Mit freundlichen Grüßen ...

23.01.2003

ComputerPartner

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IBM Deutschland GmbH

Geschäftsführung

Herrn Walter Raizner

Pascalstr. 100

70569 Stuttgart

München, 20.01.2003

IBM Deutschland, die Öffentlichkeit und deren "Anforderungen"

Sehr geehrter Herr Raizner,

an den Wechsel in der IBM-Chefetage in Deutschland knüpfen sich viele Fragen. Zum Beispiel die, warum er nötig war. Die offizielle Mitteilung aus dem Hause IBM lässt dazu mehr im Dunkel, als dass sie erklärt. "Die Anforderungen von Kunden, Geschäftspartnern und der Öffentlichkeit an das Unternehmen erfordern eine Neuaufstellung auch des Managements der IBM Deutschland" heißt es lapidar. Dieser Satz ist semantisch höchst komplex. Übersetzt ins Deutsche heißt er: "Konzernchef Samuel Palmisano hat entschieden, den Deutschland-Geschäftsführer auszutauschen. Für diese Entscheidung hat er seine Gründe. Die will er aber nicht verraten."

In dem obigen Zitat aus der IBM-Presseinformation fällt vor allem das Wort "Öffentlichtkeit" auf. Auch deren Anforderungen an das Unternehmen sollen dazu beigetragen haben, dass Herr Staudt gehen musste. Die Öffentlichkeit, das sind ja bekanntlich wir alle, also von Veronika Feldbusch bis Gerd Kleinsmann, dem inzwischen pensionierten Hausmeister der Bernsmannskamp-Grundschule in Ahaus. Das finde ich höchst bemerkenswert. Ich wusste bisher nämlich nicht einmal, dass Frau Feldbusch und Herr Kleinsmann überhaupt irgendwelche Anforderungen an die IBM haben. Jetzt erfahre ich, dass diese sich sogar ändern und damit erhebliche personelle Konsequenzen haben.

Aber sicher ist das mit der Öffentlichkeit ganz anders zu verstehen. Die Öffentlichkeit, also das deutsche Volk, braucht Herrn Staudt, und sie braucht ihn mehr als je zuvor. Herr Staudt hat sich ja in der Vergangenheit immer stark in gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Belange eingemischt und hier, wie die Tageszeitung "Die Welt" lobend feststellt, "viel erreicht". Der SPD-nahe Staudt gilt ja auch als guter Bekannter von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Wenn man also 1+1 zusammenzählt, dann bekommt man eine Ahnung, was mit den "Anforderungen der Öffentlichkeit" gemeint ist: Die Zukunft von Herrn Staudt liegt in der Politik.

Vielleicht haben Sie es damals im fernen Amerika nicht mitbekommen: Bundeskanzler Schröder wollte ja ursprünglich einen verdienten Mann aus der IT-Branche in sein Kabinett holen, Jost Stollmann nämlich, den Compunet-Gründer. Das hat damals nicht geklappt, und Herr Stollmann schippert nun mit seiner Familie und Privatlehrer für seine Kinder auf den Weltmeeren herum. Jetzt hat Herr Schröder zwar Herrn Clement, den Superminister, aber ob Herr Clement auch ein super Minister ist, wissen wir heute noch nicht. Zwar ist es eher unwahrscheinlich, dass Herr Staudt Herrn Clement so schnell ablöst, aber seine Erfahrung und Kompetenz werden an vielen anderen Stellen ebenfalls benötigt - vielleicht auch auf Länderebene. Ich als Mitglied und Vertreter der Öffentlichkeit würde jedenfalls eine stärkere Rolle von Herrn Staudt im politischen Leben Deutschlands begrüßen.

Die andere Frage ist: Was haben Kunden, Geschäftspartner und die Öffentlichkeit von dem neuen IBM-Deutschlandchef Walter Raizner zu erwarten? Ist die "Neuaufstellung des Managements" mehr als nur der Austausch des Mannes an der Spitze? Wie man hört und liest, soll in Bezug auf die Organisation und die Berichtswege alles beim Alten bleiben. Macht das Sinn? Denn dann würde Ihr Einfluss auf das operative Geschäft wie bei Ihren Vorgängern stark eingeschränkt sein. Oder ist es nicht etwa so, dass die Berichtslinien der Leiter der Geschäftsbereiche an dem Deutschlandchef vorbei direkt nach Europa oder sogar in die USA gehen? Auch für Sie persönlich wäre dies eine unkomfortable Situation: Sie können zwar keinen Einfluss nehmen auf die einzelnen Divisions in Deutschland, werden aber zur Verantwortung gezogen, wenn die Zahlen nicht stimmen. Sie werden sicher nicht als "zahnloser Tiger" in die Geschichte von IBM Deutschland eingehen wollen.

Interessant für die Leser von ComputerPartner - also die Geschäftspartner, deren Anforderungen ebenfalls die "Neuordnung des Managements der IBM Deutschland" erforderlich machten - ist natürlich auch die Frage, was sie von Ihnen in vertriebsstrategischer und -technischer Hinsicher zu erwarten haben.

Ich wünsche Ihnen viel Glück und Erfolg für Ihre verantwortliche Tätigkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

(Mitglied der Öffentlichkeit)

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