Nur wer fragt, gewinnt

Mehr Erfolg bei der Gehaltsverhandlung

Michael Sudahl lebt in Stuttgart und arbeitet in Schorndorf. Der gelernte Banker und Journalist beschäftigt sich seit 20 Jahren mit den Themen Personal, Karriere und IT. Daneben berät er Firmen in internen und externen Kommunikationsfragen, erstellt Kundenmagazine, schreibt Fachartikel und moderiert Prozesse rund um die Felder Unternehmensstrategie, öffentliche Wahrnehmung und Unternehmenskultur. Darüber hinaus hat er eine mehrjährige Ausbildung zum Körpertherapeuten (Cranio) abgeschlossen und ist inzwischen ebenfalls als Coach und Trainer tätig. 
Fast die Hälfte aller Arbeitnehmer ist der Meinung, dass sie mehr verdient, als sie derzeit verdient. Leider sind gute Leistungen, Überstunden und durchgearbeitete Wochenenden kein Garant für ein überdurchschnittliches Gehalt. Denn die Regel ist: Nur wer fragt, bekommt mehr.

Damit der Chef nicht schon beim Gesprächseinstieg zumacht, zählen Fingerspitzengefühl und die richtige Verhandlungsstrategie. Und wer schon lange erfolgreich arbeitet, kennt seinen Vorgesetzten. Ist er ein offener und gesprächiger Typ, sollte man über ein lockeres Smalltalk-Thema einsteigen. "So fühlen sich Beziehungstypen am wohlsten", sagt Verhandlungsexperte Frieder Gamm. Will der Vorgesetzte schnell zum Punkt kommen, ist er ein dominanter, leistungsorientierter Mensch. Dann ist ein Sachthema als Einstieg empfehlenswert.

Professionelle Vorbereitung, eine gute Strategie und ein wenig Fingerspitzengefühl führen die Gehaltsverhandlung zum Erfolg, meint Frieder Gamm.
Professionelle Vorbereitung, eine gute Strategie und ein wenig Fingerspitzengefühl führen die Gehaltsverhandlung zum Erfolg, meint Frieder Gamm.
Foto: Frieder Gamm

Bei seinen Intensivtrainings setzt Gamm sogar Persönlichkeitsmodelle ein, um das Gegenüber und sich selbst im Vorfeld besser einschätzen zu können. So oder so, sollte das Gespräch nicht unter Zeitdruck oder im dunklen Kämmerlein stattfinden. Die richtige Atmosphäre ist wichtig. "Schaffen Sie eine Situation, um sich wohlzufühlen", rät Gamm. Schön sind offene Jalousien, ein frischer Kaffee und gut vorbereitete Papiere.

Am besten für das Wohlfühlklima ist es daher, einen Termin zu machen, in dem Chef und Mitarbeiter besprechen, wo sie stehen. Im Kalender sollte also nicht stehen: "Gehaltsverhandlung Herr Maier" sondern "Mitarbeitergespräch Herr Maier" oder "Rückblick vergangene Projekte".

Den Chef reden lassen

Durch gezieltes Fragen sollte der Verhandelnde seinen Vorgesetzten reden lassen. "Besser, Ihr Boss spricht gut über Sie, als dass Sie sich selbst loben müssen", schmunzelt Gamm. Zunächst sollte ein kurzer Rückblick über die vergangenen Wochen und Monate stattfinden. Was lief gut? Wo haben Sie sich besonders ausgezeichnet? Und Wie äußern sich Projektpartner, Kollegen oder Kunden über Ihre Arbeit? Diese Fakten zusammenzutragen und Statements der Beteiligten einzuholen, gehört zur guten Vorbereitung auf das Gespräch. Wichtig bei der Unterhaltung: der Ranghöhere sollte den größeren Redeanteil haben. Zusätzlich kann der Mitarbeiter Fakten ergänzen oder die wohlwollende Meinung der Kollegen vortragen. Nach der Faktensammlung sollte der Mitarbeiter den Status Quo zusammenfassen und zum Nutzen der Firma präsentieren.

Wer es ernst meint, sollte mit den Vorteilen wuchern, die er der Firma in Zukunft bringen wird. Aus Sicht des Chefs sind vergangene Verdienste bereits abgegolten. Erfolge der letzten Zeit untermauern zwar die Argumentation, sind aber nicht ausschlaggebend für einen größeren Gehaltsscheck.

Nicht nur über das Geld argumentieren

Oftmals haben Abteilungen nur einen geringen finanziellen Spielraum. Dann bietet es sich an, eine Gehaltserhöhung jenseits des Geldes herauszuhandeln. "Es gibt auch andere Dinge, die Vorteile bringen oder Spaß machen", meint Gamm, der seine Expertise aus zehn Jahren Einkauf bei der Porsche AG bezieht. Neben dem Klassiker Firmenfahrzeug, können auch attraktive Fortbildungen, Auslandsaufenthalte oder besonders spannende Projekte interessant sein. Wenn finanziell gar nichts geht, kann man sich mehr Status auf der Visitenkarte erbitten oder einen Parkplatz auf dem Werksgelände.

Professionell bleiben

Meistens sind Chefs nicht hellauf begeistert, wenn ihr Personal mit Geldforderungen kommt. "Auch, wenn der Vorgesetzte nicht direkt auf Forderungen eingeht, sollten Sie höflich bleiben, nicht drohen oder emotional werden", weiß der Verhandlungsexperte. Eine gute Methode ist es, hier auf der Metaebene zu bleiben. Die Dinge mit Distanz zu betrachten und die Chancen für einen weiteren Termin auszuloten, ist hier die beste Strategie. Ein No-Go ist es ebenfalls, mit dem Gehalt der Kollegen zu argumentieren. Schließlich müssen die meisten Angestellten auch nach der Gehaltsverhandlung weiter mit ihrem Chef zusammenarbeiten.

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