Nachfrage nach Storage stützt die schwache IT-Branche

30.05.2002
Die IT-Kunden bleiben weiterhin vorsichtig: Statt teurer Neuanschaffungen wird vermehrt in den Ausbau bestehender Systeme investiert. Vor allem der wachsende Speicherbedarf schlägt sich in den Investitionen nieder. Das zeigt auch der aktuelle Channel Tracker Report von Global Touch zum Marktsegment Storage.

Im Zuge der Rezession geben die Geschäftskunden weniger Geld für IT-Anschaffungen aus. Da aber das Datenvolumen in den letzten Jahren explosionsartig gestiegen ist, werden trotz Investitionszurückhaltung vor allem in diesem Marktsegment positive Impulse erwartet. Stanley Morgan und Global Touch haben die Stimmung im amerikanischen und europäischen Handel für den Bereich Storage befragt. Die befragten Fachhändler sind spezialisiert auf dieses Marktsegment und repräsentieren einen Gesamtumsatz von 98,77 Milliarden Dollar.

Die gesammelten Aussagen geben ein sehr unterschiedliches Bild des amerikanischen und des europäischen Marktes ab. Während 85 Prozent der US-Channel-Partner berichteten, das Geschäft mit Storage-Produkten und Lösungen wäre im ersten Quartal des Jahres schwächer beziehungsweise deutlich schwächer verlaufen als erwartet, sagten 70 Prozent der Europäer aus, die Verkäufe lägen innerhalb ihres Erwartungsspielraums.

Bei der Einschätzung des Gesamtgeschäftes inklusive aller anderen IT-Produkte und Dienstleistungen waren hingegen die US-Einschätzungen positiver als die der Europäer. So sagten 76 Prozent der amerikanischen Befragten, dass der Gesamtumsatz wie erwartet lag. Die Europäer hingegen bekommen jetzt erst richtig die Rezession und schwache Nachfrage zu spüren. Mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) konnten weniger verkaufen als erwartet.

Obwohl auch im Segment Storage bei den Kunden ein Hang zu Vorsicht spürbar ist, konnten die Händler in Europa "nur" von 31 Prozent stornierter oder verschobener Aufträge berichten. In den USA liegt dieser Bereich mit 34 Prozent leicht darüber. Wurden dann doch Aufträge auf Eis gelegt, waren es in den USA überproportional häufig Support-Dienstleistungen, während in Europa vor allem aufwändige Projekte verschoben wurden.

Preiskampf an allen Fronten

Aber nicht die Kundenzurückhaltung und die stetig fallenden Margen machen den Händlern derzeit das Leben besonders schwer, sondern vielmehr die massiven Preiskämpfe an den unterschiedlichsten Fronten. In den USA klagen mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent) über aggressive Spotpreis-Deals, ein gutes Drittel (37 Prozent) sieht für sich einen Wettbewerbsnachteil in den direkten Angeboten der Hersteller, deren Preis deutlich unter dem des Channel-Partners liegt.

Die europäischen Händler beklagen neben der aggressiven Preisgestaltung der Hersteller vor allem die ruinösen Wettbewerbsgebaren von Systemhäusern, die die Produkte unter Preis verkaufen, um sich so den umsatzträchtigen Service-Vertrag zu erkaufen. Hier scheinen Dumpingpreise des internationalen Spotmarktes seltener zum Problem zu werden.

Für das erste Halbjahr wagen die Channel-Partner eher vorsichtige Prognosen, jedoch für das gesamte Jahr 2002 erwartet man einen positiven Schub. Gaben die Geschäftskunden in den vergangenen Jahren drei Mal mehr für Server als für Storage-Lösungen aus, so wird sich das Verhältnis nach Ansicht der Befragten und der Marktforscher von Morgan Stanley und Global Touch innerhalb der nächsten drei Jahre umkehren.

Düstere Zeiten für Sun und Snap

Doch nicht für alle Storage-Hersteller brechen damit automatisch goldene Zeiten an. Schon im ersten Quartal zeigten sich deutliche Unterschiede beim Marktwachstum der einzelnen Anbieter. Während Compaq, IBM, und vor allem Maxtor deutliche Umsatzzuwächse verbuchen konnten, mussten EMC, Snap und Sun massiv Federn lassen. Auch im laufenden Quartal sehen die Zahlen sehr unterschiedlich aus (siehe dazu Grafik).

Und wie steht es um den deutschen Markt? Hier zeigen sich starke Tendenzen hin zu kundenorientierten kleineren Lösungen. "SAN ist nicht mehr das Allheilmittel", bestätigt Frank Heine, Vertriebsleiter Deutschland beim Spezial-Disti Magirus, diesen Trend. "Statt teure lokale Speicher weiter auszubauen, nutzen die Kunden lieber flexiblere Lösungen wie etwa NAS. So senkt man auch den Total-Cost-of-Ownership. Aber egal, wie gut oder schlecht es einem Unternehmen geht, es muss allein schon aufgrund der gesetzlichen Anforderungen sichere Backups und Speicherlösungen anschaffen." Laut Carsten Steinle, Produktmanager beim System-Disti ELD läuft das Storage-Geschäft derzeit eher ruhig, ist aber keinesfalls Besorgnis erregend. Bei ELD werden eher Tape-basierte Lösungen mit gutem Preis/Leistungsverhältnis nachgefragt als große und teure. Das kann auch Herbert Wenk von Compaq bestätigen. "Kleine modulare Lösungen tragen derzeit hauptsächlich das Geschäft. Mainframe-basierte Produkte tun sich hingegen deutlich schwerer."

Für alle ist jedoch eines klar: Wer als Händler allein oder in Kooperation dem Kunden ein komplettes, modulares und auf seine Bedürfnisse zurechtgeschnittenes Angebot macht, hat es nicht nötig, mit in den ruinösen Preiskampf einzusteigen. "Hat der Kunde Vertrauen zum Partner der ersten Stunde, der ein vernünftiges Konzept anbietet, dann geht er nicht so ohne weiteres zum billigen Jakob an der nächsten Straßenecke", ist sich Heine sicher.

www.globaltouch.com

ComputerPartner-Meinung:

Neben Sicherheit ist Speicher wohl das zukunftsträchtigste Marktsegment der IT-Branche. Es bedarf jedoch hoher Kompetenz und viel Verständnis für den unsicheren Kunden, um diesen von der Notwendigkeit einer Investition zu überzeugen. Sobald aber das Vertrauen erst einmal geweckt ist, kann sich der solide und einfühlsame Fachhändler eines treuen und langjährigen Kunden erfreuen. (go)

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