Microsoft-Partner schließen funktionale Lücken in MS-CRM

06.11.2003
Auf der Systems wagte sich Microsoft zum ersten Mal mit einer deutschen Beta-Version seiner CRM-Lösung an die Öffentlichkeit. ComputerPartner zeigt kurz vor dem geplanten Produkt-Launch, welche Erwartungen ihrer Vertriebspartner die Redmonder erfüllen und welche nicht. Von ComputerPartner-Redakteur Eberhard Heins

Nur zwei Prozent der kleinen und 20 Prozent der mittelständischen Unternehmen setzen laut Marktforscher Gartner Software für das Management ihrer Kundenkontakte ein. Von dem riesigen Marktpotenzial möchte sich Microsoft ab 1. Dezember auch in Deutschland eine dicke Scheibe abschneiden. Schenkt man Gartner Glauben, wird das auch gelingen: Bis zum Jahr 2005 gehören die Redmonder nach Einschätzung der Marktauguren zu den fünf Top-Herstellern von CRM-Software.

Launch-Termin liegt im Zeitplan

Doch bis dahin muss der Software-Gigant noch ein paar Hürden überspringen. Das erste Hindernis, den Launch-Termin, scheint Microsoft zu nehmen: "Wir stehen zum 1. Dezember", bekräftigte Eduard Dell, Produktmanager CRM bei Microsoft, auf der diesjährigen Systems.

Auch das Problem "Generated Unique Identifier (GUID)", das bei amerikanischen Anwendern für Unmut sorgte, haben die Redmonder beseitigt. Der aus zehn Ziffern bestehende Code stand in der Betreff-Zeile von E-Mails, um diese im CRM-System den entsprechenden Kunden oder Geschäftsgelegenheiten zuzuordnen. Empfänger der Mail konnten aufgrund des Schlüssels in der Subject-Line annehmen, es handle sich um eine Spam- oder Serien-Mail, und diese ungeöffnet löschen. "Das ist kein Thema mehr", betont Dell. Die Ziffernreihe habe Microsoft mit Hilfe eines Service-Pack entfernt.

Bei der CRM-Funktionalität hinkt der Software-Riese den etablierten Herstellern dagegen noch hinterher. Die in Deutschland zum Lauch anstehende Version 1.2 lässt vor allem noch Marketing-Features vermissen. "Das ist nicht der Bereich mit der größten Funktionsbreite", räumt Dell ein. Und das wird er auch bleiben: Ein Kampagnenmanagement gibt es auch in der Version 1.2 nicht."Über unsere Partner bieten wir aber diese Funktion an", berichtet der Microsoft-Manager. Ein dänischer Händler, der frühzeitig mit der Entwicklungsabteilung in Redmond gearbeitet habe, habe Kooperationen mit deutschen Wiederverkäufern geschlossen. Zumindest bis zum vierten Quartal 2004 können diese damit Geld verdienen. Dann soll voraussichtlich das Release 2.2 von MS-CRM verfügbar sein, das ebenfalls ein Kampagnenmanagement enthält. Wann diese Version in Deutschland verfügbar sein soll, wollte Dell nicht bekannt geben: "Dafür sind wir noch zu weit weg."

Service-Funktionalität gliedert Microsoft laut dem Produktmanager in zwei Bereiche. Support, der Beschwerdemanagement oder einen Helpdesk umfasst, und technischer Kundendienst, wo es darum geht, Verfügbarkeit von Ersatzteilen darzustellen oder Einsätze zu planen. Letzteres bietet Microsoft selbst nicht an.

Microsoft-Partner tritt mit CRM-Hosting an

Auch CRM im Hosting-Betrieb steht noch aus. Der Big Bang am 1. Dezember soll deshalb für den Apertum-Händler Unidienst ebenfalls ein großes Ereignis werden. "Wir bieten MS-CRM im ASP-Modell an", erklärt Bert Enzinger, Geschäftsführer bei Unidienst. Der Microsoft-Beta-Partner für die Software zur Pflege von Kundenbeziehungen habe eine ASP-Lösung bereits im Projektbetrieb laufen. Die Preise pro Monat und Anwender sollen in etwa dem entsprechen, was die Wettbewerber in diesem Geschäft für ihr Angebot verlangen.

Auch Helmuth Gümbel, Senior Research Director bei Strategy Partners, steht dem ASP-Modell für das mittlere Marktsegment positiv gegenüber: "IT gehört nicht zur Kernkompetenz des Mittelstands." Diese Klientel benötige eine funktionierende und günstige Anwendung. Allerdings müsste es auch möglich sein, den Provider zu wechseln.

Microsoft selbst hält sich aber noch bedeckt, ob man mit einem Hosting-Angebot in Deutschland den bereits etablierten Anbietern Paroli bieten wolle. "Zum Produkt-Lauch bieten wir noch kein Mietmodell an", erklärt Dell. In den USA, wo die CRM-Lösung schon länger verkauft wird, kooperieren die Redmonder bereits mit ihrem Partner Surebridge im ASP-Geschäft. Es handle sich laut Dell um ein sehr interessantes Modell, doch gerade im Mittelstand gebe es noch Ressentiments, sensible Daten aus dem Haus zu geben. Die Entscheidung für den deutschen Markt werde Microsoft im Dialog mit seinen Partnern fällen.

Allzu viel Zeit haben die Redmonder jedoch nicht. Der Web-Services-Anbieter Salesforce.com agiert bereits erfolgreich mit einem CRM-Hosting-Angebot auf dem hiesigen Markt, und zusammen mit IBM will Siebel den Softwaredienst "CRM on Demand" starten.

Biztalk-Server ermöglicht Prozessmodulation

Microsoft-Partner schließen die Lücken von MS-CRM. Der Source Code des Anwendungspakets bleibt aber in der alleinigen Obhut des Software-Giganten: "Wir halten den Kernel dadurch immer Upgrade-fähig", begründet Dell die Entscheindung. Die Redmonder bieten ihren Partnern Tools, um die bestehenden Features wie Masken anzupassen. Neue Funktionen, beispielsweise eine Reiseabrechnung, entwickeln Partner dagegen mit Visual Studio Dotnet außerhalb des Kernels. Dafür bieten die Redmonder ein Software Developer Kit (SDK) an, das dokumentierte APIs (Application Programing Interfaces) umfasst. Solange sich der Partner an diese APIs halte, garantiere Microsoft eine Upgrade-Fähigkeit der Partner-Module.

Neben Marketing-Funktionalität binden Partner beispielsweise auch CTI (Computer Telephony Integration) in MS-CRM ein. "Das sehe ich mittelfristig als klares Partnergeschäft", betont Dell. Kontakte bestünden bereits mit Siemens Business Services oder Adlon. An Schnittstellen zu den Softwarepaketen "Axapta" und "Navison" der Business Solutions arbeite Microsoft.

Die ERP-Pakete sollen über APIs oder den Biztalk-Server angebunden werden. Die Partner-Edition des Integrations-Servers mit vier Ports liefert Microsoft mit der Professional-Version von MS-CRM kostenlos aus.

SBS-Server bildet Plattform für unteres Marktsegment

Der Weg über den Biztalk-Server ist in der Regel immer dann der bessere, wenn eine komplexere Integration bewältigt werden muss. Das ist dann der Fall, wenn Prozesse, beispielsweise für den Belegfluss, modelliert werden sollen. Werden dagegen nur Daten ausgetauscht, wie Debitoren mit den Adressinformationen, lässt sich das einfacher über APIs bewerkstelligen. Exklusivität gewährt Microsoft seinen Partnern aber weder für von ihnen entwickelte Zusatzmodule noch für Branchenlösungen. "Wir regulieren nicht den Markt", betont Dell.

Anwendung und Partnermodule sind das eine, Infrastruktur-Technologie das andere. Der Fokus für das erstmalig in Deutschland verfügbare Release 1.2 von MS-CRM lag laut Dell beim Update auf aktueller Infrastrukturtechnologie wie Windows und Exchange 2003. Nicht ohne Grund, denn vor allem kleine Unternehmen sollen den Small Business Server (SBS) als Plattform für MS-CRM nutzen. Da passt es auch ganz gut, dass Microsoft den Launch des SBS auf Anfang Dezember verschoben hat (siehe ComputerPartner 44/03, Seite 13). Das Server-Bundle umfasst in der Standard-Editon die Vollversionen "Windows Server 2003" und "Exchange 2003" sowie "Frontpage" und "Outlook", die Premium-Edition enthält noch "SQL 2000" und "ISA 2000".

Infrastruktur und Applikation miteinander verzahnt

Die Preise in den USA betragen 599 und 1.499 Dollar. Die Lizenzierung erfolgt per User oder per Device. Beide Versionen enthalten bereits fünf CALs (Client Access License). Die Zahl möglicher Clients, die den Server nutzen können, begrenzte Microsoft auf 75.

Um kleineren Unternehmen ein Paket zu schnüren, mit dem diese schnell und kostengünstig in das Customer-Relationship-Management einsteigen können, arbeitet Microsoft an kombinierten Angeboten, die aus der Anwendung MS-CRM und dem Server-Bundle SBS bestehen. "Die beiden Produkte passen hervorragend zusammen", betont Dell. Kombinierte Angebote entsprächen auch der Microsoft-Vision, Infrastruktur und Anwendung miteinander zu verzahnen. Mittelständische Unternehmen müssten so nicht mehr komplexe Integrationsaufwendungen bewerkstelligen.

Meinung des Redakteurs

Microsoft-Partner decken die funktionalen Mängel der CRM-Software aus Redmond ab. Wollen sie langfristig am CRM-Geschäft teilhaben, müssen sie dem Software-Riesen aber einen Schritt voraus sein, denn die Gates-Company wird nach und nach fehlende Features in die Standardfunktionalität von MS-CRM integrieren. Das SDK ermöglicht Partnern auch, die Software an branchenspezifische Bedürfnisse anzupassen. Ein Modell, das die ehemalige Navision mit ihrer ERP-Software erfolgreich praktizierte und das von der Business Solution fortgeführt wird.

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