon genug Händler-PCs? Warum hat sich Macrotron entschlossen, sich ebenfalls an diesem Boom zu beteiligen?

KAACK: Unsere Kunden haben uns direkt darauf angesprochen. Von der Seite kamen Fragen wie - warum habt ihr keine Eigenmarke, könntet ihr uns da nicht einen entsprechenden Service anbieten? Wir sehen für ein solches Konzept inzwischen einen großen Bedarf. Sonst würden wir es ja nicht machen.

?Aber vorerst bieten Sie noch kein komplett zusammengebautes System für den Händler an?

HANSEN: Ich finde solche Komplettgeräte heutzutage für einen Fachhändler, der doch auch zumeist von der technischen Seite her über viel Know-how verfügt, ehrlich gesagt Schwachsinn. Bei solchen Gesamtlösungen, die als ganzes die CE-Prüfung bestanden haben, ist die Wahrscheinlichkeit, das passende System für sich zu finden, doch gerade einmal so hoch wie ein Lottogewinn.

KAACK: Wir haben für das Projekt einen Dreistufenplan. Der erste Schritt ist das Barebone-System, das wir auf der CeBIT vorstellen. Im Grunde ist das nur eine Ergänzung unseres heutigen Vertriebs von Marken-Peripherie-Komponenten. Der Kunde kann sich die Konfiguration dieser Barebone-Rechner selbst zusammenstellen aus den Komponenten, die wir zur Verfügung stellen. Das sind Produkte von langjährigen, bewährten Lieferanten. Im zweiten Schritt liefern wir dann "Build-to-Order" - oder besser: "Configured-to-Order".

?Innerhalb welchen Zeitraums wollen Sie dann liefern können?

KAACK: Innerhalb einer Woche, das ist unsere Zielsetzung. Selbst Client-Server-Systeme mit komplexeren Konfigurationen wollen wir innerhalb von zwei Wochen ausliefern können.

?Und wie sieht die dritte Stufe aus?

KAACK: Wir denken daran, Produkte gemeinsam mit Herstellern - also mit unseren Peripherie- und Softwarelieferanten und zusammen mit bestimmten Absatzkanälen vorab zu definieren und sozusagen "Time-to-Market" rauszubringen.

?Gibt es schon eine Zeitplanung für das Dreistufensystem?

HANSEN: Das Barebone-Konzept greift ab Mitte/Ende April.

?Wann stellen Sie das Komplettsystem vor?

KAACK: Wenn der Markt es wünscht.

?Wann wären Sie denn lieferfähig?

KAACK: In kurzer Zeit... Innerhalb von drei Monaten.

?Mit welchen Stückzahlen rechnen Sie?

HANSEN: Das hängt davon ab, was der Markt fordert.

?Was erwarten Sie?

KAACK: Wir rechnen mit ein paar tausend am Anfang. Dann wollen wir das Geschäft kontinuierlich weiter ausbauen.

?Warum sollte ein Händler sich auf Ihr Konzept einlassen, anstatt sich ohne viel Aufwand ein Komplettsystem von der Konkurrenz schicken zu lassen?

KAACK: Wir arbeiten mit Retailern, Systemhäusern, Systemkonfiguratoren und -integratoren zsammen und mit VARs.

Die wollen wir natürlich nicht alle von heute auf morgen von unseren Wettbewerbern wegziehen, oder ihnen unsere eigengefertigten Computer verkaufen. Wir wollen die Zusammenarbeit konsequent erweitern. Wir können uns gegen den Mitwettbewerb dadurch absetzen, daß wir ein Produkt in der Qualität und in der Zusammensetzung liefern, wie es der Kunde will.

?Was bedeutet das in der Praxis?

KAACK: Sehen Sie, der eine will einen Käfer, der andere einen Mercedes. Wir bieten dem Händler die Möglichkeit, sein gewünschtes System selbst zusammenzustellen. Oft passiert es ja, daß der Händler erst an dem Tag, an dem er beim Kunden installieren soll, merkt, daß ihm beispielsweise die Festplatte fehlt. Wir liefern das Barebone-System, das ja nur aus Gehäuse, Motherboard und Netzteil besteht, komplett mit allen Komponenten - Diskettenlaufwerke, die Hard-Disk, Softwarepakete, Modem, Netzwerkkarten und so weiter. Und das zwei Tage, bevor er es beim Kunden aufbaut. So spart er Zeit und braucht keine Vorfinanzierung zu machen.

?Was hängt für den Händler noch an Verdienstmöglichkeit dran?

HANSEN: Das wollen wir dem Handel überlassen. Wir wollen wettbewerbsfähig anbieten und wir glauben, daß bestimmte Standardkonfigurationsaufgaben, die wir wahrnehmen, in der Masse günstiger werden als im Einzelfall. Das heißt: Viele Händler verfügen doch über qualifiziertes Personal. Die können die Systeme vor Ort installieren und die Anwender schulen.

Das Einbauen von Einzelkomponenten, die Vorkonfiguration der Geräte oder die Installation der Standardsoftware - das sind alles Dinge, die können wir für unsere Partner viel kostengünstiger und effektiver machen, dazu ist deren Personal doch zu gut und zu teuer.

?Aber Sie haben die Preise doch sicher so kalkuliert, daß sie nicht gerade draufzahlen müssen?

HANSEN: So ein neuer Geschäftszweig macht nur dann Sinn, wenn beide Teile daran verdienen. Das heißt: Wir erzielen natürlich mehr Umsatz und damit mehr Deckungsbeitrag und der Händler kann kostengünstiger einkaufen und mehr verdienen. Wenn ich dem Handel nur irgendetwas andrehe - und er hat nichts davon - dann macht er das ja nicht lange... Das wäre ein sehr kurzfristiges Konzept - und davon gibt es ja bereits genügend!

?Gibt es noch weitere Vorteile und wie sehen die Preise aus?

HANSEN: Auf das Barebone-System gibt es eine Gewährleistungsfrist von drei Jahren. Das wird wohl auch für das Komplett-System gelten. Der Einstieg über das Barebone mit Desktop-Gehäuse, 3,5-Zoll-Floppy, 256-KB-Festplatte, Microsoft-Maus und drei Jahren Garantie, ist für den Händler im Einzelverkaufspreis für 399 Mark möglich. Eine aktuelle Konfiguration des Midi-Tower-Barebones mit Win-95-Tastatur, 16 MB RAM, Pentium 133 Mhz, 1,7 GB Enhanced IDE und einer 2-MB-Grafikkarte kostet ohne Monitor und Software 1.766 Mark.

?Herr Kaack, ist Ihr Unternehmen auf den damit verbundenen Logistik-Aufwand vorbereitet?

KAACK: Ja. Um das Weihnachtsgeschäft herum hatten wir ja Schwierigkeiten mit den Lieferzeiten. Das lag vor allem daran, daß unser Platz nicht reichte - unsere Umschlagsmengen haben sich ja mehr als verdoppelt und das haben wir nicht rechtzeitig abgesehen. Aber inzwischen ist für uns das DV-Lagerverwaltungssystem, das uns ja bei seiner Einführung einige Zigmillionen an Umsatz die Isar runtergespült hat, zum Lebensnerv geworden und es funktioniert. Das wollen wir in jedem Fall noch weiter ausbauen.

?Damit allein ist es aber nicht getan, Sie brauchen doch wohl vorrangig mehr Platz?

KAACK: Den haben wir jetzt. Wir hatten vorher einige kleine Außenlager, das Hochregallager hat knapp 5.000 Quadratmeter. Jetzt konnten wir zu einem sehr günstigen Preis noch ein Lager mit 10.000 Quadratmetern dazumieten. Dieses Lager in der Nähe von Regensburg wird unser Puffer- und Versandlager für große Mengen. Und dort sind auch die Räumlichkeiten, in denen wir solche Konfigurations-, Installations- und Komplettierungsaufgaben wahrnehmen können für das Projekt Eigenmarke. Durch dieses Lager können wir - vom Produktvolumen her - unsere Umsätze ruhig verdoppeln.(du)

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