Mit freundlichen Grüßen ...

08.11.2001

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Bernd Wichmann

Provinzialstr. 228

44388 Dortmund

München, 05.11.2001

Namen sind mehr als Schall und Rauch

Sehr geehrter Herr Wichmann,

wenn Sie der Bernd Wichmann sind, der mit mir zusammen in den 70er Jahren die Schulbank des Alexander-Hegius-Gymnasiums in Ahaus gedrückt hat und den es anschließend irgendwohin verschlagen hat, dann habe ich den Richtigen getroffen. Sind Sie es nicht, dann schadet das auch nichts. Der Inhalt dieses Schreibens dürfte auch für Sie interessant sein.

Seinen Namen kann man sich bekanntlich nicht aussuchen. Und ändern darf man ihn auch nur unter bestimmten Voraussetzungen. Manche Menschen sind mit ihrem Namen gestraft. Ich hatte mal mit einer Studentin zu tun, die hieß Eleonore Butterfass. Mit diesem Namen muss man mindestens promovieren, witzelten wir damals. Oder früh heiraten. Neben dieser Form des Namensunglücks gibt es noch eine andere Variante. Man hat einen ganz normalen Namen - zum Beispiel "Bernd Wichmann" -, und dann steht in den Schlagzeilen plötzlich jemand mit demselben Namen, der in eine Sache verwickelt ist, die alle seine Chancen auf den Erhalt des Bundesverdienstkreuzes zunichte machen.

Darum geht es hier: Sollten Sie die Absicht haben, sehr geehrter Herr Wichmann, einen Job in der Computerbranche zu suchen, vergessen Sie's! Denn Ihr Name hat in der Computerbranche zur Zeit - wie soll ich sagen - keinen guten Klang. Das liegt an dem Gründer der Firma Workx AG, eines Herstellers von elektronischen Speicherkomponenten. Dieser Mann heißt - Überraschung! - Bernd Wichmann. Bekannt geworden ist er weniger durch den kurzen und steilen Aufstieg seiner Firma, sondern vor allem durch den totalen Absturz im März dieses Jahres. Gut, aus der Pleite allein kann niemand Ihrem Namensvetter einen Strick drehen, so etwas kommt in den besten Familien vor. Aber schon bald tauchten erste Gerüchte und Informationen auf, dass bei der Workx AG nicht alles astrein gewesen sei. Jedenfalls interessierte sich plötzlich die Staatsanwaltschaft für die Workx AG und die Geschehnisse vor der Insolvenz. Der Verdacht: Steuerhinterziehung, Kapital- und Anlagebetrug.

Im Mittelpunkt der Ermittlungen: Unternehmensgründer Bernd Wichmann. Vor zwei oder drei Wochen gab es Hausdurchsuchungen bei ehemaligen Firmenmanagern, anderen Verdächtigten und so genannten Informationsbesitzern. Rund 200 Beamte sollen bei dieser Razzia im Einsatz gewesen sein. Dass Bernd Wichmann in Untersuchungshaft genommen worden sei, wie erzählt wurde, hat die Staatsanwaltschaft uns gegenüber aber dementiert.

Über das ganze Ausmaß der Vorgänge um die Workx AG ist derzeit noch keine Aussage zu machen. Auch nicht darüber, welche Personen in den Fall verwickelt sind. Wenn man den Berichten von Insidern, die aber nur hinter vorgehaltener Hand etwas sagen, Glauben schenken will, dann hat die Staatsanwaltschaft es hier mit einem "vielfältigen kriminellen Konstrukt" zu tun. Der Begriff "organisierte Kriminalität" mit Verbindungen nach Osteuropa macht die Runde. Interessant auch der Hinweis eines Insiders, dass wesentliche Drahtzieher im Zusammenhang mit der Workx-Historie identisch seien mit denen der Infomatec AG in Augsburg. Auch diese Firma musste Insolvenz anmelden, auch hier ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Die Firma Workx oder besser das, was am Ende noch übrig war, ist an die MSC GmbH verkauft worden, 10 Arbeitplätze konnten am Firmensitz in Hofolding gerettet werden (einen Artikel dazu finden Sie auf Seite 10 dieser Ausgabe). Aber die Geschichte der Workx AG ist noch lange nicht zu Ende. Die Ermittler werden viele weitere Monate damit beschäftigt sein, die dunklen und betrügerischen Machenschaften der beteiligten Workx-Manager und -Hintermänner aufzudecken. Und zumindest solange bleibt der Name "Bernd Wichmann" in der Computerbranche mit einem Makel versehen.

Ich dachte, Sie sollten dies wissen, falls Sie sich nach einem Job in der Computerbranche umschauen.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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