Mit freundlichen Grüßen ...

29.04.1999

Hancke & Peter IT Service AGVorstand

Herrn Sascha Hancke

Charlottenburger Allee 7

52068 Aachen

München, 26.04.1999

Sehr geehrter Herr Hancke,

der Rausschmiß oder der Rücktritt von Compaq-Boß Eckhardt Pfeiffer war eine echte Sensation. Eine Sensation ist ebenfalls, daß es ComputerPartner gelungen ist, ein Foto der entscheidenden Sitzung von Pfeiffer und Compaq-Aufsichtratschef Ben Rosen zu bekommen. Auf diesem einmaligen Zeitdokument sehen Sie Eckhardt Pfeiffer (Mitte) bei seinem Versuch, den Druck aus der angespannten Atmosphäre zu nehmen (was ihm, wie wir wissen, nur ansatzweise gelungen ist). Ja, so kennen wir Herrn Pfeiffer: immer lustig, immer locker drauf, einfach ein Mann mit jener philosophischen Gelassenheit, die wirklich erfolgreiche Männer auszeichnet. Doch jetzt ist Schluß mit lustig.

Am Ende war Pfeiffer an einem Punkt angelangt, an dem er tun konnte, was er wollte: Es war auf jeden Fall falsch. Zumindest in den Augen von Rosen. Einen Plan, wie es weitergehen soll, hat der Compaq-Aufseher offenkundig zwar auch nicht. Aber daß es so nicht weitergehen kann, steht für ihn fest. Daß Rosen seinen Chef-Cowboy in die texanische Wüste schickt, ohne einen Nachfolger, geschweige denn ein Konzept parat zu haben, ist vor allem dies: ein Zeichen der Hilflosigkeit.

Der Rausschmiß von Pfeiffer spiegelt die Orientierungslosigkeit wider, unter der die Computerindustrie derzeit leidet. Der Grund liegt darin, daß sie den Blick fürs Wesentliche verloren hat. Anstatt sich auf ihre Kernkompetenz - die Produktion von Waren - zu konzentrieren, doktern die Hersteller hektisch und mehr oder weniger dilettantisch an ihren Vertriebskonzepten herum. Vor lauter E-Commerce- und Direktvertriebs-Phantasien kriegen sie das Tages-geschäft nicht in den Griff. Sie machen im Vertrieb immer neue Baustellen auf, obwohl die Fenster in dem bestehenden Gebäude noch nicht einmal eingesetzt sind und es an allen Ecken und Enden zieht. Sie wären klug beraten, wenn sie ihre Energie darauf konzentrieren würden, erst einmal das vorhandene Vertriebskonzept in der Praxis zur Perfektion zu entwickeln, anstatt durch Experimente das bisher Erreichte leichtfertig zu gefährden. Wieviel mehr Geschäft könnten die Hersteller machen, wenn sie ihre Vertriebspartner so beliefern und unterstützen würden, wie sie es ihnen auf den Fachhandelsver-anstaltungen und in Hochglanzbroschüren immer versprechen?

Pfeiffer ist vom Pferd gefallen, doch die Karawane zieht weiter. Nur der Kompaß zur Richtungsbestimmung, der liegt irgendwo in der kargen texanischen Prärie unter einem Busch begraben.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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