Legend: Chinesen rüsten sich für den europäischen Markteintritt

14.06.2001
Anders als ursprünglich angekündigt wird der chinesische PC-Riese Legend seine Notebooks nun doch erst im September unter dem Markennamen der Motherboard-Tochter QDI in Europa einführen. Hauptlieferant für die eigenen Notebooks ist der taiwanische OEM-Hersteller First International Computer (FIC).

Legend-President Yang Yuanqing reiste pünktlich zur Computex in Taiwan an, um vor und während der Taipeher IT-Show Gespräche mit anderen OEM-Zulieferern wie Mitac und Compal zu führen. Schließlich plant der chinesische Gigant seinen europäischen Markteintritt noch für dieses Jahr (siehe ComputerPartner 14/01, Seite 16). Zu den Kunden des größten taiwanischen OEM-PC-Bauers gehören neben Legend unter anderem NEC, Sun Mic-rosystems, Dell und Compaq.

Wegen der schwachen Auftragslage in Amerika und Europa liebäugeln die taiwanischen PC- und Notebook-Hersteller zunehmend mit China - und das nicht nur als billiges OEM-Paradies, sondern auch als riesigen potenziellen Absatzmarkt. "Wir ziehen es vor, in Unternehmen zu investieren, die ihrerseits in Markennamen inves- tieren", erklärt Mitac-Chairman Miao Feng-Chiang und fügt hinzu, dass Legend in China als Marktführer in einer sehr guten Ausgangsposition sei, um den Riesenmarkt für Mitac und andere taiwanische Unternehmen zu erschließen.

China wird als neues ITAbsatzparadies geschätzt

Der OEM-Produzent First International Computer (FIC) produziert zur Zeit monatlich 8.000 Highend-Notebooks für Legend, Compal etwa 5.000 pro Monat sowie mehrere tausend PDAs der neuen Tochter Palmax. Mitac hatte Legend dagegen bis vor kurzem noch mit einem Lowend-Notebook-Modell und PCs beliefert: Jetzt produziert Mitac für den chinesischen Riesen, der gerade dabei ist, seine Notebook-Familie zu modernisieren, nur noch einige neue Versuchsmodelle.

Legends Umsatz ist in den ersten drei Monaten dieses Jahres im Vergleich zum ersten Quartal 2000 um rund 45 Prozent gestiegen. Analysten gehen davon aus, dass das chinesische Unternehmen im laufenden Geschäftsjahr bis März 2002 mehr als vier Millionen PC-Systeme verkaufen wird, was gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Zuwachs von über 53 Prozent wäre. FIC erwartet, dass in diesem Jahr rund 70 Prozent der Legend-Notebooks aus den eigenen Fabriken stammen. Mitac wiederum will mit dem chinesischen OEM-Partner mit PDAs groß ins Geschäft kommen.

Legend will NotebookAbsatz 2001 verdoppeln

Legend hat im Jahr 2000 im derzeit nicht gerade finanzstarken chinesischen Heimatmarkt mehr als 110.000 Notebooks verkauft und damit alle anderen Anbieter weit abgehängt. In diesem Jahr hofft die Legend Group, ihren Notebook-Absatz mit 250.000 Stück mehr als verdoppeln zu können.

Alleine mit den Verkaufszahlen im chinesischen Markt ist es Legend gelungen, im asiatisch-pazifischen PC-Markt Acer und Samsung zu überrunden und jetzt den dortigen Computermarkt als Platzhirsch anzuführen. Nun setzt der chinesische Drache auch zum Sprung auf den Weltmarkt an. Um im Globalen aber an die Erfolge im Heimatmarkt anknüpfen zu können, muss Legend laut David Tzeng von Digitimes.com noch einige Hürden überwinden, an denen nicht wenige taiwanische Anbieter gescheitert sind. So kommen alle Legend-Notebooks aus Taiwan. Und es fehlt dem Hersteller an einigen wichtigen Voraussetzungen wie eine eigene Forschung und Entwicklung (R&D) sowie Produktion und Komponen- ten-Logistik. Außerdem haben andere asiatische Anbieter wie Acer viele Jahre Vorsprung in puncto Erfahrung auf dem Weltmarkt.

Andererseits ist es Legend in wenigen Jahren gelungen, was Acer und Asustek in Jahrzehnten nicht vollbracht haben: zur Nummer eins in Asien aufzusteigen. Im vergangenen Jahr haben Acer und Legend den Versuch einer Kooperation gestartet. Diese ist dann an Zwistigkeiten über den Markennamen gescheitert.

www.legend.com.cn

ComputerPartner-Meinung:

Taiwanische Hersteller werden Legend bei seinem steilen Aufstieg weiter begleiten, müssen aber auf der Hut sein, sich nicht schon wieder in neue Abhängigkeit zu begeben und von Legend vom Markt gefegt zu werden, sobald der chinesische Riese genügend Know-how gesammelt hat, die Produktion selbst in die Hand zu nehmen. (kh)

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