Kunden bevorzugen CD-Rewriteable-Laufwerke

28.10.1999

MÜNCHEN: Eigentlich hätte die DVD schon zum letzten Weihnachts-geschäft Herstellern und Handel die Kassen füllen sollen. Querelen um die Standardisierung des "Speichers der Zukunft" werden jedoch auch in diesem Jahr die Kunden an den Regalen mit DVD-Geräten vorbeiziehen lassen.Die Geschichte wiederholt sich alle Jahre wieder, wenn es um die Etablierung eines einheitlichen technischen Standards geht. Beispiele in der CE-Branche gibt es viele: Ob es nun der Krieg der Videoformate Betamax, Video 2000 und VHS war, im Audiobereich der Disput zwischen DAT, DCC und Mini Disk oder der im PC-Segment noch andauernde Wettkampf zwischen den Bus-Systemen SCSI, USB und Firewire ist. Diese Beispiele zeigen deutlich, daß die Industrie nicht imstande ist, sich bei neuen Techniken im Sinne einer Vereinheitlichung und schnellen Verabschiedung eines Standards an einen Tisch zu setzen.

Dabei hat dieses kindlich anmutende Verhalten weniger etwas mit technischen Unterschieden als mit der Verteidigung von Marktpfründen zu tun. Lieber werden also Millionen in die Entwicklung eines eigenen Produktes investiert, um dieses dann später im schlimmsten Fall in den Mülleimer zu werfen. Par excellence wird diese Vorgehensweise gerade am Beispiel der Digital Versatile Disc (DVD) vorexerziert.

Sony und Philips favorisieren das von dem Duo in "Heimarbeit" entwickelte DVD+RW-Format, während sich Hitachi, Panasonic und Toshiba um das DVD-RAM scharen. Natürlich behaupten beide Lager, daß ihr System das Optimum darstelle und schon im nächsten Jahr die volle Kapazität der DVD (4,7 Gigabyte) ausschöpfe. Pioneer jedoch setzt bei seinem DVD-R-Gerät "DVR-S201" lieber auf die Einmal-Bespielbarkeit.

DVD-RAM-Geräte gibt es bereits seit einem Jahr zu kaufen, nur tut es keiner. Hersteller Philips, der jetzt als Vorreiter das erste DVD+RW-Produkt aus dem Sack läßt, wird es nicht viel besser ergehen, passen doch anfangs nur drei Gigabyte auf die Scheiben.

Die Ungereimtheiten verhelfen den fast schon beerdigten CD-Rewriteables zum Erfolg. So schätzen die Analysten von Disk Trend den Markt für diese Gerätegattung im Jahr 2002 auf weltweit 22,5 Millionen Stück (siehe Artikel auf dieser Seite, rechts). Die DVD+RW- und DVD-RAM-Fraktionen werden nach Überzeugung von Disk Trend im gleichen Jahr nur traurige 7,3 Millionen Geräte unters Volk bringen. Ursprünglich sollten DVD-Geräte vor allem als Ersatz für den heimischen Videorekorder den Zugang zum Kunden finden. Doch der Konsument zeigt sich widerspenstig und ist mit den Videobändern zufrieden - bessere Qualität hin oder her - ganz abgesehen davon, daß das Angebot an Software hierzulande noch mehr als übersichtlich ist. Um die Kunden gleich von Anfang an zu verschrecken, wurden sogenannte Ländercodes eingeführt, die einem DVD-User das Abspielen ausländischer Scheiben auf seinem Gerät verweigern. Und als ob das noch nicht genug wäre, gelang es der DVD-Industrie, die verbliebenen Interessenten durch Inkompatibilitäten zwischen den einzelnen Geräten vollends zu verscheuchen. So können ältere DVD-RAM-Geräte die neuen, mit fünffacher Geschwindigkeit bespielten Medien nicht lesen. Zudem können weder DVD-RAM- noch DVD+RW-Laufwerke CD-R-Medien beschreiben. Pioneer verspricht zwar, daß mit seinem Laufwerk gebrannte Medien auf allen gängigen DVD-Laufwerken abgespielt werden können. Das darf aber in Frage gestellt werden, da speziell Laufwerke der ersten Generation mit hohen Kompatibilitätsproblemen zu kämpfen haben. Doch die Industrie hat bereits eine neue Applikation gefunden, die DVD zum Durchbruch verhelfen soll: DVD-Spiele. Nächster Anlauf dann zu Weihnachten 2000. (akl)

Bei der DVD ist noch kein Ende des Format-Wirrwarrs abzusehen.

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