Kündigung bei Datenklau

23.11.2000
In vielen Betrieben hat sich unter den Mitarbeitern die Unsitte verbreitet, Schreibtisch-Utensilien, Briefmarken oder Druckerpatronen mit nach Hause zu nehmen. Manche Arbeitgeber mögen dies noch als Kavaliersdelikt ansehen. Wenn jedoch Firmendaten mitgenommen werden, rechtfertigt das sogar eine Entlassung, weiß Jürgen Klass*.

Grundsätzlich gilt: Das Arbeitsverhältnis kann gemäß Gesetz (§ 626 BGB) von beiden Vertragspartnern außerordentlich gekündigt werden. Sonderregelungen bestehen etwa für den Bereich der Handelsvertreterverhältnisse sowie für Berufsausbildungsverhältnisse. Die in der Praxis häufigste Form der außerordentlichen Kündigung stellt die fristlose Beendigungskündigung dar. Wann ist nun ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung gegeben? Die Prüfung ist in diesem Punkt in zwei Stufen vorzunehmen:

1. Zunächst ist zu prüfen, ob der vorliegende Sachverhalt (unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles) an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund zur Kündigung abzugeben.

2. Ist dies der Fall, ist in der zweiten Stufe zu prüfen, ob es dem Arbeitgeber bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht mehr zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen.

So viel zur Theorie. Die Juristen haben zwar zur Erleichterung der Arbeit eine gewisse Systematisierung geeigneter Kündigungssachverhalte vorgenommen, dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es stets auf die besonderen Umstände im Einzelfall ankommt. In der Praxis spielt deshalb gerade die Interessenabwägung eine wichtige Rolle, bei der beispielsweise die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers, die Frage, wie lange er schon im Betrieb beanstandungsfrei tätig gewesen ist, die Art und Schwere der Verfehlung, der Grad des Verschuldens und die Höhe des Schadens in die Waagschale gelegt werden können.

Sonderfall: Straftaten des Arbeitnehmers

Straftaten zum Nachteil des Arbeitgebers, von Arbeitskollegen, Kunden oder Geschäftspartnern können eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen, da hierdurch der Vertrauensbereich betroffen ist und der Arbeitnehmer mit einer Billigung seines Verhaltens durch den Arbeitgeber von vornherein nicht rechnen konnte. In Betracht kommen neben Beleidigungen und Gewaltdelikten insbesondere Eigentumsdelikte wie Spesenbetrug, Unterschlagungen und Diebstähle. Auch die Entwendung von Sachen von geringem Wert ist an sich als Grund zur außerordentlichen Kündigung geeignet:

- ein Stück Bienenstich - Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.5.1984, Az. 2 AZR 3/83

- drei Kiwi-Früchte - Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.9.1984, Az. 2 AZR 633/82

- zwei Stück gebratener Fisch aus der Kantine - Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 24.08.1995, Az. 5 Sa 504/95

- Tageszeitung - Arbeitsgericht Frankfurt, Urteil v. 30.9.1998, Az. 7 Ca 8679/97

So hat auch das Landesarbeitsgericht Sachsen die Frage, ob eine fristlose Kündigung bei "Daten-Diebstahl" rechtswirksam ist, kürzlich bejaht und befand, dass das Kopieren von Daten aus dem Bestand des Arbeitgebers auf private Disketten genauso bewertet werden müsse wie das Entwenden von Gegenständen und wies damit die Kündigungsschutzklage der Außendienstmitarbeiterin einer Baustofffirma ab. Der Arbeitnehmerin war zunächst ordentlich gekündigt worden. Noch vor Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zog sie Daten der Firma auf private Disketten. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos auf. Die Richter stellten fest, dass bereits das Überspielen der Daten einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstelle, da die Informationen in keinem Fall auf private Datenträger gehörten. Inhalt und Wert der kopierten Informationen spielten dabei keine Rolle (LAG Sachsen, Az. 2 Sa 34/99).

*Jürgen Klass ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Dr. Klüver, Dr. Klass & Kollegen, München, Leipzig, Bad Endorf. www.anwalts-team.de

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