Media-Markt-Chef Voigt: Abschied vom reinen Box-Moving-Geschäft

23.08.2001
Im trüben Geschäftsjahr 2001 muss auch der Consumer-Elektronik-Riese Media-Markt Einbußen verkraften: Einbrüche beim PC-Absatz und Lagerabwertung drückten in Ingolstadt die Stimmung. Jetzt steht eine Neuausrichtung bevor: Mit dem reinen Box-Moving-Geschäft soll Schluss sein, Media-Markt will künftig Service und Beratung an der Endkundenfront forcieren.

Noch im Februar war Klaus-Peter Voigt im ComputerPartner-Interview davon überzeugt, dass er "den geilsten Job der Welt" habe (siehe 05/01, Seite 16). Sicher ist, dass der Media-Markt-Chef derzeit einen harten Job hat. Bereits im Frühling - April und Mai - mussten die Roten aus Ingolstadt im PC-Geschäft mit Einbußen von 15 Prozent leben und reagierten erst mal mit Lagerabwertung (siehe ComputerPartner 24/01, Seite 10).

Und - wen wundert#s wirklich? - auch der Sommer lässt zu wünschen übrig: "Der Juli war ein Desaster für die ganze Branche", fasst Voigt kurz und bündig zusammen. Im August ziehe das Geschäft zwar langsam wieder an, "aber der Monat ist ja noch nicht vorbei", schränkt er ein.

Sein persönliches Ziel, einen Umsatzzuwachs von knapp zehn Prozent im laufenden Jahr zu schaffen, wird Voigt nicht erreichen: "Wir werden im einstelligen Bereich bleiben", räumt der Media-Markt-Chef im Gespräch mit ComputerPartner ein. Beim PC-Absatz sei halt in diesem Jahr einiges weggebrochen, begründet er weiter. "Die weltweite Rezession geht auf die Stimmung und die Motivation. Auch die Hersteller sind derzeit ohne Visionen und mit ihrem hauseigenen Sparkurs beschäftigt. Und in Deutschland ist alles gleich noch viel schlimmer: Mindestens der Weltuntergang steht bevor", beschreibt er die Lage in der IT-Branche und gibt zu: "Wir mussten in diesem Jahr Federn lassen."

Auch "die Billigsten" im Land leiden derzeit unter ersten Sättigungstendenzen im deutschen Computermarkt. Zu den PC-Verkaufszahlen will Voigt jetzt noch nichts sagen: "Wir müssen erst das vierte Quartal abwarten." Im Vorjahr verkaufte Media-Markt in Deutschland noch 900.000 Rechner.

Resignation ist deshalb in der Media-Markt-Zentrale in Ingolstadt nicht angesagt. Im Gegenteil, man will das Steuer herumreißen und setzt - natürlich - auf Neuausrichtung: "Die Kunden sind es leid, einfach PCs vom Stapel wegzunehmen und damit nach Hause zu gehen. Und seien wir ehrlich: Ein Rechner funktioniert nun mal nicht beim ersten Knopfdruck. Die Käufer wollen heute Service, Beratung und einen Support, der nach Hause kommt", erklärt Voigt und wird dann noch deutlicher: "Wir wollen weg vom reinen Box-Moving-Geschäft." An der Preisführerschaft von Media-Markt soll sich dadurch aber nichts ändern: "Das lässt der Wettbewerb gar nicht zu."

Intern wurde der Richtungswechsel mit den Mitarbeitern bereits diskutiert. Nicht ohne Folgen: Nach neun Jahren räumte Jürgen Weber, bisher verantwortlich für den PC-Hardware-Einkauf bei Media-Markt und Vertreter der Box-Moving-Strategie, seinen Schreibtisch. "Wir haben Herrn Weber viel zu verdanken, aber unsere unterschiedlichen Auffassungen in Bezug auf die künftige Unternehmensstrategie passten nicht mehr zusammen", sagt Voigt dazu. Weber soll bereits Verhandlungen mit Medion als neuem Arbeitgeber führen, wie Brancheninsider berichten.

Von Mitarbeiterschwund in Webers Ex-Abteilung könne aber keine Rede sein, dementiert Media-Markt-Chef Voigt anders lautende Gerüchte, die derzeit im Markt kursieren. Als potenzieller Nachfolger für den Hardwareeinkauf wird Bernhard Wittmann, bisher Leiter für den Bereich Peripherie, gehandelt. Allerdings soll es "noch einige neue Konstellationen" in Ingolstadt geben, so Voigt. Mehr will er aber derzeit nicht verraten.

Wieder mit im Boot bei den Roten ist Andreas Albiez: Nach nur rund 14 Monaten Media-Markt-Abstinenz und einem wohl nicht so erfreulichen Ausflug in die Internet-Branche (Som.com, Gameplay), kehrte er nach Ingolstadt zurück. Albiez arbeitet seit dem 1. August für die Media-Markt International und ist damit für die europäischen Auslandsfilialen zuständig. Ob sein Schwerpunkt allerdings eher im Vertrieb oder im Einkauf liegen wird, ist noch nicht klar.

Auf die Frage nach dem vierten Quartal 2001 gibt sich Voigt - in gewohnter Manier - optimistisch: "Auf der IFA werden die Hersteller für UE und Digitale Fotografie wieder neue Impulse liefern. Das Weihnachtsgeschäft startet in Deutschland zwar immer später, läuft dafür aber bis Mitte Januar. Nach der IFA hatten wir immer ein gutes Quartal, und daran wird sich auch dieses Jahr nichts ändern."

Zum Strategiewechsel bei Media-Markt lesen Sie bitte auch den Kommentar auf Seite 8.

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