NEC-Mitsubishi: die Hintergründe über Holzmanns plötzlichen Abgang

26.09.2002
Völlig unerwartet zeigte NEC-Mitsubishi seinem Deutschlandchef Ernst Holzmann die rote Karte. Holzmann musste gehen, Alfred Hörgstetter übernimmt seinen Job als General Manager Sales Export. Die Geschäftsführung Europa bleibt bei dem Display-Joint-Venture fest in japanischer Hand.

Vergangenen Mittwoch kam es in der Münchner Europa-Zentrale von NEC-Mitsubi-shi-Display (NMD) zum Eklat. Beteiligte Personen: Deutschlandchef Ernst Holzmann und sein japanischer Europa-Geschäftsführer Katsuhiko Koike. Holzmann zog - wohl auch aufgrund der untergeordneten Hierarchiestufe - den Kürzeren. Bereits am Mittwoch räumte er sein Büro und verließ das Unternehmen - endgültig.

Hörgstetter übernimmt Holzmann-Aufgaben

Am darauffolgenden Tag, Donnerstag, hatte der Monitorhersteller einen Großkampftag angesetzt: Presse-Event am Starnberger See. Betreff: neue Produkt-Highlights fürs Jahresendgeschäft (siehe Seite 12). Und hier klärte sich dann die Frage der Holzmann-Nachfolge: "Fred", (Alfred, siehe Visitenkarte), Hörgstetter wird weiter als General Manager Sales Export für die Regionen Osteuropa, Russland, Italien, Spanien und Skandinavien verantwortlich bleiben und übernimmt zusätzlich Holzmanns Aufgabengebiet (DACH-Region, Benelux, Griechenland und Türkei). "Am Sales-Team und der Strategie wird sich vorerst nichts ändern. Absatzkanäle bleiben Fachhandel, Distribution und Retail", erklärte Hörgstetter bei seinem Amtsantritt.

Einen leichten Job tritt der General Manager nicht an. Denn lange hatte sich in den vergangenen zwei Jahren auf dem Deutschland-Chefsessel kein Geschäftsführer gehalten: Holzmann trat erst im November 2001 die Nachfolge von Wolf Brückmann an. Auch hier hatte es Zoff gegeben. Brückmann musste gehen, "weil er Kunden und Mitarbeiter massiv mit seiner Art verärgerte", wie unternehmensnahe Kreise später berichteten. Jetzt steht dem Display-Joint-Venture - nach nicht einmal einem Jahr - ein erneuter Führungswechsel ins Haus.

Auch Holzmanns Abgang ging nicht ohne Konflikte über die Bühne. Zwar hieß es in der offiziellen Mitteilung von NEC-Mitsubishi, man habe sich "im gegenseitigen Einvernehmen getrennt", aber wie meistens verbergen sich hinter dieser Floskel ganz andere Gründe. Nach ComputerPartner-Informationen habe es seit dem Start des neuen Europachefs Katsuhiko Koike, der im Mai 2002 Toshiaki Yamafutji ablöste, "unterschiedliche Auffassungen über die strategische Ausrichtung gegeben". Außerdem soll es zwischen Holzmann und Koike zu Auseinandersetzungen über "die Erfüllung des Forecasts" gekommen sein.

Ein weiterer Grund, der für Minuspunkte auf dem Holzmann-Konto sorgte: Der neue NEC-Mitsubishi-Katalog mit dem Titel "Quality Society - Willkommen im Club". Die einen lästerten: "Titten statt Support"; offiziell hieß es: Das freizügige Foto der abgebildeten Dame sei beim eher konservativen japanischen Management nicht gerade gut angekommen. "Holzmann hätte das Geld besser in aggressive Preispunkte für die LCD-Range investieren sollen und damit einige B-Brands vom Markt drängen müssen. Das hätte mehr Sinn gehabt", meint ein langjähriger Partner.

Auch der neue General Manager für Zentraleuropa Hörgstetter, früher bei Nokia Displays, wird bei seinen Antrittsbesuchen erst mal unbequeme Fragen beantworten müssen: "Hörgstetter kennt das Geschäft und ist ein klassischer Vertriebsmanager. NEC-Mitsubi-shi beliefert traditionell alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Sinnvoll wäre, wenn er endlich die Unsitte des Direktgeschäfts abschaffen könnte", war gerade aus der Distribution als Tipp für "den Neuen" zu hören.

Und der Ex-Deutschlandchef? Nach dem ersten Schock sieht Holzmann "gelassen in die Zukunft", wie er gegenüber ComputerPartner sagte und betonte: Er sei nicht im Bösen gegangen und halte NEC-Mitsubishi immer noch für ein Unternehmen mit "sehr guten Produkten und einem exzellenten Image".

www.de.nmvs.com

ComputerPartner-Meinung:

Von den Partnern wird der Vertriebsniederlassung von NMD bescheinigt, sie hätte gerade in der letzten Zeit "einen ordentlichen Job gemacht": die richtigen Produkte, gute Preispunkte bei stabiler Verfügbarkeit. Hörgstetter wird von den langjährigen Kunden einiges zugetraut. Neben einem guten Verhältnis zu seinem japanischen Europachef muss der General Manager auch das Direktgeschäft mit den Großkunden unter Kontrolle bekommen, das noch aus NEC-Tagen stammt und bis heute still und heimlich weiterbetrieben wird. (ch)

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