Mit freundlichen Grüßen ...

27.11.2003

ComputerPartner

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Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH)

Präsidium

Herrn Dieter Philipp

Mohrenstraße 20/21

10117 Berlin

München, 24.11.2003

Rufen Sie nicht nach dem Gesetzgeber, rufen Sie nach dem Priester

Sehr geehrter Herr Philipp,

die Zahlen sind erschreckend: Rund 4.800 Handwerksbetriebe werden in diesem Jahr ihre Bücher schließen - Pleite. Das sind 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Wesentlicher Grund neben der schlechten Konjunktur: die katastrophale Zahlungsmoral der Kunden*). Nicht nur, dass sich die Auftraggeber mit dem Bezahlen der Rechnung lange Zeit lassen, viele bezahlen auch gar nicht. Unter dieser Problematik leiden natürlich nicht nur die Handwerksbetriebe, sondern auch die Leser unserer Zeitschrift, der IT-Handel.

Völlig zu Recht reden Sie in diesem Zusammenhang von einem "Skandal". Ich sehe es auch so. Ob Ihr Ruf nach dem Gesetzgeber aber viel bringt, wage ich zu bezweifeln. Sie selbst haben ja festgestellt, dass das vor drei Jahren verabschiedete Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen "keine greifbare Verbesserung" gebracht hat. Das wundert mich nicht. Denn es heißt schließlich "Zahlungs-Moral" und nicht "Zahlungs-Gesetz". Und für die Moral ist nicht der Gesetzgeber zuständig, sondern - unter anderem - der Priester.

Ich hab eigens mein altes Philosophisches Wörterbuch hervorgekramt und nachgeschaut. Die "Moral", steht da, ist das, "was 'gute Sitte' ist, was 'sich schickt'". Moral ist nichts, was mit dem Gesetz zu tun hat. Sie lässt sich daher auch nicht per Gesetzesbeschluss ändern. Das wäre ja einfach. Wer die Moral (und damit auch die Zahlungsmoral) ändern will, muss dickere Bretter bohren. Er muss in den Köpfen der Menschen etwas verändern. Das Ziel muss sein, dass es den Leuten peinlich ist, wenn sie ihre Rechnung (noch) nicht bezahlt haben. Das Ziel muss sein, dass die Menschen mit dem Finger auf denjenigen zeigen, der seine Rechnungen nicht fristgerecht bezahlt.

Für die Moral ist, wie gesagt, unter anderem der Priester (Moraltheologie!) zuständig. Ich stelle mir vor, dass der Pastor am Sonntag vor dem Kirchenportal steht und seinen Schäflein entgegendonnert: "In dieses Gotteshaus kommt nur herein, wer alle seine Rechnungen bezahlt hat." Sie meinen, das ist ein bisschen praxisfern? Ja gut, Sie könnten Recht haben. Aber Gott sei Dank sind für die Moral ja nicht nur die Priester zuständig, sondern auch die Lehrer, die Eltern, die Kindergärtnerinnen, ja genau genommen wir alle.

Zurück zum Thema Zahlungsmoral. Auch hier kann man etwas tun. Am wichtigsten ist es sicherlich, die Menschen erst einmal darüber aufzuklären, welche Folgen es haben kann, wenn sie ihre Rechnungen nicht bezahlen. Dass da nämlich Männer und Frauen ihre Arbeit verlieren, die Familien mit Kindern zu versorgen haben, die kranke und behinderte Angehörige pflegen, die vielleicht auch sonst vom Schicksal nicht verwöhnt werden. Man muss Rechnungen ein Gesicht geben. Warum stellen Sie Ihren Mitgliedsbetrieben nicht ein entsprechendes Informationsblatt zur Verfügung, das diese jeder Rechnung beilegen können? Das wäre eine relativ schnell und preiswert zu realisierende Maßnahme.

Es gibt keinen Knopf, auf den man drücken kann, um die Zahlungsmoral zu verbessern. Man muss hier, wie gesagt, dicke Bretter bohren. Aber man muss auch damit anfangen.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

*) Als einen weiteren Insolvenzgrund nannten die befragten Handwerksbetriebe "zu wenig Eigenkapital". Auch im IT-Handel ist dies ein Problem. In unserem Sonderheft "Finanzierung im ITK-Handel" befassen wir uns unter anderem mit diesem wichtigen Thema. Das Heft liegt dieser ComputerPartner-Ausgabe bei.

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