Logitech umgarnt mit Lifestyle-Kampagne neue Käuferschichten

31.08.2000
Mit Speck fängt man bekanntlich Mäuse. Daher will Logitech mit 45 neuen Produkten, darunter auch die brandneue "I-Feel"-Maus mit optischem Sensor und Vibrationsmelder, im Weihnachtsgeschäft neue Käuferschichten anspre-chen. Wenn das Unternehmen mit einer Lifestyle-Kampagne jedoch in völlig branchenfremde Medien geht, dann fragt man sich nach dem Sinn. In einem Interview mit ComputerPartner-Redakteur Klaus Hauptfleisch versuchtLogitech-CEO Guerrino de Luca, Licht ins Dunkel zu bringen.

Logitech hat in den letzten anderthalb Jahren ein ungewöhnlich starkes Wachstum aufzuweisen. Vor dem Split im Juni ist der Börsenkurs innerhalb eines Jahres von 13 auf 76 Dollar gestiegen. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?

De Luca: Der PC-Markt ist in der Vergangenheit zwischen 20 und 25 Prozent gestiegen, und jetzt sind es 15 bis 20 Prozent, abhängig von dem Wachstum in dem jeweiligen Land. Als wir noch große Teile unseres Umsatzes über OEM-Produktion hereingefahren haben, war Logitechs Wachstum natürlich eng mit dem unserer OEM-Kunden verknüpft. Vor drei bis vier Jahren waren etwa 60 Prozent unseres Geschäftes OEM und 40 Prozent Retail. In den letzten zwei Jahren hat ein großer Wandel stattgefunden. Jetzt ist unser Geschäft zu 75 Prozent Retail und nur noch zu 25 Prozent im OEM-Bereich. Durch den zunehmenden Bedarf neuer Anwendungen wie Cordless oder Webcams wachsen auch wir. Das bedeutet, dass wir mehr über die installierte Basis und Ersatzbedarf als über neue PCs zulegen.

Unser Ziel für dieses Jahr ist es, 25 bis 30 Prozent beim Umsatz und 30 bis 35 Prozent beim Ertrag zu wachsen. Für dieses Quartal rechnen wir sogar mit einer Umsatzsteigerung von 30 bis 35 Prozent und einem Ertragsplus von zwischen 40 und 50 Prozent. Wir haben eine sehr starke Produktlinie mit 45 neuen Produkten und sehen dem Weihnachtsgeschäft sehr positiv entgegen.

Gab es in letzter Zeit einen Wandel hin zu höherwertigen Produkten?

De Luca: Ja. Einer der Gründe, warum wir so stark wachsen, ist der, dass unsere Handelspartner kein Geld mehr über den reinen Verkauf neuer PCs machen, sondern über Software, Zubehör, kurz, über alles, womit man den Kunden überzeugen kann, sich einen neuen PC zu kaufen. Gerade weil unsere Produkte Mehrwert bieten, finden sie bei unseren Channel-Partnern sehr viel Anklang. Hinzu kommt, dass klassische Spieleprodukte wie Joysticks und Lenkräder bei mehr Leistung preislich attraktiver geworden sind, womit sie auch über die Hardcore-Gamer hinaus neue Käuferschichten erobern. Wir werden auch weiterhin Highend-Produkte entwickeln, denn da winken für unsere Partner wie für uns richtig satte Profite.

Wie unterstützen Sie den Fachhandel, um Value-Added-Produkte zu vertreiben?

De Luca: Der Profit wird um den PC herum gemacht und nicht mit dem PC. Gerade weil wir in diesem margenfreundlichen Bereich sehr stark sind, werden wir für unsere Handelspartner immer wichtiger. Daher auch unsere Lifestyle-Kampagne, um in unseren wichtigsten Absatzmärkten USA und Deutschland auch bei den Nicht-PC-Nutzern Nachfrage zu schaffen.

Zusammen mit Microsoft stellen Sie über 70 Prozent des Marktes für Mäuse. Wie ernst nehmen Sie Microsoft als HardwareHersteller?

De Luca: Mit Microsoft als Software-Riese können und wollen wir uns nicht messen, wohl aber mit dem Hardware-Business. In dem Marktsegment, in dem wir uns bewegen, sind Microsoft und Logitech aber absolut vergleichbar. In einigen Bereichen können wir sogar noch mehr. Wir haben das größere Entwicklerteam. Durch Hardware schafft Microsoft Mehrwert für die eigene Software, was wir als positiv sehen, denn so profitieren auch wir davon.

Die neue "I-Feel"-Maus mit Vibrationsmelder bei Berührung eines anklickbaren Elements, die Sie gerade vorgestellt haben, soll 99 Mark kosten. Wie viel sind die Leute bereit, für solche Mehrwert-Features auszugeben?

De Luca: Es gibt so genannte Preispunkte, über die wir nicht hinausgehen können. Die Kunst ist es, bei diesen Preispunkten von 99 Mark zu bleiben, aber immer mehr Features hinzuzufügen. Ich glaube nicht, dass dem Handel geholfen wäre, wenn wir den Preis bei 29 Mark halten würden. Oft wäre das sogar kontraproduktiv, weil viele Leute dann annehmen, dass die Ware bei einem so niedrigen Preis nichts taugen kann. Dafür spricht auch die Tatsache, dass 70 Prozent des Marktes Markenware ist. Es ist zwar leicht, eine Maus zu produzieren und sie günstig anzubieten, es ist aber nicht leicht, 60 Millionen davon abzusetzen.

Logitech war vor acht Jahren das erste Unternehmen, das eine schnurlose Maus auf Basis der RF-Technologie herausbrachte. Nun haben Sie vor kurzem ein Bluetooth-Abkommen mit Motorola unterzeichnet. Was sind Ihre Pläne für Bluetooth?

De Luca: Ich denke, Bluetooth ist eine große Chance für uns. Das hat aber nichts mit Mäusen zu tun. Die Technologie, die wir nutzen, ist eine proprietäre, die sich "Paloma" nennt. Sie ist sehr zuverlässig und mit nur rund einem Dollar pro Stück extrem kostengünstig. Blue-tooth kostet heute etwa 20 Dollar, in Zukunft bestenfalls fünf Dollar. Was wir mit Motorola ausgemacht haben, ist die einzigartige Gelegenheit, Bluetooth zu Paloma hinzuzufügen. Die Cordless-Desktops, die wir verkaufen, sind Maus, Tas-tatur und Empfangsteil in einem. Die Idee ist, nicht Maus und Tastatur, wohl aber den Receiver mit Bluetooth aufzurüsten, um den PC Bluetoooth-fähig zu machen, damit der Anwender den PC mit seinem Telefon oder dem PDA synchronisieren kann. Des Weiteren ist geplant, schnurlose Produkte zu entwickeln, bei denen die herkömmliche RF-Technologie wegen der niedrigen Bandbreiten bisher nicht sinnvoll war. Wir denken da zum Beispiel an Gaming-Produkte. Es ist sehr schwierig, einen Joystick drahtlos zu machen, weil es hier auf hohe Reaktionszeiten in beiden Richtungen ankommt. Joysticks könnten daher eines der Produkte sein, die durch Bluetooth drahtlos angeboten werden könnten. Aber noch viel wichtiger sind Webcams, die ebenfalls sehr hohe Bandbreiten benötigen. Ich denke, dass wir im Sommer nächsten Jahres mit den solchen Produkten auf den Markt kommen werden.

Mit Lautsprechern und Webcams haben Sie Ihre Produktpalette erweitert. Ist das erst der Anfang?

De Luca: Natürlich werden wir immer neue Produkte herausbringen, neue Produktlinien jedoch weniger. Mittelfristig denken wir da mehr an eine Ausweitung unserer Gaming-Produkte und Webcams auf Konsolen wie etwa Playstation 2 oder Dreamcast sowie den Digital-TV-Markt. Ziel ist, unsere Produkte auch ins Wohnzimmer zu bringen.

Mit "Buylogitech.com" haben Sie in den USA den Direktvertrieb begonnen. In Deutschland haben Sie für Ihren Online-Shop immerhin Partner mit einbezogen. Ist früher oder später auch hierzulande mit einem Direktvertrieb an Endkunden zu rechnen?

De Luca: In E-Commerce einzusteigen, ist ein Muss, weil die Leute das wollen und wir als Hersteller so mehr Kundennähe gewinnen. Aber unser Kerngeschäft ist die Produktentwicklung und nicht der Vertrieb oder die Lieferung. Auch in den USA läuft der Direktvertrieb nicht ohne Partner, schließlich übernimmt Ingram das Fulfillment. Bei all unseren E-Commerce-Aktivitäten sind wir noch am Lernen und Experimentieren. Ein großer Plan steckt nicht dahinter, und die Umsätze sind mit weniger als zwei Prozent nur marginal.

Wie sehen Sie die Zukunft des Fachhandels, wenn tatsächlich immer mehr Hersteller ins Internet gehen?

De Luca: Viele drängen ins Internet, erfolgreich sind aber nur die wenigsten. Der Grund ist ganz einfach: Die Kunden wollen Auswahl- und Vergleichsmöglichkeiten, das kann der einzelne Hersteller nicht bieten, wohl aber der Fachhändler. Das heißt, der Fachhändler wird weiterhin gebraucht. Viele stehen aber jetzt vor der Entscheidung, ob sie nur noch Regalfläche oder echten Mehrwert durch Service und Beratung bieten wollen. Nur wenn der Kunde genau weiß, was er will, ist die Homepage des einzelnen Herstellers natürlich der bequems-te Weg, und das wird vermutlich auf Direktvertrieb hinauslaufen.

www.logitech.de

Zur Startseite