Vermeintliche Gratis-Angebote

Musikindustrie kopiert Downloadpiraten

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Die Musikindustrie nimmt sich ein Beispiel an Downloadpiraten und bietet den Nutzern zunehmend unlimitierten Gratiszugang zu Millionen von Songs.

Die Musikindustrie nimmt sich ein Beispiel an Downloadpiraten und bietet den Nutzern zunehmend unlimitierten Gratiszugang zu Millionen von Songs. Nachdem sich die Branche jahrelang darauf konzentriert hatte, die Musikpiraterie auf irgendeine Weise zu stoppen, beginnen die Labels nun die Raubkopierer zu "kopieren".

Wie die New York Times berichtet, treibt die Industrie die Entwicklung von Online- sowie mobilen Musikangeboten für Konsumenten voran, die kostenlos und gleichzeitig vollkommen legal sind. Das vermeintliche Gratis-Modell basiert im Grunde darauf, dass die Kosten für die Musikdownloads in die Bezahlung anderer Dienste wie einem Breitbandzugang oder einem Mobilfunkvertrag eingebunden sind. So sind die Downloads zwar nicht tatsächlich gratis, können aber kostenfrei heruntergeladen werden und der Nutzer bezahlt indirekt für die Musik.

"2009 sollte das Jahr werden, in dem die Musikindustrie aufhört sich zu sorgen und lernt den Feind zu lieben", meint Feargal Sharkey, Ex-Mitglied der Punkband The Undertones und derzeitiger Chef der britischen Musikorganisation UK Music. Zuvor beharrte die Musikindustrie vor allem auf Verkaufsmodellen wie jenem von iTunes, wo Songs vorwiegend per Track oder Album verkauft werden. Im Verlauf des vergangenen Jahres jedoch zeigten sich zunehmend mehr Branchenvertreter davon überzeugt, dass diese Strategie die Verluste aus dem physischen Geschäft nicht aufwiegen werden können. So gingen die weltweiten Musikverkäufe 2008 laut IFPI-Erhebungen neuerlich um sieben Prozent zurück. Außerdem sind derzeit noch rund 95 Prozent aller Downloads illegal.

Mit dem neuen Ansatz, Musik unbegrenzt und gratis anzubieten, bekommen die Nutzer wieder mehr Freiheit beim Musikkonsum und trotzdem fließt über Kooperationen Geld in die Kassen der Labels. Das derzeit bekannteste Beispiel für ein solches Vertriebsmodell bietet Nokias Musikdienst "Comes with Music". Der Service soll in Kürze auf weitere Länder wie Australien und einige europäische Nationen ausgeweitet werden. "Die Trends am digitalen Musikmarkt lauten ganz klar: mobiler, flexibler, individueller, vielfältiger", sagt auch IFPI-Sprecher Thomas Böhm gegenüber pressetext. Die Musikwirtschaft arbeite an einer Fülle neuer Angebote und innovativer Zugangsmöglichkeiten. Dazu würden auch die Abo- und sogenannten Flatfee-Modelle für die mobile Musiknutzung zählen.

Auch von Seiten der Internetprovider soll es künftig ähnliche Downloaddienste geben. Der dänische Provider TDC bietet zum Beispiel schon unbegrenzten Zugang zu Musikdownloads im Zuge seiner Breitband-Abos. Verschiedene andere europäische Anbieter arbeiten an ähnlichen Services. Gerade den Internetprovidern wurde und wird von vielen Vertretern der Musikbranche eine Schlüsselrolle zugeschrieben, was die Downloadpiraterie betrifft. Gleichzeitig wollen auch viele Handyhersteller ihre Produkte mit Musikdiensten aufbessern, weil der Wettbewerb auf dem Smartphone-Markt zunehmend härter wird. Eine TNS-Untersuchung von vergangenem Herbst prognostiziert darüber hinaus, dass künftig gerade über mobile Musikabos die Online-Piraterie eingedämmt werde. (pte)

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