Mit freundlichen Grüßen ...

25.04.2002

ComputerPartner

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Microsoft GmbH

Direktor Home and Retail Division

Herrn Hans Stettmeier

Konrad-Zuse-Str. 1

85716 Unterschleißheim

München, 22.04.2002

Warum heiraten Blondinen keine Österreicher?

Sehr geehrter Herr Stettmeier,

vergangene Woche war ich drei Tage im Kloster. Also nicht wirklich im Kloster, aber so ähnlich. Eine interne Veranstaltung in einem Hotel, irgendwo draußen außerhalb von Zeit und Raum. Sie kennen das ja: Man fängt frühmorgens an, sitzt abends lange zusammen, und was außerhalb der Klostermauern passiert, kriegt man nicht mit. Weil man aber in der Pause keine Lust hat, sich mit den anderen zu unterhalten, ruft man in der Firma an und fragt, was es Neues gibt da draußen in der Wirklichkeit.

Das tat ich dann am Donnerstagabend auch, und so erfuhr ich, dass Microsoft den Preis für die X-Box von 479 auf 299 Euro korrigiert habe. Donnerwetter, sagte ich, eine interessante Neuigkeit. Kommt nicht jeden Tag vor, dass ein Hersteller den Preis nur wenige Wochen nach der Produkteinführung um fast 40 Prozent absenkt. Interessant fand ich auch, dass Microsoft nach meinen ersten Informationen die Preissenkung mit dem großen Erfolg der X-Box begründete. Da musste ich dann doch lachen, und ich fragte mich: Mit wem soll man jetzt mehr Mitleid haben: mit den Leuten, die Microsoft die X-Box zum alten Preis, oder mit denen, die Microsoft die Begründung für die Preissenkung abgekauft haben?

Als ich dann die Original-Pressemitteilung aus Ihrem Hause las, war es dann doch nicht mehr so lustig. Selbst Microsoft wagt nicht zu behaupten, dass die X-Box in Europa ein großer Verkaufsschlager wäre. Wenn in der Presseinfo von der "phänomenal positiven Resonanz" geschwärmt wird, dann sind damit nur Testberichte in Zeitschriften, Auszeichnungen und Spieleverkäufe gemeint. Das einzige Hindernis, das einem Verkaufserfolg im Wege stehe, sei der bisherige Preis gewesen. Aha. Da staunt der Fachmann, und der Laie wundert sich, und beide fragen sich: Was denn sonst, wenn nicht der Preis? Denn dass die X-Box nichts tauge, hat ja niemand behauptet.

Ich habe lange darüber nachgedacht, und an irgendeiner Stelle fiel mir dieser ganz, ganz böse und geschmacklose Witz ein. Der geht so: "Warum heiraten Blondinen keine Österreicher? - Na, so blöd sind sie auch wieder nicht." Ich finde, dass es mit der X-Box genauso ist, man muss nur ein paar Wörter austauschen: "Warum kaufen die Europäer keine X-Box? - Na, so blöd sind sie auch wieder nicht." Was ich damit sagen will: Die Entscheidung von Microsoft, die X-Box in Europa 40 Prozent teurer als in Japan und den USA anzubieten, war eine Beleidigung der europäischen Bevölkerung. Genauso wie der obige Witz eine Beleidigung der Blondinen und Österreicher ist.

Jetzt muss Bill Gates einsehen, dass die Europäer (inklusive der Blondinen und Österreicher) doch nicht so dämlich sind, wie er dachte. Das ist ja auch schon was!

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

PS: Die "Danke-Schön-Aktion" (zwei kostenlose Spiele und ein Controller) für diejenigen, die die X-Box zum alten Preis gekauft haben, ist okay. Dadurch und durch die Preiskorrektur mussten Sie nun das Budget für die nächsten Jahre komplett umschreiben. Die interessante Frage ist jetzt: Ab wann soll das Geschäft mit der X-Box einen positiven Beitrag zum Microsoft-Ergebnis liefern? Und den Return on Investment, werden Sie ihn noch erleben?

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