Nach Cabletrons Digital-Übernahme: Hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt

03.06.1998

DREIEICH/MÜNCHEN: Der Merge der Netzwerkabteilung von Digital Equipment und Netzwerker Cabletron kommt nur langsam voran. Als Grund nennen Brancheninsider das heftige Gerangel um die zentralen Managementpositionen in dem Unternehmen. Die Vertriebspartner von Digital sind aber sauer, weil man sie über Produkt- und Vertriebsstrategie im Unklaren läßt.Wir waren nicht gerade schnell bei dem Merge", gibt Cabletron-Geschäftsführer Peter Meinel zu. Sprach's und verschwand Richtung Sunsoft. Dort ist er ab April als Europa-Chef wiederzusehen.

In der Tat: Seit Anfang Dezember 1997 versucht der Switch- und Hub-Spezialist, die 430 Millionen Dollar teure Neuerwerbung "Digital Networks Product Business Unit" (NPBU) unter Dach und Fach zu bringen. Doch offensichtlich diktiert die von Branchenkennern und Partnern schon oft gerügte "Trägheit" der Digital-Netzwerker auch diesmal das Tempo und die Marschroute der Zusammenführung der beiden Unternehmen. Dabei ermüden immer mehr Cabletron-Mitarbeiter - und gehen. Dafür besetzen Digital-Leute die neuen

Managementposten. So ist ab sofort Digitals Guy Buyst neuer Cabletron-Europa-Chef, und Kollege John Winchester ist für Asien zuständig.

"Ich hoffe, Cabletron puscht jetzt die Produkte", macht sich derweil ein Digital-Partner Mut. Die aktuelle Situation skizziert er so: "Natürlich sind unsere Kunden und wir verunsichert. Die Fragen sind: Wie sieht die Produkt-Roadmap aus? Bei welchen Distributoren kaufen wir ein?"

Klärungsbedarf reklamieren auch die fünf Digital-Distributoren in Deutschland. "Es muß endlich geklärt werden, wer was macht", erklärt einer von ihnen aufgebracht.

Und ebenso brodelt es in Digitals VAR-Kreisen mächtig. "Zwar müßte es auf Papier eine bombastische Roadmap geben", sagt der Geschäftsführer eines bayerischen Systemhauses, aber er befürchtet schon jetzt: "Digital hat es nie verstanden, die Vorzüge seiner Netzwerkprodukte in den Markt zu bringen. Und Marketing existiert bei Cabletron so gut wie nicht. Das müssen sie jetzt lernen."

Bei Cabletron Deutschland in Dreieich, wo vorläufig Sales Director Martin Böker die Geschäfte führt, will man dagegen vor allem Merge-Fortschritte sehen: "Die Übernahme ist jetzt abgeschlossen. Wir sind dabei, unsere Partner über Produkte und Vertriebsstrategie zu informieren", war zu erfahren.

Hier scheint Aufklärung dringenst geboten. Beispielsweise was das Schicksal der Digital-gelabelten Produkte angeht. "Es wird sie weiterhin geben", ist sich ein Händler sicher. "Sie überstehen den Mai 1998 nicht", steht dagegen für einen Distributoren fest. Was ein weiterer Händler so kommentiert: "Ich bin gespannt, wie es wirklich weitergeht." (wl)

Cabletrons Deutschland-Chef Peter Meinel geht zu Sunsoft als EuropaChef. Das Postengerangel bei Cabletron/DEC geht weiter.

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