Mobile Computing

06.04.1998

SPITZINGSEE: Knapp 200 DV-Experten, fast doppelt so viele wie im Vorjahr, nahmen heuer an der zweiten "Deutschen Mobile Computing KonferenzË am malerisch gelegenen Spitzingsee südlich von München teil. Drei Tage lang konnten sich Anwender und Händler über die neuesten Trends im Notebook-Markt informieren.

Der Himmel war zwar wolkenverhangen, doch ab und zu lugte die Sonne am Spitzingsee durch. Ähnlich könnte man auch die Stimmung bei der zweiten Deutschen Mobile Computing Konferenz beschreiben: Die Verkaufszahlen sind zwar nicht so, wie man sie sich erhofft hatte, doch die Hersteller zeigen sich weiterhin optimistisch.

Jeder spricht mit jedem

Für den positiven Grundtenor sorgte wie schon im Vorjahr Kevin A. Clark, Program Director, Brand Stewardhip bei der IBM ThinkPad Corporation. Vor allem das Internet mit all seinen Diensten wird zum treibenden Motor für mobile Anwendungen. Das weitere Zusammenwachsen von Sprach- und Datennetzen wird seiner Meinung nach zu einer Vielzahl neuartiger Geräte führen, die alle miteinander kommunizieren können. Clark stellte folgendes Szenario dar: Der gestreßte Manager erhält über seinen Pager die Nachricht, daß sich sein Flug verspätet. Kurz darauf meldet sich sein Chef über Handy und sendet ihm aufs Notebook die neuesten Unternehmensdaten. Diese kann er nun während des Fluges weiterverarbeiten. "Mag sein, daß wir mit dieser Infoflut überfordert sind, doch die nächste Generation wird damit spielend umgehen, sie wächst bereits digital auf", so der IBM-Manager in seinem Resumee.

Die Stromfresser kommen

Bei der Einführung einer neuen Chip-Generation möchte Intel den Zeitraum zwischen Desktop- und Notebook-Verfügbarkeit verkürzen. So soll noch dieses Jahr der 300- MHz-Pentium II-Chip Notebook-kompatibel gemacht werden.

Ein Problem taucht hier natürlich sofort auf - die höhere Leistungsaufnahme. Intels Marketingmanager für mobile Prozessoren, Reiner Kreplin, versicherte zwar, daß man sich bemühe, den Stromverbrauch zu senken. Aber auch die Hitzeentwicklung nimmt ständig zu, so daß es fraglich bleibt, ob man weiterhin ohne Kühler auskommen kann. Erschwerend kommt hinzu, daß die von Intel bereits im Vorjahr propagierte ACPI-Stromspar-Technologie (Advanced Control und Power Interface) erst mit den Betriebssystemen Windows 98 und NT 5.0 verfügbar sein wird.Die Tendenz zu immer schnelleren und leistungsfähigeren CPUs auch in Notebooks versuchte der Intel-Mann mit einer Umfrage zu rechtfertigen, nach der mobile Nutzer nur eins wollten: Performance. Andere Faktoren wie Bildschirmgröße, Qualität, Preis, Gewicht und Batterielebensdauer würden für sie nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Daß dem nicht so ist, bewies das rege Interesse des Publikums an den darauffolgenden Ausführungen zu neuen Display- und Akku-Technologien. So stellte Jens Meyer, Produktmanager bei der Sharp Electronics Europe GmbH, fest, daß Passiv-Displays mit STN-Flüssigkristallen (Super Twisted Nematic), qualitativ stark zugelegt haben und sich keineswegs vor aktiven TFT-Displays (Thin-Film Transistor) verstecken müssen. Den Stromverbrauch eines solchen STN-LCDs (Liquid Crystal Displays) haben die Hamburger eigenen Aussagen nach auf unter ein Watt reduzieren können. Auch in Sachen Bildschirmdiagonale bewegt sich etwas. Mit einer neuartigen Befestigungstechnik lassen sich gleich zwölf Millimeter an Rahmenbreite einsparen, so daß nach Meyer noch dieses Jahr 15-Zoll-Notebook-Displays zu erwarten sind.

Neue Batterien lassen auf sich warten

Ganz exotisch kamen dagegen die zwei Vorträge zu neuen Akku-Technologien daher. Während Colin Newnham von der britischen Ultralife Batteries seine Lithium-Polymer-Batterie favorisierte, stellte Uwe Paschke vom Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme eine sogenannte Streifenmembran-Brennstoffzelle vor (siehe Kasten). Ein unbrauchbares Musterexemplar der Lithium-Polymer-Batterie, das im Auditorium herumgereicht wurde, paßt zwar in ein Notebook, hat aber seine Funktionsweise im Praxistest noch nicht unter Beweis gestellt. Dafür rühmte sich der Ultralife-Wissenschaftler der Tatsache, daß seine Batterie umweltfreundlich sei und bei Kurzschluß nicht in Flammen aufgeht oder gar explodiert. Wahrhaft beruhigend.

DVD ist im Kommen

Einen weiteren Schwerpunkt der Konferenz bildeten die Massenspeichermedien. Hier vertrat Toshibas European Marketing Manager für Disc-Produkte, Oliver Jockenhoevel, die Auffassung, daß die DVD die heute übliche CD-ROM spätestens im Jahre 2000 einholen wird, zumindest was die Stückzahlen von verkauften Laufwerken betrifft. Besonders gute Marktchancen räumte der Toshiba-Mann der DVD-RAM, also der wiederbeschreibbaren Variante, ein. Mit einer Speicherkapazität von 2,6 GB pro Seite, könnte sie als ideales Backup-Medium für den SOHO-Bereich herhalten. Ansonsten ist der Trend zu immer höheren Speichererdichten ungebrochen: Sind heute 4,7 GB pro Seite Standard, könnten es 2001 bereits 17 GB und 2005 gar 45 GB werden. Das gleiche gilt übrigens auch für die klassische Festplatte. Laut Jockenhoevel wird Toshiba noch dieses Jahr eine zwölf GB große und 12,7 mm durchmessende Harddisk auf den Markt bringen.

Wert von Windows CE umstritten

Auf der anschließenden Podiumsdiskussion zum Thema Windows CE ging es etwas heftiger zu. Während die Organizer-Hersteller 3Com und Psion Windows CE als Betriebssystem für ihre Geräte ausschlossen, ist für Sharps Handheld-PC Microsofts Plattform mittlerweile erste Wahl. Einig waren sich 3Coms Produktmanager Markus Bregler und Psions Geschäftsführer Hans Stadler insoweit, daß ihre sogenannten "Pilots" hauptsächlich als handliche Ausgabegeräte für Adressen, Telefonnummern und Terminen fungieren und dazu kein "Windows light" benötigen. Ein Datenabgleich mit dem PC ist auch so möglich. Naturgemäß vertrat hier der Microsoft-Mann, Manfred Aumann, eine konträre Auffassung.

Mobil oder nicht: Die Qual der Wahl

Abschließend bleibt festzustellen, daß Notebooks sich schon längst durchgesetzt hätten, wenn sie doch nicht alle zwei Stunden ans Stromnetz müßten. Denn bei vielen Firmen ist es üblich, es den Mitarbeitern zu überlassen, ob sie einen herkömmlichen Desktop-PC oder lieber ein Notebook hätten. Bisher entscheiden sich die meisten noch für einen Desktop-PC. (rw)

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