Mit freundlichen Grüßen ...

02.05.2002

ComputerPartner

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Autohaus Reuter GmbH

Geschäftsführung

Herrn Harald Reuter

Heinrich-Credner-Str. 3

99087 Erfurt

München, 29.04.2002

Auto gekauft, PC hinterhergeschmissen

Sehr geehrter Herr Reuter,

die Zeiten sind hart, und für Opel-Händler sind sie besonders hart. Gestern las ich in der "Welt am Sonntag einen Bericht über die "Krise in der europäischen Automobilbranche. VW und Opel haben derzeit die größten Sorgen. Absatzentwicklung und Marktanteile bewegen sich im Rückwärtsgang. Ursache sind hauptsächlich hausgemachte Probleme in Form einer verfehlten Modellpolitik. Beispiel Opel: Im ersten Quartal 1994 war die GM-Tochter in Westeuropa die stärkste Marke mit einem Marktanteil von 12,5 Prozent. Danach ging's kontinuierlich bergab. In den ersten drei Monaten dieses Jahres lag der Marktanteil von Opel nur noch bei 9,4 Prozent. Tendenz: weiterhin fallend.

Nein, sehr geehrter Herr Reuter, ich beneide Sie nicht. Wenn ich's mir genau überlege, möchte ich mit keinem Automobilhändler tauschen, egal welche Marke er vertritt. Und zwar wegen der totalen Abhängigkeit von der Leistungsfähigkeit und insbesondere von der Modellpolitik eines einzigen Herstellers. Der Händler in der Kfz-Branche ist seinem Industriepartner regelrecht ausgeliefert. Wenn das neue Modell aus der Fabrik nicht den Geschmack des Publikums trifft oder der Nachfolger zu lange auf sich warten lässt, verkauft der Händler keine Autos mehr. Er hat nicht die Möglichkeit, auf Modelle anderer Hersteller auszuweichen, die bei den Kunden besser ankommen. Eigentlich kann er nur beten und auf bessere Zeiten hoffen.

Oder er lässt sich etwas einfallen. Bei VW zum Beispiel gibt es neuerdings eine "Arbeitslosenversicherung. Die sieht so aus, dass dem Käufer eines Neu- oder Gebrauchtwagens im Falle einer eintretenden unverschuldeten Arbeitslosigkeit die Raten für das Auto erlassen werden. Das macht Sinn. Sie hatten ebenfalls eine Idee. Jeder Käufer eines Opel Vectra erhält gratis einen PC dazu. Der kommt von ihrem Kunden PC-Spezialist Erfurt, dessen Geschäftsführer Guido Stumpf auch die Anregung gab. Der Hintergedanke: Wenn deine Autos keiner haben will, dann pack doch einfach einen unserer tollen PCs in den Kofferraum, denn nach dem sind alle ganz verrückt und jeder will ihn haben.

Vom Grundsatz her ein guter Gedanke. Funktioniert ja auch in anderen Lebensbereichen. Zum Beispiel im Falle der 25-jährigen bildschönen Jurastudentin, die den 87-jährigen, senilen und bettlägrigen Tattergreis heiratet, der zufälligerweise einige Millionen auf dem Schweizer Konto hat.

Sehr geehrter Herr Reuter, ich weiß Ihre gute Absicht sehr zu schätzen. Sie wollen mit Ihrer Zugabe, wie Sie sagen, den Kunden einen Mehrwert bieten. Das Bittere an der Sache ist, dass der Opel-Händler, wenn er einen Mehrwert schaffen will, dies nur tun kann, indem er dem Auto etwas hinzufügt, was mit dem Auto nichts, aber auch nicht das Geringste zu tun hat. Dem Wert des Autos fügt der PC jedenfalls keinen Cent hinzu (was der Käufer spätestens dann merkt, wenn er den Wagen wieder verkaufen will). Wenn es wenigstens ein Notebook wäre, denn das steht für Mobilität. Aber ein Desktop-PC? Macht das Sinn?

Man kann auch darüber diskutieren, ob sich PC-Spezialist mit diesem Bundling-Angebot einen Gefallen tut. Ich seh schon den Kunden im Erfurter PC-Spezialist-Shop vor mir: "Was, für diesen Rechner soll ich 1.000 Euros zahlen? Den krieg ich ja beim Reuter hinterhergeschmissen!

Für mich ist diese Aktion daher in erster Linie eins: Ein Zeichen der Hilflosigkeit. Sie ist sicher auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass Sie Ihre alten Vectras vom Hof bekommen müssen, denn das neue Modell rollt an. Ich drücke Ihnen die Daumen, dass es klappt.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

PS: Es wäre nett, wenn Sie mich wissen lassen würden, wie Ihre Kunden beziehungsweise die Interessenten auf Ihre befristete PC-Bundling-Aktion reagiert haben.

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