Mit freundlichen Grüßen

16.09.1999

Star Division GmbH Geschäftsführung

Herrn Marco Börries

Sachsenfeld 4

20097 Hamburg

München, 13.09.1999

Sehr geehrter Herr Börries,

eins vorweg: Ich habe allerhöchsten Respekt vor dem, was Sie mit Ihrem Unternehmen Star Division in den letzten Jahren aufgebaut haben. Und daß die "Wirtschaftswoche" Sie im April letzten Jahres als Vertreter jener heranwachsenden "Generation von Milliardären" gefeiert hat, "die in die Fußstapfen der Quandts, Oetkers

und Mohns tritt", kann ich auch nachvollziehen.

Jetzt, nach dem Verkauf Ihres Unternehmens an Sun, stellt sich die Lage allerdings etwas anders dar. Der Unternehmer Börries ist kein Unternehmer mehr, sondern Angestellter der Sun Micrososystems Inc. in Palo Alto. Ob man dies als "Aufstieg des deutschen Software-Unternehmers Marco Börries" bezeichnen kann, wie der "Spiegel" dies in seiner vorletzten Ausgabe tat, darüber darf man sicher geteilter Meinung sein.

So verständlich der Verkauf Ihres Unternehmens ist, er ist aber auch eines: das Eingeständnis der eigenen Niederlage. Wer sich hohe Ziele setzt, muß sich gefallen lassen, daß er daran gemessen wird. Und hoch, sehr hoch waren Ihre Ziele, und weit haben Sie sich in den vergangenen Jahren aus dem Fenster gelehnt. Schon Anfang 1997 meldeten Sie den Anspruch von Star Division an: Sie wollten nicht weniger als "den Weltmarkt erobern" (siehe ComputerPartner 8/97, Seite 20) und "einer der führenden Softwarehersteller der Welt" werden (ComputerPartner 4/97, Seite 138). Das Nachrichtenmagazin "Focus" zitiert Sie Mitte 1997 mit der Aussage, daß Star Division "weltweit eine echte Alternative zu Microsoft" sei und Ihre Bürosoftware "Star Office" einen weltweiten Marktanteil von "mindestens 25 Prozent" erreichen werde.

Auch der Börsengang an die amerikanische Nasdaq, den Sie bereits für Anfang letzten Jahres geplant hatten, kam nie zustande. Und die Verdreifachung der Mitarbeiterzahl auf 600 Angestellte, die Sie dem "Lufthansa-Magazin" im letzten Jahr versprochen hatten, war ja auch nicht mehr als ein frommer Wunsch. Und der Umsatz? Seit Jahren schwirrt die Zahl von 100 Millionen durch den Raum, mal in Mark, mal in Dollar. Sicher ist nur, daß Sie bereits 1997 diese Marke überspringen wollten. Ob Sie es inzwischen geschafft haben, das wissen nur die Götter und Sie selbst. Aber 100 Millionen - was ist das im Vergleich zu Microsoft, Ihrem Intimfeind?

Es ist nun einmal so: Star Division ist immer der kleine David geblieben, doch im Gegensatz zur biblischen Geschichte war es in diesem Fall immer nur ein schöner Traum, den übergroßen Goliath zu bezwingen oder ihn wenigstens zu dort zu treffen, wo es weh tut.

Offenkundig haben Sie nun eingesehen, daß Sie keine Vision, sondern eine Utopie verfolgten, und haben daraus die Konsequenz gezogen. Auch das ist nichts Ehrenrühriges. In einem ComputerPartner-Interview sagten Sie 1997, Ihr größtes Glück sei die "Gabe, den Markt analytisch richtig einzuschätzen". Der Verkauf von Star Division an Sun ist wohl das Ergebnis Ihrer Analyse. Für das Unternehmen Star Division ist es vermutlich sogar das beste. Anlaß zum Feiern aber besteht nicht. Ich zumindest hätte es Ihnen gegönnt und dem Markt gewünscht, daß Sie Ihre urprünglichen Ziele erreicht hätten.

Jetzt bin ich gespannt, wie sich der ehemalige Unternehmer Marco Börries, der immer sein eigener Chef war und, wie man hört, sehr impulsiv, kompromißlos und bestimmend das Unternehmen geführt hatte, als angestellter Manager in die Organisationsstrukturen eines internationalen Großkonzerns einfügen wird. Da kann man nur sagen: Good luck!

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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