Microsofts Lizenzmodell wenig Anklang bei Kunden

30.05.2002
Weniger Kunden, als Microsoft geplant hatte, können sich für License 6.0 erwärmen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es alle zukünftigen Updates nur noch mit neuen Lizenzen und im Abonnement gibt.

Laut Studien von Gartner und Giga will rund ein Drittel aller Microsoft-Kunden keine neuen Lizenzverträge unterschreiben, weitere 33 Prozent sind noch immer unentschlossen. Diese Zahlen will Wolfgang Ebermann, Vertriebsleiter Mittelstand bei Microsoft, allerdings nicht bestätigen. "In Deutschland sind von den bestehenden Kunden bereits knapp 50 Prozent in das neue Modell eingestiegen, und die Übergangsphase läuft noch zwei Monate", so seine Aussage. Vor knapp einem Jahr startete Microsoft sein neues Software-Lizenzmodell. Heftige Proteste von Anwendern, die sich über den Tisch gezogen fühlten, waren die ersten Folgen (siehe ComputerPartner 40/01, Seite 12). Daraufhin modifizierte der Konzern die Bedingungen. Beispielsweise hat der Hersteller die Anzahl der Lizenzen, die zum Einstieg in die "Enterprise Agreement Subscription License" berechtigen, also die Volumenlizenzprogramme für Großkunden, von 500 auf 250 gesenkt. Außerdem verschob Microsoft bereits drei mal die Deadline für den kostengünstigen Übergang zu den neuen Lizenzbedingungen, genannt "Upgrade Advantage". Mit diesem Angebot ermöglicht Microsoft seinen Kunden, auf die aktuelle Version eines Produktes umzusteigen, unabhängig davon, welches bisher im Einsatz war. Außerdem bereits darin enthalten ist die so genannte "Software Assurance", also das Recht auf kostenlose Updates in den nächsten zwei Jahren. In Zukunft sind nur noch Kunden, die diese Versicherung abgeschlossen haben, berechtigt, Updates zu beziehen. Alle anderen müssen bei einem Produkt-Update ihre Lizenzen neu kaufen, falls sie die neueste Software einsetzen möchten. Am 31. Juli 2002 endet jetzt endgültig die Möglichkeit, mit Upgrade Advantage billig in License 6.0 einzusteigen.

Unternehmen, die bis zu diesem Tag keine neuen Lizenzverträge abgeschlossen haben, zahlen unter Umständen in den nächsten drei bis fünf Jahren drauf. Trotzdem scheint es, als ob viele Kunden davon noch nichts mitbekommen haben und diese Frist einfach tatenlos verstreichen lassen. Doch eigentlich sollte sich Microsoft über diese "Kopf-in-den-Sand"-Taktik nicht wundern. Denn obwohl das neue Lizenzmodell im Oktober 2001 unter dem Motto: "einfacher, transparenter, flexibler" an den Start ging, scheint es doch recht kompliziert zu sein. So kompliziert nämlich, dass Microsoft meint, für ein eintägiges Update-Lizenzierungstraining (zum günstigen Sommer-Special-Preis) stolze 99 Euro zuzüglich Mehrwertsteurer von seinen Partnern verlangen zu müssen.

Rätselraten ist angesagt

Die Antipathie der Kunden gegen License 6.0 rührt nicht allein aus der Komplexität des Programms. Für viele lohnt es sich wohl nicht. Für wen es sich lohnt, ist wiederum fraglich. Wer sich noch nie für die neuesten Updates interessierte und dies auch nicht für die Zukunft plant, könnte durchaus auf neue Lizenzverträge verzichten. Doch leider lässt sich diese Lösung nicht pauschal auf jedes Unternehmen übertragen. Um herauszufinden, wer spart oder draufzahlt, bedarf es einer genauen Analyse, hier sind die (teuer geschulten) Partner gefragt. Für die richtige Entscheidung muss geklärt sein, wie viele PCs und wie viele Lizenzen im Einsatz sind, welcher Mitarbeiter in Zukunft welche Programme benötigt und in welchen Zeiträumen neue Versionen angeschafft werden sollen. In dem daraufhin erstellten Plan sind allerdings noch viele Unsicherheitsfaktoren enthalten, wie beispielsweise die Kenntnis über die zukünftige Mitarbeiterzahl und die Erscheinungstermine neuer Software.

Wer sich nach dieser Analyse immer noch nicht für License 6.0 erwärmen kann, darf durchaus mit einem Gespräch mit Anbietern rechnen, wie dies bei einem Krankenhaus im Rheinland passierte. Dem dortigen EDV-Leiter bot ein Anrufer, der sich als Microsoft-Mitarbeiter vorstellte, XP-Lizenzen mit hohen Rabatten an, da sie direkt vom Hersteller vertrieben werden sollten. Als der Krankenhaus-Mitarbeiter auf seinen zufällig anwesenden Haus- und Hof-Lieferanten verwies, beendete der Anrufer wohl recht schnell das Telefonat. Die Stellungnahme von Microsoft Vertriebsleiter Ebermann hierzu: "Wir rufen Firmenkunden an, das ist richtig. Aber wir verweisen bei Interesse an den Handelspartner. Wir machen kein Direktgeschäft."

www.microsoft.com

ComputerPartner-Meinung:

Ob Microsoft seinen Kunden mit License 6.0 ein gutes oder schlechtes Angebot unterbreitet, lässt sich pauschal nicht sagen. Wie bei allen veränderte Lizenz-modellen gibt es Unternehmen, die profitieren und welche die draufzahlen. Das liegt aber nicht ausschließlich am Modell, sondern hängt auch davon ab, wie gut der Kunde rechnen kann. (ce)

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