Mit freundlichen Grüßen ...

28.02.2002

ComputerPartner

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GE Compunet AG & Co. oHG

Vorstand

Herrn Dr. Johannes Meier

Europaring 34-40

50170 Kerpen

München, 25.02.2002

Aggressives Verkaufen - bis zur persönlichen Verarmung?

Sehr geehrter Herr Dr. Meier,

in einer E-Mail der vergangenen Woche fordern Sie alle Compunet-Vertriebler auf, aggressiver zu verkaufen. Aggressivät, fügen Sie hinzu, dürfe aber "nicht mit niedrigen Preisen verwechselt" werden. Ist ja klar: Nachdem Sie voriges Jahr einen sehr schönen Turnaround mit der Rückkehr in die Gewinnzone geschafft haben, können Sie niedrige Margen so gut gebrauchen wie einen Reizhusten in der Oper. Zumal Compunet im Januar mit einem Verlust ins neue Jahr gestartet ist (mehr dazu in unserem Artikel auf Seite 16).

Leider geht aus Ihrer E-Mail nicht hervor, was genau Sie mit "aggressivem Vertrieb" meinen, wenn Sie damit niedrige Preise ausschließen. Nach meinem Dafürhalten gibt es - außer den niedrigen Preisen - im Wesentlichen zwei Varianten des "aggressiven Verkaufens":

1. Die "Den-Kunden-unter-Druck-Setzen-Methode". Diese sieht so aus, dass man dem Kunden unmissverständlich klar macht, dass man auf ihn nicht angewiesen ist. Wenn er, der Kunde, nicht bereit sei, jetzt zu bestellen, bitteschön, dann gehe man eben zum nächsten. Diese Methode hat den Nachteil, dass sie nicht funktioniert.

2. Die "Schlecht-über-die-Konkurrenz-Reden-Methode". Diese besteht darin, dass man üble Geschichten über seinen Mitbewerber verbreitet, am liebsten von der Art, dass es fraglich ist, ob es die Firma im nächsten Jahr überhaupt noch geben wird. Diese Methode ist nach meiner Beobachtung die am stärksten verbreitete Variante. Weniger aus dem Grunde, dass sie am besten wirkt, sondern weil sie am einfachsten ist.

Sie ist aber auch nicht ohne Gefahr. Der Versuch, andere Firmen zu diskreditieren, kann ganz schön ins Auge gehen. Motto: Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Das kann bis zur persönlichen Verarmung der Person führen, die diese Methode anwendet. Nehmen Sie zum Beispiel den Chef der Deutschen Bank, Rolf Breuer. Der hatte, wie Sie wissen, vor wenigen Wochen öffentlich gesagt, dass die Kreditwirtschaft unter den gegenwärtigen Umständen "nicht bereit" sei, dem schwer angeschlagenen Kirch-Imperium "weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen". Mit anderen Worten: Breuer stellte die Überlebensfähigkeit des Medienunternehmens stark in Frage. Leo Kirch wollte daraufhin Breuer wegen übler Nachrede auf 800 Millionen Euro verklagen, was in den Zeitungen zu lesen war, aber wohl nicht geschah.

Falls dieser Fall vor Gericht gekommen und die Entscheidung zu Gunsten von Kirch ausgefallen wäre, hätte Breuer möglicher-weise die 800 Millionen aus seiner eigenen Tasche zahlen müssen. Denn die in diesen Kreisen üblichen Versicherungen zahlen nur, wenn kein Vorsatz vorliegt. Und dass Breuer die Bemerkung über Kirch völlig unbeabsichtigt mal eben so rausgerutscht ist - Entschuldigung, wir reden von Herrn Breuer!

Streng genommen handelt es sich hierbei zwar um keinen typischen Fall der "Schlecht-über-die-Konkurrenz-Reden-Methode", weil kein Konkurrenzverhältnis vorliegt, aber im Prinzip gilt das Gleiche: Dass die Anwendung dieser Methode gegen das achte Gebot verstößt ("Du sollst nicht lügen oder Schlechtes über deine Mitmenschen sagen."), wird, wie ich fürchte, wohl kaum jemanden beeindrucken. Wohl aber die Konsequenz, dass man im schlimmsten Fall selber zur Kasse gebeten wird. Jeder Verkäufer, selbstverständlich nicht nur die von Compunet, sollte sich daher über die möglichen Konsequenzen der "Schlecht-über-die-Konkurrenz-Reden-Methode" im Klaren sein.

Vielleicht aber versteht man bei Compunet unter "aggressivem Vertrieb" etwas völlig anderes. Aber was könnte das sein?

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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