Mit freundlichen Grüßen

12.07.2001

Chefredaktion

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Microsoft GmbH

Richard Roy

Einsteinstr. 12

85716 Unterschleißheim

München, 09.07.01

Sehr geehrter Herr Roy,

die Suche nach einem neuen Job für Sie ist, wie man hört und liest, zu Ende. Seit Anfang des Monats sind Sie Microsofts neuer "Vice President Corporate Strategy". Die Tageszeitung "Die Welt" schrieb am vergangenen Freitag dazu: "Damit beendete Microsoft das wochenlange Rätselraten um die berufliche Zukunft Roys." Ich muss Ihnen sagen: Das sehe ich völlig anders. Für mich ist das Rätselraten um Ihre berufliche Zukunft durch diese Ernennung nicht beendet, sondern im Gegenteil erst recht eröffnet.

Der Job als Vice President Corporate Strategy ist sicher nicht der Karriereschritt, den Sie und andere erwartet haben. Bislang eine Verantwortung für mehr als zwei Milliarden Mark Umsatz und knapp 2.000 Mitarbeiter, sollen Sie in der neuen Funktion ein Themenspektum abdecken, das sich von politischen Fragen über Software-Piraterie bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit erstreckt. Sicherlich wichtige Themen, der Einfluss und die Gestaltungsmöglichkeiten sind nach meinem Eindruck aber eher vergleichbar mit denen des Bundespräsidenten: Beide Würdenträger dürfen zwar viel reden, haben aber nichts zu sagen.

Hand aufs Herz, sehr geehrter Herr Roy: Diese Position ist nur eine Park-Position. Die Suche nach einem adäquaten Job war eben doch nicht erfolgreich. Auf Ihren alten Platz als Microsofts Deutschland-Chef können Sie nicht zurück, da sitzt jetzt Kurt Sibold. Weil Microsoft aber auf Ihre Qualitäten nicht verzichten will - sicher eine sehr kluge Entscheidung -, musste man Sie parken, bis dann doch noch etwas Angemessenes frei werde.

Wie zum Beispiel der Job des Microsoft-Europachefs. Das wäre der angemessene Aufstieg. Dumm nur, dass der jetzige Amtsinhaber Jean-Philippe Courtois diesen Posten erst im vergangenen Jahr übernommen hat und auch noch recht jugendlich und gesund wirkt. Aber wer weiß? Vielleicht tickt seine Uhr ja bereits rückwärts und wir wissen nur noch nichts davon?

Soeben schießt mir eine andere Möglichkeit durch den Kopf: Vielleicht hat man wirklich nichts für Sie Geeignetes gefunden, und es steht schon fest, dass Sie das Unternehmen verlassen werden. Solange nimmt man Sie ein wenig aus dem Rampenlicht, und dann, in einigen Monaten, ist Richard Roy heimlich, still und leise einfach nicht mehr da. So wie vor einem Jahr bei Ihrem Kollegen Rudi Gallist. Damals hatte Microsoft ebenfalls angekündigt, dass Gallist nur noch repräsentative Aufgaben übernehmen werde, und dann war er irgendwann weg, und niemand hat es gemerkt.

Nein, sehr geehrter Herr Roy, das kauf ich Ihnen und den Microsoft-PR-Strategen nicht ab, dass dies der Job ist, den ein Mann Ihres Kalibers mit Freude und Elan dauerhaft ausfüllen will. Das wäre wie in folgendem Fall:

1. Ferrari verspricht Formel-1-Rennfahrer Michael Schumacher ein neues und noch schnelleres Auto;

2. aus irgendwelchen Gründen wird das Auto aber doch nicht gebaut;

3. dummerweise ist der Platz in seinem alten Wagen inzwischen anders besetzt worden;

4. weil man Schumacher aber nicht verlieren will, lässt man ihn solange in der Formel 3000 mitfahren, bis man vielleicht doch noch ein neues Auto für ihn findet.

Ist doch irgendwie komisch, nicht wahr?

Apropos Michael Schumacher und die Formel 1. Vor wenigen Tagen hat mir ein Bekannter eine E-Mail zugeschickt mit dem Foto, das ich diesem Schreiben beilege. Dazu die Bemerkung, dass ein Fotojournalist nun die Ursache für die Pannenserie bei Schumachers Konkurrent Mika Häkkinen (McLaren-Mercedes) aufgedeckt habe. Ich vermute, es ist ein Scherz, bin mir aber nicht 100-prozentig sicher. Was meinen Sie?

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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