Mit freundlichen Grüßen ...

07.06.2000

ComputerPartner

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C Technologies Geschäftsführung

Herrn Christer Fahraeus

Scheelevägen 15

22370 Lund

Schweden

München, 03.07.2000

Sehr geehrter Herr Fahraeus,

vielen Dank, dass Sie der ComputerPartner-Redaktion ihren "C-Pen" zur Verfügung gestellt haben. Mein Kollege Christian Töpfer hat ihn ausführlich getestet, und das Ergebnis können Sie auf Seite 46 dieser Ausgabe nachlesen. Leider war nicht mehr drin als die Note 4 ("ausreichend"). Das ist auf den deutschen Schulzeugnissen die drittschlechteste Note, sie reicht aber noch aus, um in die nächst höhere Klasse versetzt zu werden.

Der C-Pen, meint Herr Töpfer scherzhaft, sieht aus wie die Kombination aus Textmarker und Fieberthermometer. Und irgendwie hat er Recht. Die Frage wäre dann: Gibt es einen Markt für ein Produkt, das die Funktionen "Texte markieren" und "Fieber messen" vereint? Schwer zu sagen, ganz spontan fallen mir die vielen Kleinanleger ein. Beim Nachlesen (neudeutsch: Scannen) der Börsenkurse gerade am Neuen Markt wird ihnen immer abwechselnd heiß und kalt. Ich befürchte nur, dass solch ein Multifunktionsgerät doch eher eine überschaubare Zahl von Abnehmern finden würde.

Allerdings würde es mich überhaupt nicht wundern, wenn dieses Produkt auf den Markt käme. Es gibt ja eine nicht tot zu kriegende Neigung in der Industrie, ein Produkt zu entwickeln und sich erst dann, in einem zweiten Schritt, Gedanken über Einsatzmöglichkeiten und Zielgruppen zu machen. Dies ist vor allem bei Ingenieur-getriebenen Firmen zu beobachten. Die Größe des Unternehmen spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Ich kann mich noch gut an eine Händlerveranstaltung von IBM erinnern, bei der der Produkt-Manager ein neues Subnotebook präsentierte und die Händler aufforderte, in einem Brainstorming mögliche Zielgruppen zu identifizieren und Verkaufsargumente zu entwickeln. Dass dieses Gerät alles andere als ein Kassenschlager wurde, lässt sich nachvollziehen (und das lag nicht an den Händlern). Der Unterschied zwischen den Flops der großen und denen der kleinen Firmen besteht in der Regel nur darin, dass die kleinen Unternehmen dies nicht überleben.

Ich glaube, dass sich viele Hersteller und Produktentwickler zu wenig Gedanken darüber machen, wie ein neues technisches Produkt beschaffen sein muss, um am Markt auf Akzeptanz zu stoßen. Die wichtigsten Begriffe sind in diesem Zusammenhang "Nutzen" und "einfache Bedienbarkeit" (wobei gilt: je größer der Nutzen, desto geringer die Anforderung an das Kriterium "einfache Bedienbarkeit"). Eines der Produkte, die diese beiden Anforderungskriterien am besten erfüllen, ist das Fahrrad. Kinderleicht in der Anwendung und äußerst nützlich im Ergebnis. Die Konsequenz: Das Fahrrad ist ein Bestseller.

Ich fürchte, sehr geehrter Herr Fahraeus, dass der C-Pen zu jener Kategorie von Produkten zählt, die weder nützlich sind im Ergebnis noch unkompliziert in der Handhabung. Der C-Pen führt nach meinem Eindruck nicht zu einer Erleichterung des Lebens, sondern er macht es schwieriger, komplexer. Diesen Preis wäre ich bereit zu zahlen, wenn ich dafür auf der anderen Seite einen Gewinn bekommen würde, zum Beispiel in Form höherer Produktivität. Doch auch dies ist nicht der Fall.

15.000 bis 20.000 C-Pens wollen Sie noch in diesem Jahr in Deutschland absetzen. Das ist zugleich viel und wenig. Aus Ihrer Sicht hoffentlich nicht in dem Sinne, dass es zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel ist.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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