Microsoft macht Jagd auf abtrünnige PC-Kunden

10.05.2001
Als "Pilotprojekt" hat Microsoft seinen Versuch klassifiziert, amerikanische Assemblierer mit Prämien zur Denunziation OS-unwilliger Kunden zu bewegen. Das unschöne Halali macht auf das grundsätzliche Problem der Lizenzierung des Software-Krösus aufmerksam.

Dass es amerikanische PC-Assemblierer gelegentlich wagen, PCs ohne vorinstalliertes Windows zu verkaufen, ist seit dem Antitrust-Prozess gegen Microsoft bekannt. Nur: In Redmond hält man davon nicht viel. Wie eine E-Mail (www.aaxnet.com/news/M010425.html) an kleinere und mittlere PC-Systembauer (sie ging aber auch an Compaq und Dell) beweist, versucht Microsoft, diese mit Geschenken dazu zu bewegen, Kunden, die sozusagen nackte PCs kaufen wollen, in Redmond zu melden. Außerdem mögen die Assemblierer doch bitte solche Kunden auf Windows-Kurs bringen. Die Geschenke sind je nach Menge der nackten PCs gestaffelt. Sie reichen von fünf Spielen über eine Uhr bis zu einem Grill nebst Stuhl für 1.000 gemeldete PCs aufwärts.

Dumm für Microsoft ist, dass dieMail öffentlich gemacht wurde. So hat sich das Unternehmen schon erste Kommentare eingefangen. Rob Enderle von der Giga Information Group, sagte richtig, die Aktion sei nicht gerade Imagefördernd. Empörtere Kommentare gibt es auch. Microsoft hingegen erklärte, bei der "Geschenk-Aktion" handle es sich um ein "Pilotprojekt", außerdem sei die Aktion "missverstanden" worden. Man ha- be lediglich Assemblierer warnen wollen, die glaubten, eine sogenannte Volumen-Linzenz für Windows reiche, um PCs mit neuer Windows-Software zu bespielen. "Eine solche Lizenz für neue PCs gibt es nicht", erklärt Microsoft unmissverständlich. Nur bei Upgrades könnten Assemblierer eine CD einsetzen. Ansonsten müsse jeder neue PC eine registrierte OEM-Version von Windows aufweisen.

Diese Erklärung schützt den Softwareriesen nicht vor dem Zorn der Kunden in den USA. Denn diese gehen davon aus, gleich zweimal für Windows zahlen zu müssen: Einmal für das vorinstallierte Betriebssystem auf dem neuen Rechner, ein zweites Mal, wenn sie einen Lizenzvertrag mit Microsoft abschließen. Diese Ansicht teilt man in Redmond nicht: "Der Kunde zahlt nur einmal", so Microsoft. Mit der Aktion wolle man aber sehr wohl der illegalen, nachträglichen Installation einen Riegel vorschieben, indem die Menge nackter PCs registriert werden könne.

Branchenkenner werten die Aktion denn auch als Auftakt der Redmonder, Assemblierern die kommenden Betriebssysteme XP und Office XP mit ihrer rigiden Registrationspflicht (siehe ComputerPartner online vom 07.02.2001) schmackhaft zu machen - oder aber ihnen jetzt schon zu demonstrieren, mit welchen Mittel der Software-Riese gegen vermeintliche und wirkliche Software-Piraten vorgehen werde. "Helfen Sie uns bitte dabei, dass wirklich jeder PC ein lizenziertes und legales Betriebssystem aufweist", schreibt Microsoft in seinem Brief mit kreideweichem Ton. Wohl bekomms!

www.microsoft.com

ComputerPartner-Meinung:

Microsofts Probleme mit der OS-Neu-Lizenzierung sind bekannt. Verschiedene Versionen - Select, Enterprise und die billige OEM-Version für Updates - kursieren und laden zur freien Interpretation der Lizenzen ein. Doch Microsoft, statt endlich zu klären, wer welche Version wie einsetzen kann, setzt auf das Eigentor Denunziation. So werden Kunden kriminalisiert; das Problem jedoch bleibt ungelöst. Eine klare und nachvollziehbare Lizenzierung tut Not, statt dem wenig feinen Stochern in den Briefkästen von Assemblierern. (wl)

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