Nichts für flüchtige Abenteuer - die Offene Handelsgesellschaft

18.05.2000
Die Offene Handelsgesellschaft (OHG) ist gleichsam eine spezielle Form der BGB-Gesellschaft (siehe ComputerPartner 16/00, Seite 33). Sie baut auf der gemeinsamen Haftung und Verantwortung auf und erfordert großes gegenseitiges Vertrauen. Die Haftung der Gesellschafter ist in der OHG auf die Spitze getrieben. Deswegen genießt sie in der Öffentlichkeit ein hohes Ansehen.

Auch auf die Rechtsform der OHG werden die Bestimmung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angewendet. Die eigentliche gesetzliche Grundlage stellen aber die Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) dar.

Eine offene Handelsgesellschaft kann zwischen mindestens zwei Gesellschaftern begründet werden. Sie schließen sich zu dem Zweck zusammen, ein vollkaufmännisches Handelsgewerbe in einer gemeinsamen Firma zu betreiben. Genau wie die BGB-Gesellschaft erfordert auch die OHG bei ihrer Gründung kein Mindestkapital. Im Gegenzug verlangt sie dafür aber die uneingeschränkte solidarische Haftung für alle Geschäftsschulden. Alle Gesellschafter haften auch mit dem Privatvermögen. Deshalb genießt diese Rechtsform bei Banken und Sparkassen, Lieferanten und Geschäftsfreunden in der Regel ein hohes Ansehen. Das gute Image wirkt sich besonders auf die Kreditwürdigkeit der Firma aus.

Haftung

Die Haftung bei der OHG geht so weit, dass ein neu eintretender Gesellschafter auch für die Schulden mithaftet, die vor seinem Auftritt begründet worden sind. Es besteht generell auch eine Haftung für Verpflichtungen, die von anderen Gesellschaftern eingegangen worden sind. Wie extrem es mit der Haftung in der OHG zugeht, zeigt auch dies: Wenn ein Gesellschafter ausscheidet, haftet er von dem Zeitpunkt an, zu dem sein Name im Handelsregister gelöscht wird, noch fünf Jahre lang voll weiter.

In den Firmennamen der OHG ist mindestens der Name eines Gesellschafters mit einem Zusatz, der auf das Vorhandensein einer Gesellschaft schließen lässt, aufzunehmen. Im Firmennamen können aber auch alle Gesellschafter aufgeführt werden. Die Eintragung in das Handelsregister ist für die Offene Handelsgesellschaft zwingend vorgeschrieben. Im Unterschied zu Einzelfirma und BGBGesellschaft sind bei dieser Rechtsform auch ordentliche Handelsbücher Pflicht. Zudem muss Prokura vergeben werden.

Der Gesellschaftsvertrag

Die gesetzlichen Bestimmungen sind aber nur der grobe Rahmen für die OHG. Die Beziehungen der Gesellschafter untereinander, ihre sachlichen und fachlichen Befugnisse müssen in einem besonderen Gesellschaftervertrag geregelt werden. Mit diesem Vertrag können die Partner die innere Organisation der Firma weitgehend nach ihren Wünschen und Bedürfnissen gestalten. Das gilt insbesondere für die Themen Geschäftsführung, Vertretung und Kontrolle der Geschäftsführung sowie die Aufnahme neuer und das Ausscheiden alter Gesellschafter. Auch ein Wechsel der Rechtsform kann in dem Vertrag festgeschrieben werden. Falls eines Tages nur noch ein Gesellschafter existiert, wird die OHG eben wieder als Einzelunternehmen geführt.

Für den Gesellschaftsvertrag gibt es keine Formvorschriften. Er sollte aber auf jeden Fall schriftlich abgeschlossen werden. Dabei Steuerberater und Anwalt einzuspannen, kann nichts schaden. Nicht geändert werden kann im Gesellschaftsvertrag die volle Haftung der Gesellschafter und der Umfang der Vertragsvollmacht der OHG. Die ist im Grunde trotz Eintrag im Handelsregister keine selbstständige "juristische Person". Die OHG kann aber im Unterschied zu Einzelfirma und BGB-Gesellschaft im eigenen Namen prozessieren, Verträge abschließen, Rechte erwerben und auch als Eigentümerin etwa des Betriebsgrundstückes in das Grundbuch eingetragen werden. Sie nähert sich also in ihrem Wesen durchaus der juristischen Person. Steuerlich wirksame Verträge zwischen den Gesellschaftern und dem Betrieb sind nicht möglich.

Nach dem Gesetz sind alle Gesellschafter der OHG Geschäftsführer und zugleich vertretungsberechtigt. Dieser Status kann zwar im Gesellschaftsvertrag geändert werden, die Änderungen sind aber dem Handelsregister zu melden. So lässt sich etwa vertraglich festlegen, dass ein einzelner Gesellschafter von der Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen ist oder in der Öffentlichkeit nur zusammen mit einem Prokuristen auftreten darf. Es kann auch bestimmt werden, dass alle Gesellschafter nur gemeinsam vertretungsberechtigt sind.

Für "außergewöhnliche Geschäfte", wie zum Beispiel den Erwerb des Firmengrundstücks, ist ohnehin die gemeinsame Zustimmung aller Partner erforderlich. Ansons-ten werden in dem Gesellschaftsvertrag vor allem die von den Gesellschaftern zu erbringenden Einlagen und Leistungen sowie die Verteilung der Gewinne und Ver-luste festgeschrieben.

Aufgelöst werden kann die Gesellschaft durch gemeinsamen Beschluss oder bei Kündigung sowie Tod eines Gesellschafters. Von Prüfungs- und Publizitätspflichten ist die OHG befreit.

Bei der Gewerbesteuer profitiert die OHG als Personengesellschaft von 48.000 Mark Freibetrag. Wer diesen Betrag überschreitet, wird mit einem gestaffelten Steuersatz belegt. Für die ersten 24.000 Mark über dem Freibetrag gilt eine Steuermesszahl von einem Prozent. Das geht mit jeweils einem Prozentpunkt und 24.000 Mark weiter, bis ein Gewerbeertrag von 96.000 Mark erreicht ist. Der wird dann ebenso wie alle darüber hinausgehenden Erträge mit einer Steuermesszahl von fünf Prozent belegt. Dazu kommen dann noch als schwere Last für die Steuerpflicht der Gesellschaften die Hebesätze der Gemeinden bei der Gewerbesteuer. Diese differieren in den größeren Städten zwischen 300 Prozent in Neubrandenburg und 500 Prozent in Frankfurt am Main.

Für Eheleute sind die OHG und auch andere Personengesellschaften nicht gerade die erste Wahl. Sie brauchen die steuerlichen Auswirkungen der Gewinnausschüttungen auf die Dämpfung der Progression bei der Einkommensteuer nicht, weil sie ohnehin gemeinsam veranlagt werden. Zudem ist in der OHG eben auch nicht der steuermindernde Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen den Ehegatten möglich.

Weil bei der Offenen Handelsgesellschaft jeder Gesellschafter mit seinem vollen Vermögen unbeschränkt haftet, ist diese Rechtsform nichts für kurzfristige geschäftliche Abenteuer. Auch Unternehmen, in deren Geschäftstätigkeit nicht nur die Chance einer ständigen Aufwärtsentwicklung, sondern auch erhebliche Risiken, sollten besser eine andere Rechtsform wählen. (pw)

Vorteile der OHG

-hohe Kreditwürdigkeit bei Banken und Sparkassen

-gutes Image bei Geschäftsfreunden und Lieferanten

-flexible Gestaltung des Gesellschaftsvertrages möglich

-gute Eignung für fachlich sich ergänzende Geschäftspartner

Nachteile der OHG

-unbegrenzte und gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter mit betrieblichem und privatem Vermögen

-hohes Vertrauen der Gesellschafter zueinander nötig

-Die Gesellschaft ist nur fast, aber nicht ganz eine juristische Person.

-Für Eheleute ist die OHG steuerlich wenig geeignet.

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