Microsofts Weg zum Lösungsanbieter führt über die Partner

25.07.2002
Im abgelaufenen Geschäftsjahr steigerte Microsoft seinen Umsatz trotz Flaute in sämtlichen IT-Bereichen um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 28,37 Milliarden Dollar. Der Softwarehersteller will auch in Zukunft im Desktop-Bereich weiter wachsen. Langfristig plant Microsoft jedoch, sich als Lösungsanbieter zu etablieren. Dieses Ziel erklärte der Softwaregigant seinen Partnern auf der Fusion 2002 in Los Angeles.

Da der Konzern auch weiterhin allein auf den indirekten Kanal setzt, soll die Umsetzung der Lösungsstrategie über die Partner erfolgen. Microsofts Investition in seine Partner-Community beträgt für die kommenden Jahre rund 500 Millionen Dollar. Vor allem der Geschäftsbereich "Business Solutions" soll damit aufgebaut werden. Dazu zählt Microsoft Applikationen und Technologien, die auf dem Dotnet-Framework aufgebaut sind, darunter Enterprise-Ressource-Planing-, Customer-Relationship-Management-, Supply-Chain-Management- und Business-Intelligence-Lösungen. Als Kunden will der Konzern die kleinen und mittelständischen Unternehmen mit bis zu 500 PCs adressieren.

Ein Teil der Microsoft-Partnergemeinde, die ISVs (Independent Software Vendors), ist aufgefordert, die von Microsoft entwickelten Standardlösungen an spezifische Branchenbedürfnisse anzupassen. Auf diesem Weg sollen zu 80 Prozent vorkonfigurierte Pakete entstehen, die wiederum von denSales-Partnern vertrieben werden. Die ISVs sollen also die grobe Vorarbeit leisten, während die Channel-Partner die kundennahe Anpassung übernehmen. Auf diese Weise erhalten die ISV-Partner durch den Microsoft-Channel einen Verkaufskanal für ihre erweiterten Produkte. Die Sales-Partner können und sollen sich zu Lösungsanbietern entwickeln. Allerdings müssen sie erst einmal in Trainings und Zertifizierungen investieren. "Standardprodukte passen einfach nicht zu den Wünschen und Problemen von kleinen und mittelständischen Unternehmen", sagte Doug Burgum, Senior Vice President von Microsoft und President des Bereichs Business Solutions, "die Aufgabe der Partner soll es sein, die Produkte passend zu machen".

Sieben strategische Geschäftsfelder

Zum Geschäftsfeld Business Solu-tions zählen die vor rund einem Jahr für 1,1 Milliarden Dollar erworbene Great Plains und der erst kürzlich gekaufte dänische ERP-Hersteller Navision, für den Microsoft 1,4 Milliarden Dollar bezahlte. Ebenso fällt das Business-Portal B-Central in diesen Geschäftsbereich. Neben Business Solutions definiert Microsoft sechs weitere strategische Geschäftsfelder. Diese heißen: "Windows Client", "Knowledge Worker", "Servers & Tools", "Windows CE & Mobility", "MSN" sowie "Home & Entertainment". In den Mittelpunkt aller Geschäftsfelder stellt Microsoft seine Partner und Kunden. Selbstkritisch gibt der Konzern zu, in der Vergangenheit zu technologielastig und featureverliebt gewesen zu sein und die Wünsche der Anwender aus den Augen verloren zu haben. Zukünftig will Microsoft mehr Wert auf die Kommunikation mit Partnern legen, um herauszufinden, was am Markt gefragt ist, um dann entsprechend darauf reagieren zu können. "Wir verfügen über einen hochprofessionellen Kontakt zu unseren Kunden und zwar über unsere Partner", verkündete der Microsoft-Chef Steve Ballmer. "Der Erfolg unserer Gesellschaft baut auf dem Erfolg unserer Partner auf", so Ballmer weiter. Um diese Beziehung weiter zu pflegen, kündigte Orlando Ayala, Group Vice President World-wide Sales, Marketing and Services, an, 400 neue Mitarbeiter einzustellen, die sich ausschließlich um die Partner-Infrastruktur kümmern sollen.

Dialog mit den Partnern wiederfinden und fördern

Was die Beziehung zu den Partnern betrifft, stimmte Ayala in den Kanon aller anderen Vizepräsidenten Microsofts ein: "Wir haben den Dialog zu den Partnern verloren." In jüngster Vergangenheit hatte es offenbar einige Kommunikationsprobleme gegeben. Jetzt soll ein neuer Ansatz helfen, zukünftig besser auf die Partner einzugehen, beispielsweise durch den Aufbau eines Clubs. Wer sich dort anmeldet, erhält einiges an Unterstützung und Vergünstigungen sowie zusätzliche Boni ab bestimmten Umsät-zen. Des Weiteren sollen die Ziele von Microsoft Consulting Services (MCS) neu definiert werden. Auch hier räumt Microsoft ein, Fehler begangen zu haben. Ein amerikanischer Partner beschwerte sich beispielsweise, dass die MCS allzu penetrant in seinen Gewässern fischen würde. Auch deutsche Partner sind von MCS wenig begeistert, da Microsoft über diese Gruppe wie ein Direktanbieter agiert. "Die MCS stellt für uns keine Opportunität für Wachstum dar", erklärt hierzu Wolfgang Ebermann, Direktor Mittelstand und Mitglied der deutschen Microsoft-Geschäftsleitung. "Wir sind eine Software-Company und sehen unser Wachstum im Softwarebereich", so Ebermann weiter. Die MCS sollte dem Konzern bisher sozusagen als "Ohr zum Markt" dienen und wird nach Aussage Microsofts jetzt verstärkt als Wegbereiter für die Partner eingesetzt.

Dotnet Server noch dieses Jahr auf dem Markt

Neben den neuen Strategien und Zukunftsplänen brachte Microsoft auch einige neue Produkte mit zu seiner Partnerveranstaltung. Ein erstes Programm, das in die Richtung des neuen Microsoft-Wunsches nach mehr Kundenzufriedenheit weist, ist das neue "Office 11", das Mitte nächsten Jahres auf den Markt kommen soll. Die Software zähle jetzt zum Geschäftsbereich Knowledge-Worker und soll nicht nur eine neue Version der allseits bekannten Bürosuite sein. Office 11 soll allen Menschen, die in ihrer täglichen Arbeit mit Informationstechnologie in Berührung kommen, den Alltag erleichtern. Jeff Raikes, Vice President, Productivity and Business Services bei Microsoft, der das Programm vorstellte, rechnet auch alle Berufe, die sich selbst nicht in den Kreis der Knowledge-Worker zählen würden, zu dieser Gruppe, also beispielsweise auch Piloten und Krankenschwes-tern. Dieses Gedankenspiel erhöht natürlich den potenziellen Kundenkreis für Office 11.

Daneben zeigte Raikes Microsofts endlich wahr gewordene Vision des Tablett-PCs. Das Gerät stammt von Acer, sieht aus wie ein handelsübliches Notebook und ist faktisch auch ein voll funktionsfähiger Business-PC. Allerdings lässt sich der Bildschirm im aufgeklappten Zustand um 180 Grad drehen und auf die Tastatur klappen. Das so entstandene Tablett kann jetzt im wahrsten Sinne des Wortes als Schreibblock verwendet werden. Raikes sprach davon, "Bildschirm und Papier zu kombinieren". Tatsächlich lässt sich auf dem Display mit einem elektromagnetischen Stift schreiben wie auf Papier. Die Software verfügt über alle Möglichkeiten von Windows XP sowie zusätzliche Features, beispielsweise um Handschriften zu erkennen. Ein Knopf an dem mitgelieferten Stift ersetzt die rechte Maustaste. Ansonsten lässt sich alles über den Touchscreen erledigen.

Als weitere Neuigkeit kündigte Bill Veghte, Corporate Vice President der Windows Dotnet Server Group, an, Windows Dotnet Server noch in diesem Jahr auszuliefern. "Dieser Server ist das am besten auf die Kundenwünsche abgestimmte Produkt, das Microsoft jemals entwickelte, und eine gute Plattform für Wireless-Anwendungen", versprach Veghte. Der 2000er-Nachfolger besitzt die zweifache Performance seines Vorgängers und ist für Webservices optimiert. Lesen sie dazu auch unseren Kommentar auf Seite 8. (ce)

www.microsoft.de

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