Komponentenkrieg: Hewlett-Packard möchte Pelikan das Wasser abgraben

05.09.1997
MÜNCHEN: Seit Monaten schon bekriegen sich Hersteller von Markendruckern mit Fremdlieferanten, die Ihnen das einträgliche Komponentengeschäft streitig machen wollen. Allen voran tragen Hewlett-Packard und Pelikan Hardcopy ihre Querelen öffentlich aus. Dem Handel konnte das bislang relativ gleichgültig sein. Das wird sich ändern: Durch den massiven Druck der Retail-Anbieter sehen sich die Brand-Hersteller gezwungen, das Druckerzubehör zunehmend über den Massenkanal - inklusive Supermärkte - an den Kunden zu bringen.Die Luft an der Spitze des Erfolgs ist bekanntlich dünn. Es bleibt nicht sehr viel Platz für viele Gipfelstürmer, schon gar nicht im Hardware-Geschäft. Wer da Margen erzielen will, muß um sein Kerngeschäft ein profitables Umfeld schaffen und Konkurrenten schön unten halten. Die Folge: Dicke Luft in der Branche. Denn es beginnt der Run auf den Komponenten-Markt.

MÜNCHEN: Seit Monaten schon bekriegen sich Hersteller von Markendruckern mit Fremdlieferanten, die Ihnen das einträgliche Komponentengeschäft streitig machen wollen. Allen voran tragen Hewlett-Packard und Pelikan Hardcopy ihre Querelen öffentlich aus. Dem Handel konnte das bislang relativ gleichgültig sein. Das wird sich ändern: Durch den massiven Druck der Retail-Anbieter sehen sich die Brand-Hersteller gezwungen, das Druckerzubehör zunehmend über den Massenkanal - inklusive Supermärkte - an den Kunden zu bringen.Die Luft an der Spitze des Erfolgs ist bekanntlich dünn. Es bleibt nicht sehr viel Platz für viele Gipfelstürmer, schon gar nicht im Hardware-Geschäft. Wer da Margen erzielen will, muß um sein Kerngeschäft ein profitables Umfeld schaffen und Konkurrenten schön unten halten. Die Folge: Dicke Luft in der Branche. Denn es beginnt der Run auf den Komponenten-Markt.

Angeheizt durch entsprechend positive Prognosen von Marktforschern -Dataquest und die GfK beispielsweise - versprechen sich besonders Anbieter von Druckern einen goldenen Regen durch das Geschäft mit dem Beiwerk: Im Jahr 1998 - so träumt auch Hewlett-Packard - ließe sich allein in Deutschland mit Druckerzubehör wie Tintenpatronen, Papier und Folien ein Umsatz von weit über zwei Milliarden Mark erzielen. Die Wachstumsprognosen liegen bei Werten zwischen 25 und 40 Prozent in Europa. Entsprechend hoch sind daher auch die Investitionen des Herstellers: eine Milliarde Dollar steckt HP in das Geschäft - für Fertigungsstätten, Personal, aber auch in Marketing und Werbung. "Wir haben noch nie so viel Geld in einen Geschäftsbereich investiert", stöhnt denn auch Hans H. Schwarz, der sich als Produkt Marketing Manager dem Bereich Zubehör verschrieben hat. Da ist es nur natürlich, daß jeder Wettbewerber mit Argusaugen betrachtet wird.

No-Name-Anbieter machen Herstellern das Leben schwer

Und Mitspieler gibt es mehr als genug. Der Wettbewerb aus den Reihen der Druckerhersteller würde den HPlern sicher schon ausreichen: Lexmark, die neben dem eigenen auch noch das gesamte Zubehörgeschäft von IBM abwickeln, Epson, Apple und Canon spielen eifrig mit. Wer dabei für wen fertigt oder durch OEM-Verträge verbandelt ist - das wäre eine Geschichte für sich. Alle wollen verdienen und alle versuchen, durch Verträge und Kooperationsvereinbarungen die Geschäfte des anderen einigermaßen im Blickfeld zu behalten.

Als unberechenbare Größen allerdings stoßen immer mehr No-Name-Anbieter in das Komponenten-Geschäft vor. Kontrolle ausgeschlossen Schwarz weiß von dubiosen Anbietern, die das HP-Emblem fälschen lassen wollten oder unberechtigterweise mit dem Namen von Markenherstellern werben. "Das hat doch nur zur Folge, daß die Kunden beim Händler auftauchen oder bei uns anrufen, wenn wieder einmal eine falsch ausgezeichnete Tonerkartusche oder ein Refill von einem No-Name-Anbieter einen unserer Drucker beschädigt hat", wettert er aus Erfahrung. Wieviel solcher Anrufe bislang bei ihm eingegangen sind, konnte er nicht genau sagen.

Die Qualität dieser No-Name-Produkte zu beurteilen, fällt nicht leicht. Manche Produkte sind tatsächlich Tinnef. Besonders die Refill-Produkte leben laut Schwarz oftmals dadurch, daß beim erstmaligen "Strecken" mit der neuen Tinte immer noch ein Rest von Hewlett-Packards patentierter Mischung in der Kartusche übrig ist: "Das Lösungsmittel unserer Tinte ermöglicht vielleicht noch einmal den problemlosen Refill, aber dann...", läßt er die - natürlich negativen Folgen - offen. Die zumeist minderwertige Tinte verklebe die Druckdüsen und könne überhaupt den Druckkopf schädigen, argumentiert er gegen Fremdprodukte. Bestätigt werden diese Aussagen auch in Tests, die bei vielen No-Name-Refills feststellten, daß sie auf Dauer die Druckqualität der Hewlett-Packard- und Canon-Geräte beeinträchtigen.

Pelikan Hardcopy ist ein ernstzunehmender Wettbewerber

Von minderwertiger Tinte kann bei HP's größtem Erzfeind im Refill-Geschäft, bei Pelikan Hardcopy nämlich, allerdings nicht die Rede sein. Das Unternehmen hat sich schon so lange mit dem Thema Tinte beschäftigt, daß auch Schwarz hier kaum mit dem Qualitätsargument aufwarten mag. Er reagiert mit einer Drehung um ein paar Grad: "Selbst, wenn die Tinte des Nicht-Original-Anbieter besser sein sollte als unsere: Unsere Systeme sind einfach auf die Hewlett-Packard-Tinte hin optimiert."

Davon weiß Pelikan ein Lied zu singen. "Beispielsweise hat Hewlett- Packard die Druckköpfe 51626A, 51633A und 51629A verändert", informiert das Unternehmen Kunden und Vertriebspartner in seinem letzten Newsletter. "Das Entlüftungsloch befindet sich ab sofort am Boden (vorher im Deckel) der Druckköpfe. Durch diese Veränderung können herkömmliche Refill-Spritzen und -Stationen nicht mehr verwendet werden." Für Pelikan kein Problem, wie es aus dem Unternehmen heißt, bei ihren "Click"-Systemen werde immer der gesamte Tintenbereich ausgewechselt.

Hewlett-Packard bietet noch immer keine eigenen Refills an

Nun könnte Hewlett-Packard dem ganzen Hin und Her natürlich einfach einen Riegel vorschieben, indem sie selber Refills für ihre Drucker

anbieten. Aber: "Wir haben bis heute keine empfehlenswerte Refill-Lösung entdeckt, die unseren hohen Qualitäts-Ansprüchen genügt", erklärt Schwarz zu dieser Frage. Der Versuch sei natürlich unternommen worden, erste Einzelexemplare habe man auch ausprobiert -doch die Ergebnisse seien nicht überzeugend gewesen. "Wenn wir ein Unternehmen finden würden, das das wirklich kann, würden wir es übernehmen", behauptet Schwarz.

Die Wettbewerber kämpfen mit harten Bandagen

Doch insgesamt scheint Hewlett-Packard damit keine Eile zu haben. Selbst das Umwelt-Argument, für das der Hersteller in der Regel tatsächlich meist ein offenes Ohr hat, will in diesem Fall nicht ziehen: "Eine Modifikation der Original-Patronen zum Beispiel hat einen Energie-Aufwand zur Folge, der in keiner Relation zu der Herstellung einer neuen Patrone steht", begründet Schwarz seine ablehende Haltung. "Bei vielen Refill-Lösungen mit Nachfüll-Spritzen fällt mehr Müll an als bei der Original-Patrone."

Das ist nicht von der Hand zu weisen, aber auch kein Argument, das für Pelikan gilt. Also versuchte es Hewlett-Packard kurzfristig mit härteren Bandagen. Sie verweigerten die Garantiegewährleistung, wenn ein Kunde mit Refills hantiert hatte. "Das ist rechtlich nicht haltbar", setzt Pelikan Hardcopy dagegen. "Der Maschinenhersteller kann die Garantie nur dann verweigern, wenn nachgewiesen werden kann, daß der Schaden durch ein Alternativprodukt verursacht wurde." Das ist richtig -___und schwierig. Im Gegensatz zu den No-Names legt Pelikan zudem ihren Produkten die Hotline-Nummer ihrer Technik-Mannschaft bei und haftet klar für eventuelle Schadensfälle.

Die nächste Attacke in Richtung Druckerhersteller: "Pelikan Hardcopy knackt Monopol im Druckermarkt" hieß es nach der letzten CeBIT. Der Hersteller brachte einen eigenen Tinten-Druckkopf auf den Markt, gefertigt in der ehemaligen IBM-Produktionsstätte in Schweden. Da die Druckköpfe auf der Piezo-Technologie basieren, während Canon und Hewlett-Packard auf BubbleJet setzen, wird sich der Erfolg dieses Coups aber wohl erst in den nächsten zwei Jahren erweisen müssen.

Für Fachhändler, die sich durch das Komponentengeschäft ein gutes Zubrot verdienen, und das in Zukunft noch viel stärker tun wollen, ergaben sich bislang nur dann Probleme, wenn Kunden durch die Garantiefrage verunsichert waren, oder sie die Fremdprodukte oder Refills irgendwo im Kaufhaus günstiger gesehen hatten. Denn preislich waren die Produkte bislang so angesiedelt, daß laut Hewlett-Packard "Aufschläge in Höhe von 30 Prozent auf den Einkaufspreis keine Seltenheit waren". Fette Marge für den Fachhandel, daß er sich die Hände reiben konnte.

Über 40 Prozent des Komponenten-Geschäfts laufen demnächst über den Retail-Kanal

Das wird in Zukunft anders. Der massive Druck durch Retail-Champion Pelikan Hardcopy ("Wir fahren die All-Kanal-Strategie") setzt Hewlett-Packard zunehmend unter Zugzwang. "Das Komponenten-Geschäft wird weiterhin zum größten Teil über den Fachhandel abgewickelt", versichert Schwarz zwar eifrig. Entsprechende Support-Programme und Werbeaktionen sind bereits auf dem Papier und warten auf Umsetzung. Doch die Realtität könnte die guten Vorsätze schon bald überholen: "Der Retail ist momentan der am schnellsten wachsende Absatzkanal -voraussichtlich weit mehr als 40 Prozent aller Geschäfte mit HP-Druckerzubehör werden bis zum Jahr 2000 über diesen Kanal abgewickelt werden" mußte der HP-Marketingmann einräumen. Das bedeutet: In speziell mit Markennamen überschriebenen Point-of-Sale-Ständen wird es demnächst in Kaufhäusern, Schreibwarenabteilungen und sogar Lebensmittelketten - Tonerkartuschen von HP, von Pelikan und anderen geben. "Von uns nur für die gängigsten Druckermodelle, die Komponenten für die anspruchsvolleren Drucker bleiben fest in der Hand des Fachhandels", versichert Schwarz.

Den daraus folgenden Preisverfall wird er aber nicht aufhalten können. Fachhändler sollten sich heute schon darauf einstellen, daß das Geschäft mit den Komponenten für Kunden aus dem Soho- und Privatbereich beileibe nicht mehr die Margen abwerfen wird, die heute noch üblich sind. (du)

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