Lintec-Chef Lindemeyer von Börsenflaute unbeeindruckt

29.03.2001
Der Aktienkurs ist im Keller, der Börsengang der Tochter RFI musste verschoben werden, der PC-Markt ist gebeutelt. Wie geht es der Lintec AG?

Nein, er sei nicht nervös, winkt Hans Dieter Lindemeyer, Vorstandsvorsitzender der Lintec AG, ab. Wachsende Unternehmen müssten zwar immer wieder Geld am Kapitalmarkt aufnehmen und reinvestieren. Doch die Notwendigkeit bestehe bei Lintec derzeit nicht, deshalb bleibe der Konzern von der allgemeinen Börsenschwäche unberührt.

Das stimmt nicht ganz. Denn einen Plan mussten die Leipziger erst einmal auf Eis legen: Eigentlich sollte die Tochter RFI AG noch im ersten Quartal an die Börse gebracht werden. Doch dieses Vorhaben wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Die RFI sei für den Gang aufs Parkett bereit, aber "der Markt muss zeigen, dass er bereit ist, faire Preise zu zahlen", meint Lindemeyer.

In schwierigen Börsenzeiten müss-ten sich Unternehmen noch stärker als sonst überlegen, ob nach Unternehmensakquisitionen noch genug Geld vorhanden ist, um eventuelle Durststrecken zu überstehen, meint der Lintec-Chef.

Erst vergangene Woche hat sich der PC-Assemblierer mit 51 Prozent am IT-Vermarkter Intenso GmbH in Vechta beteiligt. Intenso vertreibt CD-Rs, CD-RWs und DVD-Rs. Im vergangenen Geschäftsjahr hat das Unternehmen rund 34 Millionen Euro umgesetzt. Nun wollen Lintec und Intenso prüfen, wie die Vertriebswege kombiniert werden können. Zur Finanzierung werden keine Details verraten, nur dass "die Bezahlung der Anteile ergebnisabhängig in mehreren Raten bis zum Jahr 2003" erfolge. Ein Teil des Kaufpreises, über dessen Höhe Stillschweigen vereinbart wurde, könne Lintec in eigenen Aktien begleichen, so das Unternehmen.

Mit Akquisitionen hat Lintec schon einige Jahre Erfahrung. Seit dem Börsengang 1998 beteiligen sich die Leipziger immer wieder mehrheitlich an Firmen, beispielsweise an der Batavia Multimedia GmbH oder am Notebook-Distributor RFI Elektronik.

Im Januar 2001 hat Lintec drei neue Gesellschaften in Asien gegründet und damit den ersten Schritt in den Fernen Osten getan. Mit den Tochterfirmen in Bangkok und Hongkong sollen gemeinsam IT-Produkte entwickelt und die Einkaufsbedingungen für Komponenten verbessert werden. Die Lintec Venture Holding will sich an asiatischen Startups beteiligen. Des Weiteren plane man, Asien als Absatzmarkt für die Distribution zu erschließen, erklärt das Unternehmen.

Die Flaute im PC-Markt habe Lintec nicht so stark gespürt, behauptet Lindemeyer. Seine Begründung: Lintecs breites PC-Sortiment habe die schwache Nachfrage im Business-Geschäft abgefangen. Stückzahlen über verkaufte PCs veröffentlicht Lintec nicht. Mit Ni- schenprodukten wie dem multifunktionalen "Senioren-PC" will der PC-Assemblierer den Absatz zusätzlich ankurbeln. Auf der Cebit haben die Leipziger den "Lintec Senior Club" vorgestellt. "Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen haben das Gerät entwickelt, getestet und nochmal nachgebessert", preist Lindemeyer das Produkt. Man sei mit Bussen durch Deutschland gereist, habe ältere Menschen eingeladen und sie nach ihren Wünschen befragt.

Dabei ist ein Produkt herausgekommen, das eher einem Videorekorder als einem PC ähnelt und deshalb, so Lintec, besser ins Wohnumfeld passt. Das Gerät ist darauf ausgelegt, die verschiedensten Funktionen zu übernehmen. Textverarbeitung oder E-Mail-Schreiben sind die einfachen Aufgaben. Wenn entsprechende Geräte angeschlossen sind, kann das Gerät auch den Blutdruck oder den Blutzuckerwert messen oder per Webcam die Haustür überwachen. Im Juni werden die ersten Senioren-PCs auf den Markt kommen. Der Preis der individuell gefertigten Geräte hängt von den gewünschten Modulen ab und wird sich ab 2.500 Mark aufwärts bewegen. Der Vertrieb erfolgt über Kooperationspartner, die in der Seniorenarbeit tätig sind. Zielgruppe sind Menschen ab 50, die sich bisher nicht an die "normalen" Rechner herantrauten.

Fachhändler können die Produkte nur dann verkaufen, wenn sie mit einem der von Lintec ausgewählten Kooperationspartner zusammenarbeiten. "Fachhändler und Senioren verstehen sich nicht richtig", nennt Herbert Grunau, Projektleiter Seniorencomputer bei Lintec, den Grund, warum das Unternehmen noch einen Vermittler dazwischenschalten will. Aus den Gesprächen mit den älteren Leuten habe man erfahren, dass diese den traditionellen PC-Kauf im Laden scheuen.

Lintec will den Senioren-PC sowohl unter eigenem Label als auch als OEM-Ware vertreiben. 50.000 Stück sollen laut Lindemeyer in den kommenden zwei Jahren unter eigenem Namen verkauft werden.

www.lintec.de

www.intenso.de

ComputerPartner-Meinung:

Börsentiefflüge hin oder her, bei Lintec ist man optimistisch. Wie gut das Unternehmen im vergangenen Jahr abgeschnitten hat, wird erst die Präsentation der Bilanzzahlen im April zeigen. Mit dem Senior Club setzt Lintec auf eine attraktive, weil kaufkräftige Zielgruppe, die im PC-Bereich schon zu lange vernachlässigt wird. (is)

PIXELNET AG

Weniger Verlust als erwartet

Die Lintec-Tochter Pixelnet AG hat im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 22,1 Millionen Euro und ein Ebit von -8,9 Millionen Euro erwirtschaftet. Für dieses Jahr erwartet die Firma 270 Millionen Euro Umsatz und ein Ebit von 4,8 Millionen Euro.

Pixelnet hatte Anfang des Jahres die Photo Porst AG übernommen (siehe ComputerPartner 08/01, Seite 10). Hans Dieter Lindemeyer, der im Aufsichtsrat von Pixelnet ist, geht davon aus, dass Photo Porst vor einer Reorganisation steht: Das Produktportfolio der einzelnen Filialen sei inhomogen, die Besitzverhältnisse sehr verschieden. "Es gibt Photo-Porst-eigene Läden und eine große Franchise-Kette", erklärt er und schließt nicht aus, eventuell Teile von Photo Porst weiter zu veräußern. (is)

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