Mit freundlichen Grüßen ...

06.02.2000

ComputerPartner

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Bechtle AG

Vorstand

Herrn Ralf Klenk

Fügerstraße 6

74076 Heilbronn

München, 29.05.2000

Sehr geehrter Herr Klenk,

auf dem SAP-Anwenderkongress "Sapphire" vergangene Woche in Berlin hielt Bundeskanzler Gerhard Schröder wieder eine seiner aufrüttelnden Reden. Diesmal ging es nicht um Inder und andere Retter der Menschheit, sondern um die so genannte "New Economy". Und einmal mehr zeigte sich Schröder auf der Höhe der Diskussion stehend. So rief er aus: "Die neue Ökonomie kann sich umständliche Hierarchien nicht leisten." Aha, denkt sich da der aufmerksame Zuhörer, die "alte" Ökonomie aber schon? Baukonzerne wie die Holzmann AG zum Beispiel? Und wie steht es mit Regierungen und politischen Parteien? Können die sich "umständliche Hierarchien" leisten? Eins muss man der Erkenntnis unseres Bundeskanzlers aber bescheinigen: Sie ist weder "old" noch "new", sondern einfach zeitlos. Was eben charakteristisch ist für Banalitäten.

Alles andere als eine Banalität - zumindest für die IT-Hersteller - sind die Vertriebsgrundsätze von Rudolf Miele. Der ist Chef des Hausgeräte-Herstellers Miele in Gütersloh (4,2 Milliarden Mark Umsatz). Was Sie, sehr geehrter Herr Klenk, sicher interessieren wird, ist die Tatsache, dass Herr Miele einem Direktvertrieb über das Internet eine klare Absage erteilt. "Wir wollen unseren Fachhändlern nicht in den Rücken fallen", so seine Begründung. Der Lohn: Miele wächst stärker als der Markt und gewinnt somit Marktanteile hinzu. Ich denke, die IT-Hersteller sollten sich mit Herrn Miele über dieses Thema unterhalten. Da können sie sicher ein paar Anregungen erhalten. Telefonnummer: 0 52 41/89-0.

Auf dem Internet-Trip sind dagegen die Banken. Jetzt hat auch die Deutsche Bank angekündigt, einen Marktplatz für Büroartikel im Internet zu eröffnen. Name ("Emaro") und Homepage (www.emaro.de) sind bereits vorhanden, ab Juli soll es losgehen. Dazu haben die Banker eigens ein neues Unternehmen gegründet, zusammen mit der SAP, von der auch die Infrastruktur stammt. Bereits vor einigen Wochen ist ja die Dresdner Bank mit dem Internet-Marktplatz "Allago" (www.allago.de) vorgeprescht. Sowohl Dresdner als auch Deutsche Bank bieten auf ihren Marktplätzen Office-Artikel an, von der Büroklammer über den Chefsessel bis hin zum PC. Gut, beide Marktplätze stehen noch am Anfang. Aber die Struktur der E-Procurement-Lösungen ist in beiden Fällen sehr professionell.

Warum gehen ausgerechnet die Finanzinstitute in diesen Bereich? Eine mögliche Antwort besteht darin, dass sie sowohl die entsprechenden gewerblichen Kunden als auch das nötige Kleingeld haben, um die erste Zeit zu überstehen. Denn Durchhaltevermögen ist erforderlich. Wer zu wenig auf den Rippen hat, wird umfallen. So waren sich Experten auf einer von Andersen Consulting, Lucent und Unisys in der vergangenen Woche durchgeführten Konferenz einig, dass die Mehrzahl der Internet-Marktplätze im Business-to-Business-Bereich in den kommenden zwei Jahren von der Bildfläche wieder verschwinden wird.

Da Sie mit Bechtle-direkt ja ebenfalls in diesem Bereich tätig sind, würde es mich sehr interessieren zu erfahren, wie Sie die Zukunft der Internet-Marktplätze im Allgemeinen einschätzen und ob Sie im Besonderen die Konkurrenz durch die Quereinsteiger aus dem Bankenwesen fürchten.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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