ComputerPartner
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Gravis Beteiligungs AG
Vorstand
Herrn Archibald Horlitz
Carnotstraße 6
10587 Berlin
München, 02.10.2000
Sehr geehrter Herr Horlitz,
am Freitag vergangener Woche rief ein Redakteur der "Bild am Sonntag" (BamS) bei uns an. Der Kollege aus Hamburg saß an einer Story über Apple und wollte von uns wissen, was die Apple-Händler in Deutschland zu dem Absturz des Apple-Aktienkurses sagen. Tja, was sollen sie sagen? Unser Apple-Spezialist Wolfgang Leierseder machte dem BamS-Mann klar, dass die meisten Apple-Vertriebspartner in Deutschland zum Aktienkurs ihres Computerbauers eine ganz entspannte Haltung haben. "Who cares?" Zu deutsch: Interessiert mich nicht. Es sei denn, der Händler hält selbst ein paar Apple-Aktien, dann kümmert es ihn natürlich schon. In Panik verfallen wird er deshalb aber auch nicht: Apple-Aktionäre sind Kummer gewohnt. Apple-Händler sowieso.
Was die Händler an ihrem Partner aus der Industrie vor allem interessiert, ist etwas völlig anderes. Das zeigt überdeutlich die Befragung, die wir im Rahmen unseres Projektes "Channel Champions" durchgeführt haben. Zuverlässigkeit, unkomplizierter Umgang, schnelle Informationspolitik, klare Vertriebsstrategie: Das und noch einiges mehr ist es, was die Händler an ihren Industriepartnern interessiert. Und natürlich die Frage, ob der jeweilige Hersteller wettbewerbsfähige Produkte anbieten kann. Bei diesen Kriterien geben die Händler in Deutschland Apple recht ordentliche Noten (nachzulesen in ComputerPartner 32/00, Seite 32). Der Aktienkurs? Er ist abgeschmiert, na und?
Die BamS hat dann am vergangenen Sonntag auch einen großen Artikel über Apple gebracht (Schlagzeile: "Apple - wie tief ist der Wurm drin? Computer-Legende kämpft ums Überleben."), und Kollege Leierseder wird auch zitiert. Wenn man diesen Beitrag liest (und die Artikel in anderen Zeitungen klingen ähnlich), dann muss man schon wieder um die Zukunft, um die Existenz von Apple bangen. Die deutschen Händler, abgehärtet wie sie sind, bleiben dagegen cool. Bei unserer Händlerbefragung landete Apple beim Kriterium "Ist der Hersteller für die Zukunft gut gerüstet?" immerhin auf Platz fünf - noch vor Compaq, Dell und Fujitsu Siemens. Jetzt frage ich Sie, sehr geehrter Herr Horlitz, was Sie als größter Apple-Vertriebspartner in Deutschland zum Thema Apple sagen. Muss man sich schon wieder Sorgen machen?
Nun gibt es allerdings jemanden, der den Aktienkurs von Apple immer mit einem Auge beobachtet: Microsoft-Chef Bill Gates. Allerdings bin ich nicht sicher, ob Gates sich über den aktuellen Kurssturz der Apple-Aktie und die negativen Schlagzeilen gefreut oder geärgert hat. Denn einerseits ist Apple natürlich ein Konkurrent von Microsoft, andererseits ist Microsoft an Apple beteiligt.
Die Firma Gravis hat mit Microsoft ja nicht so viel zu tun. Ist momentan vielleicht auch besser für Sie. Denn Microsoft ist am letzten Wochenende umgezogen. Nicht weit weg, nur von Unterschleißheim nach Unterschleißheim. Aber immerhin: Sage und schreibe 35.000 Umzugskartons mussten von A nach B geschafft werden. Woher ich diese hochexklusive Information habe? Nun, ich bin ebenfalls in der letzten Woche umgezogen, und wie der Zufall es so wollte, mit derselben Firma wie Microsoft. Da schnappt man solche Informationen gerne auf und verbreitet sie weiter.
Sie wissen ja sicher selbst, wie das ist mit einem Umzug. Es dauert einfach, bis man den Normalzustand wieder erreicht hat. Alle laufen ganz aufgeregt durcheinander und diskutieren ausführlich die Vor- und Nachteile der neuen Behausung. Zum Arbeiten kommt man sowieso nicht, und wenn doch jemand ganz dringend wichtige Unterlagen sucht, dann findet er sie mit Sicherheit ganz tief in dem Umzugskarton, in dem er zuletzt sucht.
Eigentlich erstaunlich, dass sich der Umzug von Microsoft noch nicht auf den Aktienkurs des Unternehmens ausgewirkt hat. Wo man doch weiß, dass selbst der Flügelschlag eines Schmetterlings im Schwarzwald das Klima in den tropischen Regenwäldern beeinflussen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Damian Sicking