Lutz Lunzers Beobachtungen während der Messebesuche

14.10.1999

Fauxpas

Die meisten Aussteller haben maßlos übertrieben. Es war leicht festzustellen, daß die Anzahl der Mitarbeiter - gesamt und im Projekt-Team - wesentlich niedriger oder die Zahl der Kunden beziehungsweise Installationen weit übertrieben war.

Mehrsprachigkeit und Internetanbindung waren nicht realisiert, obwohl im ersten Schritt

eindeutig positiv beantwortet

Keine Branchenlösung, obwohl im ersten Schritt positiv beantwortet.

Bereits bei den Bildschirmmasken und der allgemeinen Terminologie wurde klar: Keine Standardsoftware, sondern Weiterentwicklung einer speziellen Kundenlösung.

Als Einstieg wollten alle Gesprächspartner das Produkt vorführen - obwohl im Vorfeld nach den ersten Fragen klar gesagt wurde, daß Details zum Produkt erst mit den in der Endauswahl stehenden Anbietern erfolgt.

Die Gespräche haben bis zu einer Stunde gedauert. Dies, obwohl teilweise personelle Engpässe bestanden und nicht feststand, ob sich die Zeitinvestition aus Sicht des Ausstellers lohnt.

Die Fragen wurden (zu) brav beantwortet. Kaum Gegenfragen: wer, wann, warum, wie, wo, wieviel und so weiter.

Die wichtigsten Fragen "Wie sind die Vertriebsprozesse, wann ist die Projekteinführung geplant, wer ist an der Entscheidung beteiligt, was sind die wichtigsten Entscheidungskriterien und wie werden diese bewertet", wurden nur sporadisch gestellt.

Es wurde kaum versucht, konkrete Termine zu vereinbaren, geschweige denn, Aktionen angeboten, die den Informationsbedarf decken könnten.

Es wurde nur schwach hinterfragt, zu welchem Zeitpunkt der nächste Schritt erfolgen wird. Dies führt dazu, daß man Anwender, die noch in der Informationsphase sind, mit den falschen Verkaufsaktivitäten (teilweise) nervt.

Die Frage "Wer sind Ihre Hauptwettbewerber?" brachte alle Aussteller ins Schwitzen. Die meisten haben eine Antwort gemieden.

Auf den Messeständen wurde ein Trend zu hochwertigen Imagebroschüren festgestellt. Die Frage ist: Warum so viel Geld für die vielen Sammler investieren? Wieviel Prozent der Besucher kommen als potentielle Kunden in Frage?

Bei Fachmessen herrscht vornehme Zurückhaltung bezüglich passender Animation, den Besucher als Interessenten zu identifizieren. Nicht zu verwechseln mit Animation in Form von Luftballons, verkleideten Känguruhs oder Aufmerksamkeit erregenden schönen Frauen beziehungsweise Zauberern und anderen Shows.

Das Marketing sowie die Öffentlichkeitsarbeit vor, während und nach der Messe wird (zu) oft vernachlässigt oder zu weit gestreut. Dadurch werden die eigentlichen Zielgruppen nicht erreicht. Viele verlassen sich auf den zufällig vorbeikommenden Besucher.

Kommentar/Lösungsansatz

Hier fehlt es an der Einstellung dem Kunden gegenüber; kleine Beschönigungen ja, maßlose Übertreibungen beziehungsweise Lügen nein.

Lügen haben kurze Beine. Man kann geplante Erweiterungen glaubwürdig und verkaufsfördernd darstellen.

Das Bohren nach Referenzen bringt es an den Tag: Die fehlende

Zielgruppenstrategie.

Auch Kundenlösungen lassen sich im Sinne von Maßanzügen

verkaufen - aber nicht über falsche Aussagen.

Weg vom Bildschirm, es sei denn, der Kunde wünscht dies ausdrück- lich oder der Bildschirm wird für eine Unternehmenspräsentation genutzt.

Im Vorfeld klären, wie lange ein Erstgespräch dauern sollte beziehungsweise unter welchen Voraussetzungen ein längeres Fachgespräch geführt wird.

Verkaufen heißt zuhören, dann fragen - den Kunden kommen

lassen.

Hierdurch wäre auch der Berater gezwungen, Details zu sagen. Oft wird bei Berateranfragen der Name des Auftraggebers zwanglos genannt.

Dies wäre ein Ansatz, die Ernsthaftigkeit des Interessenten zu testen.

Dem Interessenten Dienstleistungen anbieten, die seinem derzeitigen Bedarf entsprechen.

Warum? Das ist die beste Gelegenheit, sich zu positionieren - sofern man diese Pflichtübung geleistet hat.

Entsprechend der erwarteten Zielgruppe (Branche, Funktion, Größe des Unternehmens) einfache Flyer, Anwendungsreportagen et cetera vorsehen.

Die Besucher zu Aktivitäten animieren, sei es durch feste Präsentationstermine, Fragebogenaktionen zu Themen wie "Return on InvestmentË, "BenchmarkingË (Wie gut ist Ihr Unternehmen im Vergleich zu...).

Bereits im Vorfeld der richtigen Zielgruppe Anreize anbieten, den Messebestand zu besuchen. - Damit der Messeerfolg kein Zufall bleibt.

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