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Comics Informationssysteme GmbH
Geschäftsführung
Herrn Ralf-Ulrich Kaste
Badener Straße 3
76227 Karlsruhe
München, 17.04.2000
Sehr geehrter Herr Kaste,
seitdem wir nun wissen, dass Paul Stodden nicht etwa der Olympiasieger im Military-Reiten von 1972, sondern die neue Nummer eins bei Fujitsu Siemens Computers (FSC) ist, stellt sich die Frage: Und jetzt? Tja, gute Frage. Jetzt muss sich Quereinsteiger Stodden erst einmal einarbeiten, und dann wird man sehen.
Ich hatte in der vergangenen Woche Gelegenheit, Herrn Stodden kurz zu sprechen. Gut, man kann noch nicht allzu viel sagen. Aber der erste Eindruck - wir wissen ja, wie wichtig er ist - war positiv. Am meisten hat mich sein Äußeres überrascht. Nicht klein und etwas rundlich, wie man dies von dem offenkundig einzigen Foto, das von ihm existiert, meinen könnte. Sondern groß, ich denke so um die Einsneunzig, und schlank. Und in Bezug auf Mode anscheinend eine Vorliebe für schwarz. Sympathisch war, dass er gar nicht erst vorgab, bereits von allem eine Ahnung zu haben, sondern frank und frei zugab, dass er von dem Geschäft, das FSC betreibt, noch nicht so wahnsinnig viel verstehe.
Die wichtigste Lektion aber, sagte er, die er in seinem Berufsleben gelernt habe, sei, dass jedes Geschäft von Menschen gemacht werde, und so sei es ja wohl auch in seinem neuen Job. Womit er unzweifelhaft Recht hat. Und so wirkt Stodden denn auch: Ein Mann, der zuhören kann, der andere Meinungen gelten lässt, der aber auch ganz bestimmt über das erforderliche Selbstbewusstsein verfügt, um eine Entscheidung zu treffen, die er für richtig hält, auch wenn sie nicht populär ist. Typ knallharter Manager, der schon zum Frühstück zwei Mitarbeiter verspeist? So wirkt er auf mich nicht. Stodden ist sicher nicht der Felix Magath der Computerindustrie. (Wie Sie wissen, ist Magath der Trainer der Fußballbundesliga-Mannschaft von Eintracht Frankfurt, und die zittert vor ihm.)
Eins ist jedenfalls klar: Stodden ist das totale Kontrastprogramm zu seinem Vorgänger Winfried Hoffmann. "Das einzige, was die beiden Herren gemeinsam haben, ist die Frisur, witzelte einer. Manch einer fragt sich: Wenn Stodden so ganz anders ist als Hoffmann, ist das gut oder schlecht? Darauf gibt es wohl nur eine Antwort: Hoffmann war Chef von FSC, und jetzt ist er es nicht mehr. Warum wohl nicht?
Die Fähigkeit, zuhören zu können, kann Stodden bei seinem neuen Job gut gebrauchen. Und sein Vorteil ist, dass niemand von ihm erwartet, dass er gleich eine Parole ausposaunt. Stodden steht nicht unter dem Druck, sofort seine Duftmarke hinterlassen zu müssen. Bei einem Mann wie dem ehemaligen Compaq-Chef Eckhardt Pfeiffer wäre dies völlig anders gewesen. Als Heilsverkünder wäre er unter einem starken Erwartungs- und Handlungsdruck gestanden, der dem Unternehmen nicht unbedingt gut bekommen hätte.
Stodden ist gut beraten, wenn er die dreiköpfige Geschäftsführung in Deutschland erst einmal gewähren lässt. Deutschland schreibt, wie man hört, schwarze Zahlen, und auch der Umsatz entwickelt sich normal (siehe hierzu auch unseren Bericht auf Seite 11). Die Baustellen von Fujitsu Siemens liegen vor allem in den europäischen Ländern. Von hier kommen die Verluste. Deshalb ist es der wichtigste Job des neuen Europachefs Stodden, die Blutungen in den europäischen Landes-gesellschaften zu stillen.
Stodden selbst hat es in der Hand, ob er mehr ist als eine Übergangslösung. Ein Held wird er dann sein, wenn er die Probleme in Europa lösen kann. Kein einfacher Job, sicher, aber sonst hätte ja auch ich ihn übernehmen können.
Die Comics GmbH ist seit vielen Jahren Vertriebspartner von Siemens, Siemens Nixdorf und Fujitsu Siemens. Sie, sehr geehrter Herr Kaste, haben schon viele Irrungen und Wirrungen, Höhen und Tiefen Ihres Industriepartners miterlebt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das derzeitige Geschehen bei Fujitsu Siemens lediglich mit einem interesselosen Wohlgefallen beobachten.
Gespannt auf die weitere Entwicklung bei Fujitsu Siemens verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Damian Sicking