Linux oder Windows? Falsche Frage ...

05.08.2004
Mit dem Verlauf der "Linux versus Windows" betitelten Konferenz von Euroforum waren sowohl die etwa 30 Teilnehmer als auch das Dutzend der Referenten überaus zufrieden. Von ComputerPartner-Redakteur Dr. Ronald Wiltscheck

Bereits vor fünf Jahren organisierte Euroforum eine zweitägige Veranstaltung zum Thema Linux. Doch während man sich 1999 noch recht akademisch mit dem Open-Source-Betriebssystem beschäftigt hatte und es kaum Anwender in der freien Wirtschaft gab, sieht die Situation im Jahre 2004 völlig anders aus. Linux hat sich zu einer ernst zu nehmenden Alternative zu Windows und vor allem zu den kommerziellen Linux-Derivaten Sun Solaris, IBM AIX, HP-UX und SGI Irix gemausert.

Unix auf der Verliererstraße, Linux und Windows in Führung

Die Frage Windows oder Linux stellt sich deshalb so klar nur in den seltensten Fällen, viel öfter greift man auf Linux als Unix-Alternative zu. Dies war auch ein Fazit, das aus der diesjährigen Euroforum-Konferenz in München gezogen wurde. "Professionell aufgezogene reine Windows-Systeme können ihre Arbeit genauso gut und sicher verrichten wie entsprechend implementierte Linux-Server", so schloss Felix Lindner, Senior Solutions Consultant bei der N-Runs GmbH, seinen Vortrag zum Thema: Linux- versus Windows-Security".

Dem stimmten auch fast alle anderen Referenten zu - natürlich mit Ausnahme der Vertreter von Microsoft und Suse. Sie halten selbstverständlich jeweils das eigene Betriebssystem für in fast allen Belangen der anderen Plattform überlegen. Dennoch sieht auch Alfons Stärk, Chef Sales Engineer Platform and Business Strategy bei Microsoft, Vorteile bei Linux: "Durch den unmittelbaren Zugriff auf den Quellcode können Dienstleister dort die vom Kunden gewünschten Anpassungen vornehmen." Das findet zwar Jürgen Geck gar nicht mal so wichtig. Aber auch der Suse-CTO setzt Windows zumindest bei sich daheim ein: "Es gibt nicht Besseres für Videos und Musikstücke als den Media Player, vor allem dann, wenn ich auf MP3 als Abspielformat verzichten möchte."

Anwender und Dienstleister sehen das Ganze selbstredend nicht so eindimensional. Man entscheidet sich für Linux oder Windows, je nachdem, wie viel Know-how zu einer bestimmten Plattform man selbst besitzt oder ob es sich günstig einkaufen lässt. Das Argument der null Lizenzkosten bei Open-Source-Produkten zieht schon lange nicht mehr.

Vielmehr sieht es der Markt mit Zufriedenheit, dass es mit Linux endlich eine ernst zu nehmende Alternative zu Windows gibt. "Das ist für uns ein Ansporn", gibt auch der Microsoft-Manager Stärk offen zu.

Open-Source-Vorreiter: öffentliche Hand und Konzerne

Auf der Euroforum-Konferenz demonstrierte auch eine Hand voll Anwender, wie und warum sie auf Linux migrierte. Aber auch die Gegenbewegung war in München zu spüren: So erzählte etwa Klaus-Hering von Spectro Analytical Instruments, warum er sich gezwungen sah, eine bestehende Linux-Infrastruktur durch ein Windows-2000-System abzulösen. Auch am Client tut sich das Open-Source-Betriebssystem noch schwer. So kam es zwar bei Lufthansa Passage als Einsatzplattform in die engere Auswahl, doch schlussendlich entschied sich das Team um den dortigen Leiter IT-Infrastruktur-Management Udo Janurek für Windows XP.

Anders bei den LVM-Versicherungen Münster. Dort werden sogar Notebooks der Außendienstmitarbeiter mit Linux ausgestattet. Windows befindet sich bei diesem Finanzdienstleister auf dem Rückzug.

Eine derart starke Fokussierung auf die Open-Source-Plattform findet man ansonsten nur in der öffentlichen Verwaltung. Horst Bräuner, IT-Leiter der Stadtverwaltung Schwäbisch Hall, des ersten großen Linux-Client-Anwenders, stellte seine eigene Roadmap vor. Derzufolge wird seine Behörde Ende 2004 komplett Windows-frei agieren können.

Weitere Vorträge auf der Euroforum-Veranstaltung handelten vom Einsatz der Open-Source-Plattform in Rechenzentren. Dort ist immer ein Mix an Betriebssystemen vorzufinden. Oft werden aber kommerzielle Unix-Derivate von Linux abgelöst. So geschehen beispielsweise bei MTU, wo teure SGI-Maschinen durch preiswerte Intel-basierte Linux-Cluster abgelöst wurden. Alle Simulationen zur Bauweise und Material-festigkeit werden dort mittlerweile auf einem Linux-getriebenen Rechner-Cluster durchgeführt.

Meinung des Redakteurs

Vor fünf Jahren konnte man noch Linux-Anwender aus der freien Wirtschaft an einer Hand abzählen. Mittlerweile gibt es kaum noch größere Unternehmen, die die Open-Source-Plattform nicht im Einsatz haben. Linux ist den Kinderschuhen entwachsen und wird nun von Microsoft als der wichtigste Wettbewerber auf der Betriebssysteme-Front betrachtet.

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