Netzbetreiber haftet für 0190-Anbieter

20.03.2003

Die Telekom und andere Netzbetreiber haften für unlautere Machenschaften von 0190-Anbietern. Diese Auffassung vertritt das Berliner Kammergericht (Az. 26 U 205/01). In dem Berliner Fall klagte die Telekom-Konkurrentin Berli-Komm 0190-Gebühren in Höhe von rund 8.000 Euro gegen eine Mutter ein, deren Sohn beim Surfen im Internet Dialer-Software heruntergeladen hatte. Die Dialer-Software war so eingerichtet, dass sie eine 0190-Nummer als Standardverbindung in das Internet installierte. Wochenlang wählte sich der Sohn, ohne dies zu bemerken, in das Internet zu einem Minutenpreis von 1,86 Euro ein.

In einem Aufsehen erregenden Urteil hatte das Berliner Landgericht die Mutter in erster Instanz zur Zahlung verurteilt. Begründung: Berli-Komm könne für die Machenschaften unlauterer 0190-Anbieter nicht verantwortlich gemacht werden (LG Berlin vom 11.07.2001, Az. 18 O 63/01).

Anders jetzt das Kammergericht, das das erstinstanzliche Urteil aufhob mit dem bemerkenswerten Argument, dass jeder 0190-Anbieter ein "Verhandlungsgehilfe" der Telekom und ihrer Konkurrenten sei und Berli-Komm daher für unlautere Machenschaften derartiger Anbieter hafte. Das Urteil des Kammergerichts kann für die betroffene Mutter zu einem teuren Bumerang werden, da das Gericht die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen hat. Der BGH hat sich in mehreren Entscheidungen bereits festgelegt und eine Verantwortlichkeit der Netzbetreiber für die Inhalte von 0190-Angeboten abgelehnt.

Die Entscheidung des Kammergerichts reiht sich ein in eine ganze Serie von höchst widersprüchlichen Urteilen verschiedener Gerichte zum Dialer-Missbrauch und anderen 0190-Fällen. Um Rechtssicherheit zu schaffen und teure Prozesse mit ungewissem Ausgang zu vermeiden, wird der Gesetzgeber handeln müssen. Ein Entwurf für ein Gesetz gegen den Missbrauch von Mehrwertdiensten hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) vor geraumer Zeit vorgelegt. Es ist zu hoffen, dass die Bemühungen um ein wirksames Schutzgesetz jetzt zügig voranschreiten. Dazu meint der auf Internetrecht spezialisierte Berlinier Rechtsanwalt Niko Harting: "Es handelt sich um den typischen Fall eines gut gemeinten Fehlurteils. Vor dem BGH wird dieses Urteil keinen Bestand haben. Helfen kann nur der Gesetzgeber." (rk)

www.haerting.de

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