Neue Absatzmärkte

11.06.2004
Festplatten erobern neue Segmente. Nicht nur in den Consumer-Geräten, auch in PDAs und sogar Telefonen sollen die rotierenden Speicherriesen in Zukunft zu finden sein. Von ComputerPartner-Redakteur Hans-Jürgen Humbert

Wurden früher Festplatten nur in wenige Consumer-Produkte integriert, sieht es heute ganz anders aus. Von der Settop-Box bis hin zum Fernseher, überall hält die Festplatte Einzug. "Langsam erreichen wir Absatzzahlen im UE-Markt, die wir wirklich spüren", sagt Hans-Dieter Blaser, Deutschland-Chef von Seagate. Die Analysten von Seagate rechnen damit, dass der UE-Markt bis zum Jahr 2006 rund ein Viertel der weltweit gefertigten Festplatten abnehmen wird.

Aber nicht nur die Unterhaltungsbranche will stärker auf die Festplatte setzen. "Auch in Telefonen und PDAs werden in Zukunft unsere Platten arbeiten", freut sich Blaser. Der Grund ist ganz einfach: Selbst Telefone verlangen, zum Beispiel wegen der integrierten Kamera, nach immer mehr Speicherplatz. Der Flash-Speicher ist zwar unempfindlich gegenüber Erschütterungen, kostet aber wesentlich mehr. Nur die Festplatte kann zurzeit mit ihrem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis einen Ausweg bieten. Dann sind auch 100 verschiedene Klingeltöne kein Problem mehr.

Kapazitätsverschiebung

Hielten sich im ersten Quartal 2004 die Verkaufszahlen von 40- und 80-GB-Platten mit 37 und 35 Prozent noch in etwa die Waage, hat die 40-GB-Platte im zweiten Quartal deutlich verloren. Mit nur knapp 30 Prozent wurde sie von der 80-GB-Harddisk, die auf 39 Prozent hochschnellte, deutlich des ersten Platzes verwiesen. "Im Prinzip lässt sich eine 80-GB-Platte auch deutlich preisgünstiger fertigen", gibt Blaser zu. Das Einzige, was geändert werden muss, ist ein zusätzlicher Schreib-/Lesekopf und der belastet das Budget nicht so stark.

Kleinere Platten mit 10 oder 20 GB werden nur noch für Gaming-Konsolen gefertigt. "Mehr als fünf bis zehn Prozent des Gesamtmarktes machen sie nicht aus", erklärt Blaser. Auch hochkapazitive Platten mit 160 GB und mehr werden höchstens von 15 bis 20 Prozent des Marktes gefordert.

Der Trend wird in Zukunft zu kleineren Formfaktoren gehen, ist sich Blaser sicher. Während der Desktop mehr oder weniger stagniert, erreichen die Abverkäufe von Notebooks Steigerungen von bis zu 40 Prozent.

Schnittstellen

"Im professionellen Umfeld geht kein Weg an SCSI vorbei", glaubt Blaser und ergänzt: "Größere Applikationen brauchen einfach SCSI."

Seagate ist bei SCSI-Platten mit rund 50 Prozent Marktanteil weltweit Marktführer. "Wir verkaufen rund vier Millionen Stück pro Quartal", erzählt Blaser stolz. SCSI-Platten sind zwar um ein Vielfaches teurer als herkömmliche ATA-Platten, bieten dafür aber auch höchste Sicherheit. Nur diese Platten sind ausgelegt für einen Rund-um-die-Uhr-Betrieb. Hochwertigere Materialien und Komponenten bedingen den höheren Preis, erklärt er weiter. Dafür gibt Seagate auch auf diese Platten fünf Jahre Garantie. Bei den ATA-Platten hat Seagate inzwischen die Strategie gewechselt und die Garantiezeit in Europa für alle so genannten Consumer-Produkte auf die gesetzlich vorgeschriebenen zwei Jahre erhöht.

Dass Serial-ATA-Harddisks im professionellen Umfeld SCSI ablösen werden, glaubt Blaser nicht. "SATA-Platten werden über kurz oder lang die Parallel-ATA ablösen; sie werden aber nicht in wirklich kritischen Applikationen SCSI den Platz streitig machen", fügt er hinzu. "Der Markt für Fibre-Channel-Produkte ist zwar klein, bleibt aber stabil", gibt Blaser zu. Er glaubt nicht, dass dieses Segment in der nächsten Zeit stark wachsen wird. Die einzige Alternative zu SCSI werden in Zukunft Serial-SCSI-Platten werden.

Meinung des Redakteurs

Durch die Erschließung von neuen Märkten will Seagate den Absatz von Festplatten wieder steigern. Nachdem der Desktop-Einsatz stagniert, will sich das Unternehmen verschlanken (siehe Kasten). Springt jedoch der Motor UE richtig an, kann auch die Festplattenbranche bald wieder aufatmen.

Entlassungen

Seagate will die operativen Kosten um 150 Millionen Dollar senken und das Unternehmen schlanker gestalten. Den stagnierenden Absatz an Desktop-Festplatten nennt Seagate als Grund für die Entlassungswelle. Betroffen sind sieben Prozent oder rund 2.900 Mitarbeiter von den weltweit tätigen 41.900 Firmenangehörigen. Die meisten Kündigungen sollen zum Ende des Kalenderjahres stattfinden. Alle betroffenen Mitarbeiter sollen eine Abfindung erhalten, und der Stellenabbau soll so sozialverträglich wie irgend möglich gestaltet werden, sagt Ian D. OLeary, Senior Communication Manager EMEA bei Seagate. Der Hersteller will mit dieser Aktion sein Kerngeschäft stärken und für lange Zeit wettbewerbstauglich gestalten. Außerdem will das Unternehmen mit neuen Produkten seine Marktposition weiter ausbauen. JH

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