Micrografx mit neuer Produktstrategie

18.02.1999

UNTERSCHLEISSHEIM: Noch vor einem Jahr stand der Name Micrografx für Produkte wie Windows Draw, Designer oder Flow Charter. Als der Hersteller sich dann Mitte 98 völlig von seiner Consumerschiene verabschiedete, trauten nur wenige ihm den Umschwung vom Heimanwender zum Corporate-Kunden zu. Jetzt kommt Micrografx mit einer völlig neuen Produktstrategie."Die Zeiten in denen der reine Verkauf von Softwarepaketen Geld gebracht hat, sind endgültig vorbei. Das gilt für Hersteller sowie deren Partner gleichermaßen," bedauert Michael Benninga, Geschäftsführer der Micrografx GmbH in Unterschleißheim. Doch für den Hersteller von Grafiksoftware ist dies anscheinend weniger ein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Im Gegenteil: Mit dem Verkauf seines Vorzeige-Consumer-Produktes Windows Draw Mitte letzten Jahres hat der Hersteller sich zu neuen Ufern aufgemacht. Seitdem konzentriert sich Micrografx vorwiegend auf Corporate-Kunden. Benninga ist sich sicher, daß letztes Jahr der richtige Zeitpunkt für den Umstieg war:

"Nach Windows 95 waren alle Firmen damit beschäftigt, ihre Basisinstallationen, die Betriebssysteme, auf den neuesten Stand zu bringen. Das ist jetzt erledigt. Jetzt beginnen die Kunden, sich Gedanken um die Optimierung ihrer Applikationen zu machen". Die ersten Erfolge scheinen ihm recht zu geben, denn der Halbjahresumsatz des Grafikherstellers ist trotz fehlender Windows-Draw-Einnahmen um 26 Prozent gestiegen.

Mit der neuen Hauptzielgruppe muß der Hersteller jetzt auch sein Partnerkonzept neu überdenken. "Schon bei der Betreuung unserer Großkunden können wir nicht alles alleine machen," räumt Thomas Koehler ein. Er ist seit kurzem zuständig für den Micrografx-Channel in Deutschland.

"Wir brauchen qualifizierte Partner, die unsere neue Produktstrategie vermitteln können und das Know-how haben, den Kunden Lösungen auf Basis unserer Produkte anzubieten", erklärt der Channelmanager.

Und das, so scheint es, meint der Hersteller aus Unterschleißheim wörtlich. Denn die alten Softwarepakete wie Flow Charter, Optima oder Picture Publisher sind vollkommen in der neuen Strategie Igrafx aufgegangen. Lediglich der Designer taucht namentlich noch im neuen Portfolio auf. Binnen Jahresfrist werden die ehemaligen Einzelpakete samt Namen vollkommen aus den Regalen verschwinden. Das neue Produktsystem ist modular aufgebaut und soll die Bedürfnisse der Nutzer, egal ob Einsteiger, Profi oder Spezialist, individuell abdecken. (siehe Kasten). "Man kann unsere neuen Produkte nicht mehr mit den alten vergleichen. Die Graphics Suite zum Beispiel ist als solche nicht in Igrafx enthalten - die Funktionen wohl, aber nicht das Paket an sich", erklärt Koehler.

Mit dem neuen Konzept wird sich auch die Zusammenarbeit des Herstellers mit seinen Partnern ändern. Zwar bleibt das bereits bekannte, dreistufige Partnerkonzept bestehen. Doch für die Zukunft möchte Micrografx noch mehr mit System- und Softwarehäusern zusammen arbeiten. "Es gibt zwei Arten von Anbietern, die für uns interessant sind. Zum einen Softwarehäuser, die Igrafx als grafisches Front-End für die eigene Software nutzen. Und zum anderen Lösungsanbieter, die Igrafx in die DV-Struktur des Kunden einbauen", führt Koehler aus.

20 Prozent Marge sind drin

Um die für den Corporate-Markt nötige Qualität zu sichern, sucht Micrografx von Anfang an eine enge Zusammenarbeit mit den Partnern. Koehler: "Unsere Qualifizierung wird hart, aber ehrlich sein. Zu den Bedingungen des Herstellers gehören unter anderem regelmäßige Kontaktaufnahme seitens der Partner, Schulungsinteresse und eine Schutzgebühr.

Dafür soll mit Igrafx eine stattliche Marge für die Partner herausspringen. "Wir wissen nicht, was der Markt mit unseren empfohlenen Verkaufspreisen macht. Aber wir rechnen normalerweise mit einer Marge von mehr als 20 Prozent für die Wiederverkäufer", prophezeit Benninga. Außerdem bietet Micrografx "intensive Betreuung" und die Bereitstellung des nötigen Know-hows, zum Beispiel durch regelmäßige Händlerveranstaltungen. "Nach unseren Vorstellungen sollen die Händler dort nicht nur mit uns, sondern auch miteinander reden. So entstehen eventuell gemeinsame Projekte, die wieder Zusatzgeschäft für alle bedeuten", stellt sich Koehler die Zukunft vor.

Auch den Kontakt zum Endkunden wird Micrografx fördern. Benninga: "Wir kennen unsere Kunden genau und fragen in regelmäßigen Abständen nach, ob Bedarf da ist. Wenn ja, stellen wir den Kontakt zum geeigneten Partner her, und der macht das Geschäft." (gn)

Micrografx-Geschäftsführer Michael Benninga sieht keinen direkten Mitbewerber für das Igrafx-System.

Channelmanager Thomas Koehler will eine harte, aber ehrliche Qualifizierung.

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