Leserbrief

20.05.1999

Zum Beitrag "Die zehn Todsünden des Webdesign" in Computer-Partner 17/99 erhielten wir folgende Zuschrift:

Was Jakob Nielsen da so alles von sich gibt, kann man nicht unwidersprochen stehen lassen. Deshalb mal eine kurze Stellungnahme von einem, der sich aus beruflichen Gründen ebenfalls mit Webdesign befaßt:

Zu lange Ladezeit: korrekt. Aber mit den entsprechenden Tools lassen sich Grafiken webgerecht aufbereiten (farblich, Komprimierung) und zu lange Ladezeiten vermeiden.

Frames: Entsprechend sparsam und sinnvoll angewandt sind Frames ein sinnvolles Gestaltungsmittel (z.B. zur Navigation). Korrekt eingesetzt, hat man auch keine Probleme, die gebookmarkte Seite wiederzufinden. Neueste Technologie: Sicher, nicht jede Neuerung ist gleich ein Segen, aber stellen wir uns doch mal die Webseiten von heute ohne CSS, Layer, Javascript oder Java vor. Und auch das waren mal neueste Technologien.

Animierte Texte und Bilder: Da haben wir ein Medium, das mehr bietet als statisches Design, und sollen es nicht nutzen. Sicher, wenn Animationen vom Inhalt ablenken, sind sie diskussionswürdig. Wenn sie aber als Gestaltungselement infomativ eingesetzt werden, mag ich darüber nicht diskutieren Auch hier gilt: form follows function, aber nicht function kills form.

Bleiwüste: Hat Mr. Nielsen seine eigene Seite noch nie angeschaut? Alle die "Top Ten Mistakes Revisited" sind eine grafische Katastrophe, eine Buchstabenwüste, schwerer lesbar als die Buchstabenrolle von Qumran.

Nur jeder zehnte Surfer scrollt? Unsinn - wenn den Surfer die Information interessiert, scrollt er auch. Aufteilung ja, aber in sinnvolle Portionen, deren Größe vom Inhalt und nicht von der Bildschirmgröße bestimmt wird.

Tut mir leid, aber es gibt wesentlich qualifiziertere Meinungen und Veröffentlichungen zum Thema Webdesign als das, was Mr. Nielsen da von sich gibt. Und was Design angeht, so sind die Freunde von jenseits des großen Teichs nicht unbedingt das Maß aller Dinge...

Die Crux ist, wie im Printbereich, daß jeder, der einen PC besitzt, ,,kinderleicht" eine Webseite stricken kann. Und das auch macht. Miserable Beispiele gibt's zuhauf, auch von wirklich namhaften Unternehmen.

Das Internet verkauft Informationen und Produkte. Und Verkauf ist auch stets verbunden mit plakativer Gestaltung. Wie überall: Viel hilft nicht immer viel, aber die Möglichkeiten des Mediums, mit Bedacht eingesetzt, ergeben ein angenehmes und schlüssiges Bild.

Wolfgang Baumann, Sysdat, Köln

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