Manager ohne Rückgrat

08.02.2007
Im Mittelmanagement herrscht eine Gehorsams- und Anpassungsmentalität, Rückgrat gehört nicht zur Stärke der Führungskräfte. Das ergab eine Analyse des Beratungsunternehmens Saaman AG.

Knallharte, oft nur schwer nachvollziehbare Entscheidungen sind in Deutschlands Wirtschaft derzeit an der Tagesordnung. Trotz Rekordgewinnen fallen bei den Firmen Tausende von Arbeitsplätzen weg, Standorte oder Sparten werden ohne Rücksicht auf die Mitarbeiter geschlossen. Konzernchefs, die dafür verantwortlich sind, exekutieren scheinbar notwenige Programme ohne erkennbare Skrupel.

Doch wie reagiert die Ebene unterhalb des Top-Managements auf solch rigorose Entscheidungen? Genereller noch: Welcher Managertyp ist im mittleren Führungsbereich tätig? Handeln deutsche Führungskräfte nach klaren ethischen Richtlinien oder verstehen sie sich als Offiziere, die ausführen, was im Vorstand beschlossen wird?

Die Saaman AG wertete zu diesen Fragen jetzt mehrere Tausend Potenzial-Analysen und Management-Audits im mittleren Führungsbereich aus, die in den vergangenen Jahren durchgeführt wurden. Im Rahmen dieser Potenzial-Analysen werden auch Beweggründe und Werte der Kandidaten erhoben. Wolfgang Saaman, Gründer der Saaman AG, kommt zu einem ernüchternden Schluss: "Nur knapp 20 Prozent der Führungskräfte unterhalb der Vorstandsebene beziehen eindeutig Position und trauen sich zu sagen, was sie denken." Der Rest, so Saaman weiter, weicht von seiner Persönlichkeitsstruktur Konflikten mit Vorgesetzten und der Unternehmensleitung ohnehin aus. Saaman: "Wir haben es im Mittelmanagement heute mit einer Gehorsams- und Anpassungsmentalität zu tun. Rückgrat gehört nicht zur Stärke unserer Führungskräfte."

Gleichzeitig beobachtet Personalexperte Saaman, dass Kritik am Verhalten der Topmanager von Seiten der Manager im Mittelbau durchaus heftig ist. Sie wird jedoch lediglich unter vorgehaltener Hand laut. Auf die Frage, "was würden Sie anders machen, wenn Sie morgen den Vorsitz der Unternehmensleitung übernehmen würden?", antworten über 80 Prozent mit deutlich abweichenden Meinungen von der herrschenden Praxis. Auf die Frage jedoch, ob beispielsweise der direkt an den Vorstand berichtende Bereichsleiter bereit wäre, diese Meinungen nach oben zu vertreten, antworten nur noch rund 30 Prozent mit "auf jeden Fall". Der Rest hält sich lieber vornehm bedeckt und begründet dies entweder mit einer nicht gewollten Gefährdung der eigenen Position oder einer längst eingetretenen Resignation.

Eine ethische Verankerung des eigenen Verhaltens findet allenfalls noch bei einigen wenigen statt. "Wo es um Ergebnis und Börsenkurs geht, bleibt in der Welt der Wirtschaft für Ethik kein Raum", resümiert Saaman seine Untersuchung. Auf die Frage nach ihren Werten, nennen 89 Prozent der Manager materialistische Kategorien wie Zielerreichung, Unternehmensgewinn, Wettbewerbsvorteile oder eigene Karriere an erster Stelle. Nur von 11 Prozent werden Werte wie menschliches Miteinander, Unternehmenskultur, Humanität oder Lebensqualität nach vorne gestellt.

Dabei treffen, so Saaman, die mittleren Manager mit ihrer Gehorsamskultur oft nicht einmal den Nerv der Vorstände. Getreu des Napoleon-Satzes "Ich kann mich nur auf den stützen, der mir Widerstand leistet" erwarten viele Chefs durchaus eine klare Meinungsbildung und Standhaftigkeit. Gefördert wird dieser Mut, so Saaman, in der Praxis jedoch viel zu selten. (mf)

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