Mobilität auf allen Ebenen: RFI zieht um und wagt das Abenteuer SAP

16.03.2000
Bei RFI wird es so schnell nicht langweilig: Kaum ist die Übernahme durch Lintec gemanagt, muss nun ein größeres Lager her - beziehungsweise RFI zu diesem hin. Neue Heimat ist Mönchengladbach.

Unsere jetzigen Logistikkapazitäten sind am obersten Limit, es gab auch einige berechtigte Kundenreklamationen", beschreibt Walter Daguhn, Geschäftsführer der RFI Elektronik GmbH, die derzeitige Situation. Deshalb zieht der Distributor im April mit Sack und Pack von Willich nach Mönchengladbach. Richtig spannend wird es im Juni, denn dann harrt der Warenwirtschaft die Umstellung auf SAP.

Ein bisschen Bange

Ein bisschen Bange ist Daguhn angesichts der SAP-Umstellung schon, denn die Ingram-Macrotron-Erfahrung in Sachen neues Warenwirtschaftssystem lässt natürlich keinen kalt. "Aber unser Finanz- und Rechnungswesen läuft bereits auf SAP, außerdem setzen wir das Ding genauso ein, wie es in einem anderen Unternehmen bereits steht und läuft", fühlt sich der Disti-Chef der Herausforderung gewachsen. Ende Juni soll die Sache gelaufen sein. Das neue Lager hat in etwa die vierfache Kapazität des heutigen: etwa 2.500 Quadratmeter.

Die Ereignisse der letzten Monate dürften Daguhn in puncto Veränderungen gelassen gemacht haben. "Mit der Loslösung von ADA war es ungefähr so, als ob man von zu Hause auszieht: Erst da haben wir gemerkt, wie viel ADA für uns getan hat", berichtet der Geschäftsführer schmunzelnd. Und erinnert an den ausgezogenen Sohn, der die saubere Wäsche und den gefüllten Kühlschrank vermisst. "Die allgemeine Verwaltung, zum Beispiel die Personalabteilung, mussten wir auf einmal selbst aufbauen. Denn Lintec sieht uns wirklich als eigenständiges Unternehmen. Das war ein bisschen anstrengend", berichtet Daguhn weiter. Dabei wurden ein paar Leute von ADA übernommen, beispielsweise die drei Mitarbeiter, die dort bereits zuvor für das Finanz- und Rechnungswesen von RFI zugange waren.

Eigene Notebooks

Eigene Notebooks im Portfolio von Lintec, das kündigte bereits Vorstandschef Hans-Dieter Lindemeyer in einem Interview mit ComputerPartner an (4/00, Seite 20). Doch ganz so einfach ist die Sache nicht, wie Daguhn erklärt: "Das Problem bei den Notebooks aus Asien sind die Kosten, die der Anschaffung hinterherlaufen. Außerdem stehen Sie bei kleineren Abnahmemengen am hinteren Ende der Schlange. Wir sind zwar in Gesprächen, haben aber noch keinen Hersteller gefunden, bei dem die Qualität passt."

Wenn es dann doch soweit ist, dass die Notebooks geliefert werden können, sollen innerhalb der ersten zwölf Monate 30.000 bis 50.000 Stück vom Lintec-Konzern verkauft werden, sprich sowohl von Lintec als auch von RFI. Inwiefern Batavia da einbezogen wird, vermag Daguhn nicht zu sagen. Was die Zusammenarbeit mit Lintec im Allgemeinen betrifft, scheint der RFI-Chef sehr zufrieden zu sein: "Einmal im Monat kommt der Geschäftsführer zu uns, um Finanzangelegenheiten zu regeln, ich fliege alle zwei Monate rüber. Wir suchen nach Synergien, von denen es natürlich einige gibt. Lindemeyer ist ein kreativer Mensch, der analytisch denkt und alles optimal zusammensetzen kann", ist Daguhn voll des Lobes.

Eines der jüngsten Gedankenspiele des Geschäftspartners gilt dem möglichen Gang von RFI an die Börse. "Das wird zwar diskutiert, ist aber alles noch sehr allgemein gehalten. Meinen nächsten Termin zu diesem Thema mit Herrn Lindemeyer habe ich Ende März", will Daguhn das bloße Erwägen dieser Möglichkeit deutlich machen.

Sony ist der Knaller

Während im vergangenen Jahr noch Toshiba das beste Pferd im Stall des Notebook-Spezialisten war, ist es heuer Sony. 50 Millionen Mark will Daguhn dieses Jahr mit dem Newcomer unter den Top-Ten der Notebook-Hersteller umsetzen. "Mit Sony gewinnen wir große Projekte. Zum Beispiel eines, bei dem bereits zwei andere Hersteller den Auftrag bekommen hatten, dann aber nicht in der Lage waren, 2.500 Stück an einem bestimmten Fixtag liefern zu können", erzählt Daguhn. Einst generierte der Großhändler mit Toshiba fast ein Drittel seines Umsatzes, heute in etwa ein Viertel, also 30 bis 35 Millionen Mark. Compaq und Fujitsu Siemens machen jeweils 20 Millionen Mark aus. Neue Verträge mit HP und IBM wurden außerdem ausgehandelt. 1999 generierte RFI einen Umsatz von 160 Millionen Mark, dieses Jahr sollen es 200 werden.

Die Einbußen von Toshiba bei den Marktanteilen erklärt sich Daguhn damit, dass der Hersteller zum einen mit den 13,1-Zöllern auf die falsche TFT-Größe gesetzt hat und dass es zum anderen Lieferprobleme bei den 14-Zöllern gegeben habe. Außerdem gingen die Geräte zuerst in die Projekte, die Distis würden erst ganz zum Schluss beliefert. Und: Viele Ressourcen wurden statt auf die Notebooks auf die Einführung von Desktops und Servern verwendet.

Internationale Projekte

Große Pläne in Sachen Internationalisierung, die Daguhn im vergangenen Jahr schmiedete, seien aufgrund der Lintec-Geschichte erst mal etwas eingeschlafen. Damals erzählte der RFI-Chef gegenüber ComputerPartner (12/99, Seite 16) von dem neu gegründeten Konsortium Mobile Partners International (MPI), an dem bereits jeweils ein französisches, englisches und spanisches Unternehmen beteiligt waren und das bis zum Ende des Jahres zahlreiche neue Mitglieder gewinnen wollte. Ziel der Organisation war es, Systemintegratoren bei der Abwicklung von großen, multinationalen Projekten zu unterstützen. Daraus ist erst mal nichts geworden. "Wir haben jetzt wieder eine Initiative gestartet, um das aktiver zu gestalten", erklärt Daguhn. Auf der Cebit habe man drei weitere Mitglieder akquirieren können, und in Zukunft solle es gemeinsame Produkte unter dem MPI-Label geben, zum Beispiel Bluetooth-Komponenten und PC-Cards. Und man wolle innovativen Herstellern von außerhalb fertige Vertriebsstrukturen in der EU anbieten. (via)

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