Neuer Anlauf bei Online-Werbung

08.12.1999

NEW YORK: Die Nöte der Anbieter von tagesaktuellen Webseiten sind bekannt: Banner und Clicks stellen die Geldeinheiten dar, mit denen sie ihre Seiten finanzieren. Das ist selten rentabel, weshalb weitere Einnahmenquellen gesucht werden. "Wie wäre es zum Beispiel mit kompletten Werbespots in regelmäßigen Abständen abgespielt auf Eingangs- und Inhaltsseiten?", fragt US-Web-Vermarkter KMGI die Content-Anbieter.Bereits 1996 wartete die amerikanische Firma Webzine Word mit der Idee auf, Internetseiten mit Spot-Werbung zu finanzieren. Der Versuch scheiterte bekanntlich infolge mangelnder Übetragungsgeschwindig-keiten kläglich, und die Firma verschwand wieder. Doch an der Realisation von Spots im Internet wurde weiterhin gebastelt, wie jetzt die New Yorker Webagentur KMGI (www.kmgi.com) zeigt. Geht es nach ihrem Willen, soll ein zweiter, erfolgreicherer Versuch Anbieter von Internetseiten (sogenannte "Internet Content Provider", kurz ICP) begeistern.

Die Agentur will nämlich statt der zu Recht als wenig effektiv bewerteten, weil meist kaum beachteten Bannerwerbung kürzere und längere Werbespots auf Internetseiten abspielen. Die Spots bieten in Echtzeit TV-Qualität mittels Shockewave-Plug-in von Softwerker Macromedia, weshalb KMGI-Chef Alexandre Konanykhine über sie behauptet, sie würden für ein "emotionalen Verhältnis bei dem Betrachter zu dem Werbetreibenden" sorgen. Er glaubt auch, besagtes Verhältnis werde den Werbetreibenden die gewünschte Klientel zuführen. "Webmercials" hat die Agentur die Spots bereits benannt und Kunden wie zum Beispiel den amerikanischen Telefonanbieter Net-2-Phone, die New Yorker Post oder den Tabakkonzern Brown & Williamson vom Einsatz der Web-Spots auf deren Web-Seiten überzeugen können.

Wieviele weitere Kunden sie für ihre Idee begeistern kann, bleibt dahingestellt. Denn wer im ohnehin meist lahmen Web auch noch durch bildschirmfüllende, zwischen fünf und 30 Sekunden lange Webmercials hingehalten wird, dürfte auf der angeklickten Seite kaum verweilen beziehungsweise sie ein zweites Mal besuchen wollen. Im übrigen werten laut einschlägigen Studien Websurfer Unterbrechungen durch Werbung auf ihrem Bildschirm meist als das, was sie auch sind: wenig begründete, aggressive Unterbrechungen.

Wie finananziert man Online-Seiten?

Umgekehrt sind sich Werbetreibende darin einig, daß auf aktuellen, meist mit tagesaktuellen Nachrichten gespickten Internetseiten mit ihren langweiligen, maximal 60 x 60 Pixel großen Bannern wenig auszurichten ist. Denn diese Rechtecke, so bunt auch immer sie sich präsentieren, werden fast immer übersehen oder einfach ignoriert. Ferner veranlassen sie laut Untersuchungen kaum jemanden, auf die Seite der werbenden Firma zu gehen. Die "Responserate" bei Bannern liegt derzeit bei 0,2 Prozent.

Das Dilemma von Online-Werbung

Ein Ausweg aus dem Dilemma, in dem Content-Anbieter stecken, scheint also im Moment noch nicht in Sicht. Denn einerseits sind sie gezwungen, nach Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen, um ihre Inhalte nicht völlig umsonst anzubieten und daran pleite zu gehen. Andrerseits müssen sie auf surferfreundliche Möglichkeiten bauen, damit ihnen die Besucher ihrer Webseiten nicht sofort abspringen. Daß aber längere Spots als besucherfreundlich eingeschätzt werden, auch wenn sie beispielsweise von Internet-Service-Providern mit dem Versprechen angeboten werden, ihr Webzugang würde sich verbilligen - das erscheint heute als wenig wahrscheinlich. Bei KMGI sieht man das anders: "Die Nutzer werden sich an Webbmercials wie an TV-Spots gewöhnen", ist sich Konanykhine sicher. (wl)

Webmercials-Anbieter KMGI demonstriert auf seiner Homepage TV-ähnliche Spots und verspricht: "Wir wissen, wie wir Online-Publikationen profitabel machen."

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