Mehrwertsteuer-Erhöhung im April: Wissenswertes für den Handel

20.03.1998

MÜNCHEN: Der Bundesverband Bürowirtschaft gab jetzt sein "BBW-Merkblatt zur Mehrwertsteuer-Erhöhung" heraus. Denn zum 1. April wird der Mehrwertsteuersatz von 15 auf 16 Prozent heraufgesetzt. Geplant war eigentlich eine "Gewöhnungsphase", offiziell Umstellungsfrist genannt, von sechs Monaten. Doch daraus wird aufgrund der "schwindsüchtigen Rentenversicherung" nichts, wie in dem Merkblatt nachzulesen ist:

Am 1. April 1998 erhöht sich die Mehrwertsteuer von 15 Prozent auf 16 Prozent. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz bleibt bei sieben Prozent. Er gilt für den Grundbedarf des täglichen Lebens, das heißt für Lebensmittel, Zeitungen, Bücher und so weiter. Noch auf der Delegiertenversammlung 1997 des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE) hatte Finanzminister Waigel zugesichert, daß die Umstellungsfrist mindestens sechs Monate betragen würde. Doch die schwindsüchtige Rentenversicherung zwang zu früherem Handeln und bringt den Einzelhandel damit in große Schwierigkeiten. Denn gegenüber privaten Endverbrauchern hat er die Preise einschließlich Mehrwertsteuer auszuzeichnen.

Im Klartext: Aus der Bruttohandelsspanne heraus muß die Mehrwertsteuer an den Fiskus abgeführt werden, die Spanne muß folglich größer werden.

Soweit Hersteller eine Verbraucherpreisempfehlung aussprechen, tragen sie weitgehend die Verantwortung für die Handelsspanne. Denn sie legen - unverbindlich - den Einzelpreis und - verbindlich - den Einkaufspreis fest.

Soweit Hersteller sich nicht bereit finden, neue Preisempfehlungen zu erarbeiten, muß die Handelsspanne um 0,75 Prozentpunkte erhöht werden, um einen vollen Ausgleich zu schaffen. Sollte die Preiserhöhung geringer ausfallen, reicht nominal eine geringere Spannenerhöhung. Doch darf nicht vergessen werden, daß mit steigenden Preisen die Chancen des Handels, diese Preise am Markt auch tatsächlich zu realisieren, immer weiter sinken und damit wiederum die erzielte Handelsspanne verkürzt. Und nicht zu vergessen: Wer immer teurere Produkte absetzen will, hat einen immer höheren Verkaufsaufwand, der durch die Nettospanne abgegolten werden muß.

Soweit der Handel seine Ware frei kalkuliert, trägt selbstverständlich er die Verantwortung für die Kalkulation neuer Preise. Gleiches gilt für Mittelstandsempfehlungen. Je nach Rabatt- oder Aufschlagssatz verändert sich die Berechnung. Je höher diese Sätze sind, desto geringer fällt der Aufschlag aus. Bei der Aufschlagkalkulation hochwertiger Produkte können es durchaus zusätzlich zwei Prozentpunkte oder mehr sein.

Bedeutung des Liefer- und Rechnungsdatums

Maßgeblich für die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist der Zeitpunkt, an dem der Umsatz getätigt wird. Im Einzelhandel ist es das Datum der Lieferung an den Kunden. Dies gilt unabhängig vom Datum des Vertragsabschlusses bzw. vom Datum der Bezahlung.

Für Bestellungen und Kaufverträge, bei denen die Lieferung erst nach dem 31. März 1998 erfolgt, gilt der erhöhte Steuersatz. Bei Vereinbarungen des Kaufpreises sollte schon heute für den voraussichtlichen Liefertermin der dann gültige Mehrwertsteuersatz vereinbart werden.

Wenn der Liefertermin nach dem 31. März 1998 liegt, gilt der neue Mehrwertsteuersatz. Dies trifft unabhängig davon zu, ob der Händler oder Lieferant des Händlers für eine Verzögerung verantwortlich ist. Läßt sich ein Termin nicht definitiv vorhersagen, sollte durch eine entsprechende Formulierung oder eine ausdrückliche Vereinbarung klargestellt werden, daß auch bei Lieferverzögerung bei Erfüllung des Kaufvertrages nach dem 31. März 1998 16 Prozent zu zahlen sind. Sollten in diesem Fall zwei verschiedene Endpreise (vor und nach dem Stichtag) genannt werden, liegt kein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung vor. Diese doppelte Preisangabe wird wettbewerbsrechtlich akzeptiert.

Anzahlungen und Vorabzahlungen

Wird eine Lieferung und Leistung bereits ganz oder teilweise vor dem 1. April 1998 mit 15 Prozent Mehrwertsteuer bezahlt, aber erst nach dem Stichtag erbracht oder abgeschlossen, muß eine entsprechende Nachbezahlung erfolgen. Analog zu Kaufverträgen ist der Zeitpunkt der Fertigstellung maßgeblich. Werden die vereinbarten Arbeiten vor dem 1. April 1998 abgeschlossen, gilt der Steuersatz von 15 Prozent. Dieser hat auch dann Gültigkeit, wenn er erst nach dem 31. März 1998 bezahlt wird. Erstrecken sich die Leistungen über den Stichtag hinweg und werden erst nach dem 31. März 1998 abgeschlossen, gilt für die gesamte Leistung der 16-prozentige Satz. Dies betrifft auch die Arbeit vor dem Stichtag. Für bereits geleistete Anzahlungen (mit 15 Prozent) werden entsprechende Nachzahlungen fällig.

Wenn der Händler nach dem Stichtag vom Kunden Ware zurücknimmt, die er vor dem 1. April 1998 geliefert hat, muß die bereits gebuchte Umsatzsteuer zum alten Satz von 15 Prozent korrigiert werden. Für die Ersatzlieferung nach dem Stichtag werden jedoch 16 Prozent fällig.

Generell stellt für das gewerbliche Geschäft die Mehrwertsteuererhöhung kein Problem dar, da der Endkunde die ausgewiesene Mehrwertsteuer in gleicher Höhe als Vorsteuer geltend machen kann. Schwierigkeiten wird es immer dort geben, wo es sich zwar um einen gewerblichen Kunden handelt, er aber nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Dies gilt für die öffentliche Hand, aber auch für zahlreiche Träger im sozialen Bereich, für kirchliche Organisationen und ähnliches. Da kommt der eine oder andere Händler unter Preisdruck, auch wenn es sich nicht um das typische Privatgeschäft handelt.

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