Landgericht Karlsruhe

08.06.1998

(Aktenzeichen O 101/97 KfH II) des Landgerichts Karlsruhe vom 17.12.97

"... Zur Annahme einer der Handwerksordnung unterfallenden, handwerklichen Tätigkeiten reicht es nicht aus, daß Tätigkeiten ausgeführt werden, die in den Vorschriften der Handwerksordnung oder den Beschreibungen der handwerklichen Ausbildungs- oder Prüfungsvorschriften genannt werden; es muß sich vielmehr um wesentliche Handwerkstätigkeiten handeln, die den Kernbereich eines Handwerks ausmachen und ihm sein essentielles Gepräge geben. Andernfalls liegt ein der Handwerksordnung nicht unterfallendes sogenanntes Minderhandwerk vor (BGH GRUR 1992, 123, 124). Die mit einer "Hardware-Betreuung", einem "Vor-Ort- beziehungsweise Werkstatt-Service" oder der Reparatur von PCs zusammenhängenden Arbeiten sind sämtlich solcher Art, daß sie keine speziellen handwerklichen Fähigkeiten aus dem Bereich des Büroinformationselektronikerhandwerks erfordern. Die hierzu nötigen Feststellungen kann das Gericht aufgrund eigener Kenntnisse, die der Vorsitzende durch regelmäßigen, langjährigen Umgang mit Personalcomputern aller Art einschließlich des Ersatzes und des Austauschs von Erweiterungen durch zusätzliche Karten erworben hat, selbst treffen. Die Herstellung von Personalcomputern besteht überwiegend daraus, daß von Zulieferern vorgefertigte Bauteile wie Netzteil, Platinen, Laufwerke und andere Bauteile nur noch zusammengefügt, das heißt in ein Gehäuse geschraubt oder gesteckt werden. Dabei werden schon von Herstellerseite aus in den meisten Fällen zusätzliche Steckplätze freigelassen, die der Erwerber des Rechners mit Bausteinen seiner Wahl nachträglich ausstatten kann. Da die Industrie weiß, daß dieser Benutzer keine handwerkliche Ausbildung hat, sie aber andererseits am Umsatz mit solchen Erweiterungsbauteilen interessiert ist, achtet der Hersteller schon aus diesem Grunde auf eine möglichst einfache, mit wenigen Handgriffen und auch dem Laien mögliche Ausführung solcher Erweiterungen. Dementsprechend ist im Inneren des Rechners das Hochspannungsnetzteil, in dem alleine die gefährliche Netzspannung von 220 Volt ansteht, in einem eigenen verschlossenen Abteil untergebracht, so daß beim Öffnen des Gehäuses und beim Durchführen von Erweiterungsarbeiten die Netzspannung mit Sicherheit nicht berührt werden kann. Hinzufügen oder Austauschen von Bauteilen im Rechner verlangen somit unter keinen Umständen besondere handwerkliche Fähigkeiten. Auch im Bereich des Zubehörs, dessen Wartung und Reparatur von dem Beklagten ebenfalls beworben wird, fallen keine Tätigkeiten an, die als wesentliche handwerkliche Tätigkeiten bezeichnet werden können. Drucker sind schon so ausgerichtet, daß Verschleißteile wie Druckköpfe, Patronen oder Tonerbehälter auch von Laien auf einfachste Art und Weise ausgewechselt werden können; andernfalls wären sie unverkäuflich. Im Bereich Monitore sind Eingriffe in das Gerät weitgehend unüblich, weil bei Ausfall des Geräts der Austausch beziehungsweise die Einsendung an den Hersteller oder an die von diesem bestimmten Reparaturwerkstätten praktisch die einzige Art und Weise sind, mit denen Monitorprobleme heute angegangen werden. Kein Handwerker hat die Kenntnisse, die zu echten Eingriffen in die Geräte der zahlreichen verschiedenen Hersteller nötig wären. Kein Verbraucher erwartet auch heute, daß der Reparaturservice des Beklagten derartige Eingriffe in das Innere des Geräts vornimmt. Unter diesen Umständen ist eine Irreführung der beworbenen Verkehrskreise durch die Werbung des Beklagten nicht festzustellen. Diese erwarten von der vom Beklagten angebotenen Dienstleistung gerade keine speziell handwerklichen Fähigkeiten aus einem der Berufsbilder der Handwerksordnung. Die von einem PC-Service erwarteten Dienstleistungen liegen vielmehr ganz überwiegend auf dem Softwaregebiet, die eindeutig nicht zum handwerklichen Bereich gezählt werden können ..." (Das Urteil wurde ComputerPartner von Rechtsanwalt Frank Abele, Bad Schönborn, mitgeteilt).

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